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Gesundheitswesen

Wettbewerb in Grenzen

04.05.2010  17:07 Uhr

Von Martina Janning, Berlin / Konkurrenz kann die Effizienz im deutschen Gesundheitssystem steigern – wenn der Wettbewerb begrenzt bleibt. Denn falls Selektivverträge erfolgreich sind, müssten sie zur Regelversorgung werden, stimmten Kassen- und Ärztevertreter in Berlin überein. So sollen Qualität und Wirtschaftlichkeit wachsen.

Eigentlich war ein Streitgespräch geplant, es ging dann aber recht harmonisch zu, als der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, und die Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Birgit Fischer, bei der Veranstaltung »KBV kontrovers« aufeinandertrafen. Die beiden diskutierten über Wettbewerb im Gesundheitswesen.

Wettbewerb sei kein Allheilmittel, aber ohne gehe es auch nicht, sagte Fischer. Sie definierte Wettbewerb als »Suche nach den besten Lösungen« mit dem Ziel, die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung in Deutschland zu steigern. Die Kassen-Chefin betonte, der Kollektivvertrag mit den Kassenärzt­lichen Vereinigungen sei notwendig und wichtig. Selektivverträge seien ein ergänzendes Element. Sie könnten helfen, die festgefahrenen Strukturen im Gesundheitssystem zu überwinden und Ressourcen zu erschließen. »Selektives Vertragshandeln kann effiziente Versorgungsmodelle entwickeln«, sagte Fischer. Dabei gehe es auch um die Schnittstellen zwischen verschiedenen Kostenträgern.

 

Als »Sackgasse« kritisierte Fischer das Zwangsmonopol des Hausärzteverbandes bei Vertragsabschlüssen über die hausärztliche Versorgung. »Bei den jetzigen Verträgen muss man fragen, ob sie im Interesse der Patienten sind und dem Überwinden der Schnittestellen dienen«, sagte die Barmer-GEK-Chefin. Aus ihrer Sicht entstehen eher neue Schnittstellen zwischen Haus- und Fachärzten.

 

Fischer schloss aus, dass die Barmer GEK in diesem Jahr einen Hausarztvertrag schließen wird, obwohl sie dazu seit Mitte 2009 gesetzlich verpflichtet ist. Sie kündigte an, notfalls klagen zu wollen. »Wir wollen trilaterale Verträge mit dem Kollektivvertrag als Grundlage und Ad-on-Verträge für besondere Leistungen, die speziell vergütet werden«, sagte sie. Fischer erinnerte daran, dass die Hausarztverträge wegen des Beharrens auf den Kollektivvertrag installiert wurden und die Vertragswerkstatt der KBV, die nun auch Selektivverträge offeriert, relativ neu sei. Sie wunderte sich aber: »Erstaunlich, wie vehement die Politik an dem verpflichtenden Hausarztvertrag festhält.« Der Patient müsse im Fokus stehen und die Qualität der Versorgung in den Mittelpunkt rücken, betonte Fischer. Dabei solle »das Geld der Leistung folgen«. Um das zu finanzieren, gelte es Ressourcen im System zu erschließen. Denn zusätzliche Investitionen führten zu Zusatzbeiträgen für die Versicherten Das sei nicht zumutbar, sagte Fischer. »Über 60 Prozent der Versicherten der Barmer GEK verdienen weniger als 2000 Euro im Monat. Sie können Zusatzbeiträge nicht finanzieren.« Ob die Barmer GEK 2010 Zusatzbeiträge erheben wird, ließ Fischer offen: »Keiner kann seriös beantworten, wie das Jahr sich entwickelt.« Ein höherer prozentual berechneter Beitragssatz sei aber allemal sozialer als ein pauschaler Zusatzbetrag. Fischer beklagte, dass der »Nebel über den eigenen Finanzen« noch nie so dicht war wie seit dem Einführen des Gesundheitsfonds. Fischer plädierte für gemeinsame Lösungen von Kassen und KBV.

 

Wettbewerb als Suchmodell

 

Auch KBV-Chef Köhler hält Wettbewerb als Suchmodell für sinnvoll. Der Kollektivvertrag dürfe dabei nicht von Selektivverträgen aushöhlt werden. »Selektive Vollversorgungssysteme und Kollektivvertrag sind nicht kompatibel«, unterstrich Köhler. Er kritisierte, die KVen verkämen zunehmend zur »bad bank« der Selektivverträge, etwa beim Notfalldienst. Köhler: »Alles was teuer und schwierig zu organisieren ist, bleibt im Kollektivsystem.«

Selektivverträge haben laut KBV-Chef den Nachteil, Qualitätskon­trollen zu erschweren. Die Daten, um Güte zu messen, kämen aus dem KV-System. Es gebe auch offene Fragen: »Der Hausarztver­trag regelt nicht, was passiert, wenn ein Versicherter aus Baden-Württemberg in Hamburg zum Arzt geht.« Zudem schafften Selektiv­verträge eine Abhängigkeit von großen Krankenkassen, sagte Köhler. Die Dominanz der AOK in bestimmten Regionen mache es Ärzten unmöglich, sich einem Kollektivvertrag dieser Kassen zu verweigern. Das stelle die Freiberuflichkeit von Ärzten zur Disposition. Auch die Erpressbarkeit steige, wenn durch falsches Kodieren mehr Geld aus dem Finanzausgleich der Kassen, dem morbiditäts­orientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA), he­rausgeholt wird. Schließlich beförderten Selektivverträge die Bürokratie in den Arztpraxen statt sie abzubauen. /

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