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Positive Bilanz nach einem Jahr

25.04.2006  16:13 Uhr

Integrationsvertrag

<typohead type="3">Positive Bilanz nach einem Jahr

von Daniel Rücker, Berlin

 

1,5 Millionen eingeschriebene Patienten, 18.000 teilnehmende Hausapotheker und 38.000 Hausärzte. Die Barmer, der Deutsche Apothekerverband und der Hausärzteverband sind mit der Bilanz des Integrationsvertrages nach einem Jahr mehr als zufrieden. »Der Vertrag ist ein erfolgreiches Zukunftsmodell«, sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf bei einer Pressekonferenz in Berlin.

 

»Wir sind stolz darauf, dass wir es geschafft haben, einen bundesweiten Integrationsvertrag nicht nur auf dem Papier zu produzieren, sondern auch in die Praxis umzusetzen«, sagte Wolf. Je nach Region sind zwischen 60 und 100 Prozent der Apotheken dem Barmer-Vertrag beigetreten. Barmer-Vorstand Klaus H. Richter bezeichnete die Vereinbarung als »einzigartig in Deutschland«. Kein anderes Integrationsmodell vereinige 55.000 Leistungserbringer mit 1,5 Millionen Patienten. Besonders erfreut zeigte sich Richter über die positive Resonanz der Versicherten. In einer repräsentativen Umfrage gaben mehr als zwei Drittel der eingeschriebenen Patienten an, sie seien mit der Betreuung durch Apotheker und Ärzte sehr zufrieden.

 

Der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Rainer Kötzle, sieht in dem Vertrag den Beweis dafür, dass die freie Vertragsgestaltung ohne Kassenärztliche Vereinigungen im Wettbewerb erfolgreich bestehen könne. Eine exakte Evaluierung der Ergebnisse und Einsparungen steht allerdings noch aus. Richter zeigte sich zwar mit den ermittelten Trends zufrieden, die Datenlage sei für valide Aussagen jedoch noch zu dünn. In jedem Fall wolle man das Projekt fortsetzen.

 

Dies ist auch im Sinne des Bundesgesundheitsministeriums. Dessen Vertreter, Franz Knieps, sagte, der Integrationsvertrag sei ein gelungener Versuch, die Gesundheitsversorgung sinnvoller zu strukturieren. Mit Freude vernahmen die Beteiligten auch Knieps' Position zum Urteil des Sozialgerichts Gotha. Dieses war zu dem Schluss gekommen, der Barmer-Vertrag sei kein Integrationsvertrag, da die Apotheker nicht als Partner der integrierten Versorgung vorgesehen seien. Knieps Kommentar: »Manchmal würde ein Blick ins Soziagesetzbuch nützen, um zu sehen, wer teilnehmen darf.« Dort sind die Apotheker explizit aufgeführt.

 

Zuvor hatten bereits Wolf und Richter die begrenzten Auswirkungen des Urteils verdeutlicht. Bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundessozialgerichtes laufe der Integrationsvertrag unverändert weiter. Wolf kann sich nicht vorstellen, dass die Kassler Richter der Auffassung des Gothaer Sozialgerichts folgen werden. Richter bekräftigte, der Vertrag sei vor der Unterzeichnung juristisch intensiv geprüft worden. Er vertraue der Bewertung der Barmer-Juristen.

 

Klare Vorteile für die Versicherten

 

Wolf, Richter und Kötzle waren sich einig, dass das Hausarztmodell ihre Erwartungen deutlich übertroffen hat. Das gelte nicht nur für die Zahl der teilnehmenden Patienten, Apotheker und Ärzte, sondern auch für den Grad der Zustimmung, sagte Wolf. Eingeschrieben hätten sich viele Patienten zwar, weil ihnen ein Teil der Praxisgebühr erlassen wird. Mittlerweile hätten aber viele auch die klaren Vorteile der erweiterten Medikationsprüfung erkannt. Ihnen sei klar, dass dies der eigenen Gesundheit zu Gute komme. Nach der Untersuchung der Barmer wollen sich in Zukunft rund die Hälfte der eingeschriebenen Patienten einen Medikationsbericht in ihrer Apotheke ausstellen lassen und damit diesen der Arzt zur Beratung nutzt.

