Synergien mit Rx nutzen |
30.04.2012 18:44 Uhr |
Die Erträge bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln sind für Apotheker seit Jahren unbefriedigend. Kann das Geschäft mit OTC-Arzneimitteln die Versorgung mit verschreibungspflichtigen Medikamenten subventionieren? Nein, bei den meisten Apotheken nicht, sagt Professor Dr. Andreas Kaapke von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
Das Geschäftsmodell der Apotheke seien Rx-Arzneimittel plus andere Waren und Dienstleistungen. Dies verdeutliche bereits ein Blick auf die Anteile am Gesamtumsatz. Während verschreibungspflichtige Arzneimittel zwischen 70 und 80 Prozent des Apothekenumsatzes ausmachen, liegt der Anteil von OTC-Arzneimitteln bei den meisten Apotheken knapp über 10 Prozent. Laut Kaapke lässt dies vermuten, dass viele Kunden mit einem Rezept in die Apotheke kommen und dann noch OTC-Arzneimittel kaufen.
Professor Dr. Andreas Kaapke von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg sieht für Apotheken mit klarem Profil Chancen in der Zukunft.
Zudem sei die Entwicklung bei Selbstmedikationsarzneimitteln nicht gerade hoffnungsvoll. Mit einem Gesamtumsatz von gut 4 Milliarden Euro sei das OTC-Marktvolumen in öffentlichen Apotheken im Jahr 2010 auf einem Tiefpunkt angekommen. 2011 sah es allerdings wieder ein bisschen besser aus.
Dennoch seien OTC-Arzneimittel für Apotheker über die reine Abgabe hinaus ein wichtiges Instrument. Sie können zum Profil einer Apotheke beitragen. Eine große Auswahl rezeptfreier Medikamente und dazu eine gute Beratung, ergänzt durch einen Bringdienst und kluge Preisgestaltung, könnten das Alleinstellungsmerkmal einer Apotheke sein.
Zur Profilierung des eigenen Betriebs gehöre auch die Nähe zu den Kunden, räumlich wie intellektuell und ökonomisch.
Gut für das Profil der Apotheke ist laut Kaapke alles, was die Convenience für die Kunden erhöht, dazu gehört ein barrierefreier Zugang, attraktive Öffnungszeiten, Parkplätze vor der Eingangstür, aber auch Sessel, eine Kundentoilette und Abstellmöglichkeiten für Taschen tragen deutlich dazu bei, dass sich die Kunden in der Apotheke wohlfühlten.
Schließlich trügen zum Profil auch Sauberkeit und ein ansprechendes Ambiente sowie eine Website oder eine Facebook-Fansite bei.
Dann würden OTC-Arzneimittel optimal genutzt, sagte Kaapke. Nicht, um das verschreibungspflichtige Sortiment zu subventionieren, sondern um Synergien zu schaffen. Kaapke: »Das Ziel muss es sein, aus zwei plus zwei fünf zu machen.«
Für Apotheken mit klarem Profil sieht Kaapke Chancen in der Zukunft. Zwei Megatrends, nämlich konsumaffine Senioren und das Streben nach gesundem Leben böten eine gute Perspektive. Und auch die soziale Funktion der Apotheken werde immer wichtiger. In vielen deutschen Großstädten gebe es bereits mehr als 50 Prozent Singlehaushalte. Diese Menschen seien auf Ansprache und Hilfe, wie sie die Apotheken oft böten, angewiesen.
Klar ist für Kaapke, dass es bei der Arzneimittelversorgung keine strukturellen Änderungen geben kann. Der Staat habe sich ausdrücklich für eine strikte Regulierung entschieden. Er folge dabei der Erkenntnis, dass die Konsumentensouveränität bei der Arzneimittelversorgung eingeschränkt sei. Deshalb brauche der Patient eine fachkundige Beratung, und für diese sei ein Pharmaziestudium zwingend vorgesehen. Weil der Markt dies nicht regeln könne, habe es der Staat übernommen. Daran solle sich nichts ändern.
Der Ökonom kann auch nicht nachvollziehen, warum Krankenkassen und Politik häufig die Zahl der Apotheken thematisierten. Arzneimittel müssten überall erhältlich sein, dafür brauche es ein dichtes Apothekennetz, ergänzt über eine mehrstufige Versorgungsstruktur. Gäbe es deutlich weniger Apotheken, dann wäre dies für die Arzneimittelversorgung sicher kein Gewinn.