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Arthroseforschung

Dem Geheimnis des Knorpels auf der Spur

Datum 19.04.2016  16:00 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / Bildet sich der Gelenkknorpel zurück, ist häufig eine schmerzhafte Arthrose die Folge. Mit diversen Methoden gelingt es heute in gewissen Fällen, den Knorpel zu ersetzen. Besser wäre es jedoch, den Abbau von vorneherein zu verhindern. Das strebt nun eine Berliner Forschungsgruppe an.

Arthrose ist weltweit die häufigste chronisch-degenerative Gelenkerkrankung, von der allein in Deutschland rund fünf Millionen Menschen betroffen sind. Doch obwohl so viele Menschen unter der schmerzhaften Knorpel­rückbildung leiden, weiß man über ihre Auslöser nur wenig. 

 

Das wollen Wissenschaftler des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums (DRFZ) nun ändern: In einem zusammen mit der Berliner Charité neu eingerichteten Forschungsschwerpunkt untersucht eine Arbeitsgruppe um Professor Dr. Max Löhning die molekulare Steuerung der knorpelbildenden Zellen (Chondrozyten).

 

Der Immunologe, der bislang zur Programmierung von T-Zellen geforscht hat, glaubt, dass grundlegende Abläufe der Zelldifferenzierung bei Chondrozyten ähnlich ablaufen. Diese Prozesse will Löhning mit seinem Team zunächst verstehen – und dann beeinflussen. »Unser Fernziel ist die biologische Regeneration«, sagte er bei einer Pressekonferenz zur Eröffnung des Schwerpunktlabors in Berlin. Das könne beispielsweise möglich sein, indem man schwachen Knorpel produzierende Chondrozyten genetisch so umprogrammiert, dass sie wieder tragenden Knorpel freisetzen.

 

Einzelgänger Chondrozyt

 

Ein Problem der Forschung mit Chon­drozyten ist, dass diese im Gelenk isoliert voneinander, eingebettet in eine Höhle aus der von ihnen produzierten Knorpelsubstanz, vorliegen. Die einzelnen Zellen unter größtmöglicher Konservierung dieses Zustands zu gewinnen, ist sehr schwierig. »Am DRFZ sind wir darin weltweit führend«, sagte Professor Dr. Andreas Radbruch, wissenschaftlicher Direktor des DRFZ. Die Mitarbeiter des neuen Arthrose-Forschungsbereichs wollen diese Expertise nutzen, um Chondrozyten von jungen und alten Menschen, an Arthrose Erkrankten und Gesunden zu gewinnen und miteinander zu vergleichen.

 

»Wir nehmen an, dass es in Chon­drozyten stressbedingte Differenzierungsprozesse gibt«, erklärte Löhning. Die Theorie ist, dass Stress – durch zu starke Belastung des Gelenks oder auch eine Entzündung – die Zellen in einen Zustand übergehen lässt, in dem sie dauerhaft nur noch schwach tragenden oder gar keinen Knorpel mehr bilden oder aber Knorpel abbauende Enzyme ausschütten. »Vom Vergleich der verschiedenen Chondrozyten erhoffen wir uns Aufschluss darüber, welche Gene wann am stärksten abgelesen werden«, so Löhning.

 

Entsprechende Transkriptionsfaktoren sollen dann auf ihre Eignung als Zielstruktur für eine therapeutische Intervention überprüft werden. Gefördert wird das neue Schwerpunktlabor am DRFZ von der Willy-Robert-Pitzer-Stiftung. Die gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Bad Nauheim stellt für die Forschung der Arbeitsgruppe 3,5 Millionen Euro zur Verfügung.

 

Die therapeutische Anwendung solcher Verfahren stellt zwar momentan nur eine theoretische Möglichkeit der Zukunft dar, ist aber sehr verlockend. Denn mit den bislang etablierten Behandlungsmethoden kann bei Weitem nicht jedem Patienten geholfen werden. Der Ersatz des kranken Gelenks durch eine Endoprothese ist dann der letzte Ausweg. Allein in Deutschland werden pro Jahr 200 000 künstliche Hüft-, 150 000 Knie- und 12 000 Schultergelenke eingesetzt.

 

Mitunter kann der Knorpelschaden aber auch repariert und ein Gelenk­ersatz so verhindert werden. Tissue Engineering lautet hier das Stichwort. Entsprechende Verfahren kommen vor allem für jüngere Patienten und bei noch nicht allzu großen Defekten infrage.

 

Eine solche Methode ist etwa die autologe Chondrozytentransplanta­tion (ACT). Dabei wird dem Patienten zunächst ein kleines Stück Knorpel aus einem gesunden, wenig belasteten Bereich des Gelenks per Gelenkspiegelung entnommen. Die daraus isolierten Chondrozyten werden im Labor vermehrt und auf einer Trägermembran angesiedelt. Dieses Gewebe benutzt der Operateur dann, um den Knorpeldefekt bei einer zweiten Arthroskopie aufzufüllen.

Da bei der ACT mit lebenden Zellen gearbeitet wird, sind die regulatorischen Anforderungen sehr hoch – zu hoch, wie Professor Dr. Stefan Nehrer von der Donauuniversität Krems beim Berliner Knorpelsymposium ausführte. »Für isolierte Knorpeldefekte ist die Evidenz der ACT gesichert. Die strengen Regularien der EU haben aber dazu geführt, dass sich die Weiterentwicklung der Verfahren für die Firmen nicht mehr lohnt«, sagte der Orthopäde. Aus diesem Grund setzten die Hersteller vermehrt auf die Entwicklung von zellfreien Verfahren, die jedoch weniger erfolgreich seien.

 

Ein solches zellfreies Verfahren, das für kleinere Defekte infrage kommt, ist beispielsweise die autologe matrixinduzierte Chondrogenese (AMIC). Dabei werden in den Knochen unter dem Knorpeldefekt winzige Löcher gebohrt, die bis in die gefäßversorgte Zone des Knochens reichen (Mikro­frakturierung). Es bildet sich ein Gerinnsel aus Blut und Knochenmark, das durch eine auf den Defekt passgenau zugeschnittene Kollagenmatrix stabilisiert wird. Stammzellen aus dem Knochenmark wandern in das Gerinnsel ein und bilden ein Knorpel­ersatzgewebe aus.

 

Das ganze Gelenk beachten

 

Wie die Langzeitergebnisse solcher Eingriffe ausfallen, hängt unter anderem vom Alter des Patienten ab. »Manche Kaskaden, die beim jungen Menschen Knorpel aufbauen, kehren sich im Alter um und wirken knorpelabbauend«, sagte Nehrer. In jedem Fall müsse der behandelnde Orthopäde stets das gesamte Gelenk und die umgebenden Strukturen im Blick haben und nicht bloß den Knorpel. /

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