Zwischen Rosmarin und Thymian |
23.04.2014 10:37 Uhr |
Von Daniela Biermann, Sa Pobla / Wer träumt nicht von einer eigenen Finca auf Mallorca? Bionorica-Chef Professor Michael Popp lud die 120 Teilnehmer des PZ-Management-Kongresses auf seine Experimental-Finca im Norden der Insel ein. Statt eines Pools gibt es hier eine Wetterstation, Gewächshäuser sowie Orangen- und Olivenhaine. Am häufigsten sind jedoch nicht Urlauber oder Apotheker Gäste, sondern örtliche Schulklassen.
Die Orangenbäume stehen in voller Blüte und verströmen einen betörenden Duft. Gleichzeitig sind sie schwer beladen mit saftigen, süßen Früchten. In Dreiergruppen stehen die Zitrusbäume auf der experimental-landwirtschaftlichen Finca Sa Canova im Norden der Insel. Zahlreiche Sorten von Orangen, Zitronen, Mandarinen und vieler weiterer Nutzpflanzen wurden hier über Jahrzehnte kultiviert, um die besten für den Anbau auf der Baleareninsel zu ermitteln und die Artenvielfalt zu erhalten. Auch 17 Varietäten Wein, 33 Unterarten des Johannisbrotbaums, 67 Mandelsorten und zahlreiche Olivenbäume wachsen auf dem 14 Hektar großen Gelände.
Ideales Klima für Kräuter
Im vergangenen Jahr ist ein neuer Schwerpunkt hinzugekommen: Arzneipflanzen für die Phytopharmaka von Bionorica. Allein 23 Sorten Rosmarin und eine vergleichbare Vielfalt an Thymian mit völlig unterschiedlichem Gehalt und unterschiedlicher Zusammensetzung von ätherischem Öl stehen hier eng beieinander. »Hier herrscht durch die Insellage ein ideales Klima für die Kräuter«, erklärte Kathrin Auburger, die bei Bionorica für den Einkauf pflanzlicher Rohstoffe zuständig ist. »Der rote Lehmboden hält das Wasser, die Umweltbelastung durch die Industrie ist gering und da es ihr natürlicher Lebensraum ist, sind die Pflanzen hier weniger anfällig für Schädlinge.«
Im Gewächshaus warten gerade 100.000 Thymian-Setzlinge darauf, auf anderen Anbauflächen von Bionorica auf Mallorca angepflanzt zu werden. »Der Rohstoff muss stimmen, um einen qualitativ hochwertigen Extrakt mit hoher Chargenkonformität zu erhalten«, erklärte Bionorica-Chef Popp. »Daher betreiben wir einen eigenen Anbau mit eigenem geklonten Saatgut.« Das kostet Popp zufolge für Thymian viermal so viel wie beim regulären Einkauf. Selbstangebauter Mönchspfeffer, sogenannter Vitex agnuscastus, für gynäkologische Phytopharmaka kostet sogar siebenmal so viel. Doch nur über diesen Anbau kann das Unternehmen sichergehen, einen einheitlichen Extrakt für seine Präparate zu gewinnen.
Bionorica ist erfinderisch: Die Firma prüft derzeit, ob sich maschinelle Erntemethoden aus dem Olivenanbau auch für Mönchspfeffer eignen, um so die Kosten zu reduzieren. »Wir haben außerdem eine neue Technologie für die Gewinnung eines Trockenextrakts mit einem sehr hohen Gehalt an ätherischem Öl und Flavonoiden patentieren lassen«, sagte Popp. Auch eigene Analysemethoden stehen zur Verfügung, um die beständige Qualität der pflanzlichen Arzneimittel zu gewährleisten.
Weitere Experimente
Die landwirtschaftlichen Experimente auf der Finca will Popp fortführen. Gerade modernisiert er das Anwesen und lädt demnächst wieder regelmäßig Schulklassen ein. Denn auch im immer noch landwirtschaftlich geprägten Mallorca wissen Kinder oft nicht mehr, woher ihr Gemüse auf dem Teller kommt. Bestimmt schmeckt es besser mit etwas selbst gepflücktem Rosmarin oder Thymian. /