 

Zudem verbessere der Vertrag grundsätzlich die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern, was die Allgemeinmedizinerin Dr. Roswitha Antz und der Apotheker Manfred Krüger bestätigen konnten. Die bessere Zusammenarbeit verbessert auch die Basis für die aktuellen Projekte über eine pharmakoökonomische Beratung der Ärzte zur Vermeidung von Regressen.

 

Aus medizinisch-pharmazeutischer Sicht ist der Integrationsvertrag fraglos ein Erfolg, waren sich die drei Parteien einig. Noch nicht eindeutig ist dagegen, ob sich die Vereinbarung auch ökonomisch für die Barmer lohnt. Viele Patienten hätten sich erst im Laufe des vergangen Jahres oder zu Beginn dieses Jahres eingeschrieben. Kausalzusammenhänge zwischen Einschreibungen und Einsparungen seien deshalb unmöglich seriös herzustellen. Immerhin konnte die Barmer im Jahr 2005 rund 10 Millionen Euro über mit Pharmaherstellern ausgehandelte Rabatte einsparen. In derselben Größenordnung konnte in der stationären Versorgung gespart werden. Nach Richters Angaben will die Barmer in diesem Jahr allein bei Arzneimitteln rund 40 Millionen Euro einsparen. Da die eingeschriebenen Patienten zudem häufiger Präventions- und Vorsorgeangebote wahrnehmen würden, erhofft sich die Barmer eine weitere Kostensenkung.

 

Barmer Vorstandsvorsitzender Eckart Fiedler nutzte die Gelegenheit, um den anwesenden Jorunalisten erneut seine Vorstellungen einer Gesundheitsreform zu vermitteln. Dabei setzt er vor allem auf eine flexiblere Vertragsgestaltung zwischen Kassen und Leistungserbringern sowie einen intensiven Vertragswettbewerb zwischen den Krankenkassen. Die Ergebnisse des Integrationsvertrags belegten, dass solche Verträge, die ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) abgeschlossen wurden, erfolgreich seien.

 

Die Vertragsmacht der Kassenärztlichen Vereinigungen ist Fiedler ein Dorn im Auge. Ihre Monopolstellung verhindere einen funktionierenden Wettbewerb auf Kassenseite und der Seite der Leistungserbringer. Fiedler: »Bestehende Monopolstrukturen müssen konsequent abgebaut werden.« Abgesehen von der hausärztlichen Versorgung hält Fiedler auch den Sicherstellungsauftrag der KVen für überflüssig.

 

Für ein erfolgreiches Agieren im Markt seien zudem Kassenfusionen notwendig. Die kleinen Kassen hätten zu wenig Macht, um gute Konditionen auszuhandeln. Der Barmer-Chef rechnet in den kommenden Jahren mit einer Verringerung der Krankenkassenzahl von heute rund 250 auf unter 100.

 

Die ärztliche Einzelpraxis hält Fiedler für ein Auslaufmodell. Sie sollte von Medizinischen Versorgungszentren, in denen verschiedene Arztgruppen zusammenarbeiten ersetzt werden, so seine Vorstellung. Die daraus resultierende stärkere Vernetzung komme der Effizienz zu Gute.

 

Die Grundlage für eine vernetzte ambulante medizinische Versorgung sei eine neue Gebührenordnung mit Fallpauschalen, analog zum Krankenhaus. In der Übergangszeit müssten Budgets diese begleiten, um eine Mengenausweitung zu verhindern. Außerdem sollte die Integrationsversorgung über eine noch höhere Anschubfinanzierung gefördert werden.

 

Lesen Sie dazu auch: Interview - Es achtet noch ein Zweiter darauf

 

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