Regierung bekräftigt Sparpläne |
20.04.2010 19:10 Uhr |
Von Daniel Rücker / In der Gesundheitspolitik war die schwarz-gelbe Bundesregierung bislang meist zerstritten. Für das geplante Arzneimittel-Sparpaket gilt das nicht. Hier machen Union und FDP Tempo – zum Leidwesen der pharmzeutischen Industrie.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler hat es offensichtlich eilig. Gerade einmal drei Wochen nach der Präsentation eines Eckpunktepapiers haben sich die beiden Koalitionsfraktionen auf ein erstes Sparpaket geeinigt. Es soll an das GKV-Änderungsgesetz angehängt werden und zum 1. August in Kraft treten. Auslaufen sollen die Sparmaßnahmen Ende 2013.
Die Inhalte des Sparpakets überraschen nicht. Sie haben so oder ähnlich schon in dem kurz vor Ostern veröffentlichen Eckpunktepapier gestanden. Kernstück ist die Erhöhung des Zwangsrabattes der Hersteller an die Krankenkassen. Er soll für verschreibungspflichtige Arzneimitttel von 6 auf 16 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig tritt ein Preismoratorium in Kraft, das allerdings rückwirkeind zum 1. August 2009 gilt. So soll verhindert werden, dass sich die Unternehmen die verlorene Marge über Preiserhöhungen zurückholen.
Im Vergleich zum Eckpunktepapier wurden die Pläne der Bundesregierung ein wenig entschärft. So soll der höhere Zwangsabschlag nur für Arzneimittel gelten, die keinem Festbetrag unterliegen. Generika bleiben damit von der Regelung verschont. Bei ihnen hätte sich der Zwangsabschlag wegen des Generikarabattes ansonsten auf 26 Prozent addieren können. Auch für ausnahmsweise verordnete nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel soll der höhere Zwangsabschlag nicht gelten. Insgesamt will die Bundesregierung mit ihrem Sparpaket in diesem Jahr noch 500 Millionen Euro sparen. Für 2011 bis 2013 hat die Regierung 1,15 Milliarden Euro Einsparungen kalkuliert.
Unsere Klientel sind die Versicherten
Vertreter der Regierungsparteien sind mit ihrem Werk zufrieden und wollen auch dem Einfluss der pharmazeutischen Industrie trotzen. »Wir ziehen das jetzt wie geplant durch und lassen uns auch durch Erpressungen der Industrie nicht beirren«, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, der Nachrichtenagentur Reuters. »Unsere Klientel sind die Versicherten und niemand sonst.« Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Ulrike Flach ging in dieselbe Richtung: »Wir werden uns von den Weltuntergangsszenarien der der Industrie nicht irremachen lassen.« Die Regierung sei den Versicherten dieses Maßnahmen schuldig. Der Wirtschaftsrat der Union hält dagegen nicht viel von staatlichen Eingriffen in die Preisfindung. Die Erhöhung des Herstellerabschlages müsse »eine einmalige Aktion« bleiben, sagte der Präsident des Gremiums, Kurt Lauk, im »Handelsblatt«.
Wenig erfreut über die für eine christliberale Koalition industrieferne Politik zeigen sich erwartungsgemäß die pharmazeutischen Hersteller. Sie hatten nach dem Regierungswechsel auf ruhigere Zeiten mit weniger Dirigismus gesetzt und geben sich nun enttäuscht. Die Hauptgeschfäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA) Corneila Yzer bezeichnete Gesundheitsminister Rösler im Interview mit »Spiegel online« als »politischen Nachlassverwalter« von Ex-Ministerin Ulla Schmidt (SPD). Der Minister setze auf Zwangsrabatte und einen Preisstopp. Offensichtlich habe ihn der Mut verlassen.
Wenig zimperlich kommentierte auch der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) die Sparpläne der Bundesregierung. BPI-Vorstandsvorsitzender Bernd Wegener sprach von einem »Rückfall in gesundheitspolitischen Dirigismus«. Das Sparpaket sei »einer christlich-liberalen Regierung unwürdig«. Höhere Zwangsrabatte und ein Preisstopp seien keine wirtschaftspolitisch geeigneten Mittel, um das Gesundheitswesen nachhaltig zu sanieren. Wegener kritisierte weiter, dass die höheren Zwangsrabatte auch für Medikamente zur Behandlung seltener Erkrankungen dienen. /