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Demografie

Mehr Miteinander in Gesellschaft und Beruf

20.04.2010  19:11 Uhr

Von Daniela Biermann, Münster / In Münster haben Vertreter aus Gesundheitswesen und Politik gemeinsam über den Umgang mit einer alternden Gesellschaft diskutiert. Die 1. Münsteraner Gesundheitsgespräche waren eine Initiative der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann forderte zum Auftakt, die praktischen Herausforderungen des demografischen Wandels anzugehen: »Wir müssen in der Geriatrie noch viel tun.« Er wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten. Für ihn steht zudem die ortsnahe Arzneimittelversorgung durch die Apotheken im Vordergrund.

So sagte Professor Dr. Adelheid Kuhl­mey, Gerontologin an der Charité Berlin, die Bevölkerung in Städten und Dörfern in ländlichen Gegenden werde in den kommenden Jahrzehnten abnehmen und stärker altern werden als Ballungszen­tren. »Wenn die Landärzte verschwin­den, wird es den Dorfapotheken ähnlich ergehen«, prophezeite Laumann.

 

Apotheken brauchen Spielraum

 

Der Minister nahm auch Stellung zum geplanten Arzneimittel-Sparpaket von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler. Er begrüßte, dass Pharmafirmen in Zukunft ihre Preise nicht mehr willkürlich festlegen können. Auch eine schnellere Bewertung des Nutzens eines Pharmakons hieß Laumann gut. Zu niedrigeren Großhandelsmargen, die letztlich auch die Apotheker träfen, habe er noch keine abschließende Meinung. »Wir müssen uns jedoch vorher genau anschauen, wie sich solche Maßnahmen auf die Apotheken auswirken«, warnte Laumann. »Wir wollen Apotheken mit hoher Beratungsqualität. Dafür brauchen die Apotheken einen gewissen Spielraum.«

 

Prinzipiell sei er auch für die Möglichkeit einer freien Arzneimittelwahl, bei der der Patient gegebenenfalls eine Differenz bezahlt. Allerdings fürchtet Laumann eine Debatte über gute und schlechte Medikamente, wie sie bei den unterschiedlichen H1N1-Impfstoffen für Bevölkerung und Bundeswehr aufgeflammt war. »Bei Betablockern mag es noch egal sein, aber nicht bei emotional besetzten Arzneistoffen wie Opiaten und Krebsmitteln«, so Laumann.

 

Hier fürchtet er eine Forcierung der Zwei-Klassen-Medizin. »Dagegen werde ich alles tun. Wir müssen Spitzenmedizin für alle Versicherten gewährleisten. Doch Fortschritt muss auch finanziert werden«, machte er ein. Daher sollte über grundsätzliche Änderungen in Ruhe nachgedacht werden. »Das bedeutet aber nicht automatisch weniger Solidarität«, beteuerte Laumann.

 

Jeder muss auf Konsum verzichten

 

»Die Problematik der demografischen Entwicklung ist in der öffentlichen Debatte angekommen«, sagte Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU, während der anschließenden Podiumsdiskussion. »Wir müssen den Menschen ehrlich sagen, dass der Erhalt unserer sozialen Sicherungssysteme nicht billig wird. Jeder muss auf Konsum verzichten, um für das Alter auch privat vorzusorgen.«

 

Dem schloss sich Bundestagsabgeordneter Michael Kauch von der FDP an. »Wir sollten Modellprojekte verstärken«, schlug er vor: Man sollte aber nicht alles dem Staat überlassen. Es gehe es auch um ethische Fragen. »Dinge, bei denen es um Leben und Tod geht, stehen dabei nicht zur Diskussion«, sagte Kauch. Es ist schwierig, die Grenzen zu ziehen. »Ist es unser Ziel, dass ein Rettungswagen innerhalb von 15 Minuten da ist? Wo liegt die Grenze?«

»Wir müssen uns alle fragen, wie wir im Alter leben wollen«, sagte Maria Klein-Schmeink, Bundestagsabgeordnete für Bündis 90/Die Grünen. »Wir müssen weg vom Jugendkult und nicht alles als Katastrophe sehen.« Vereinsamung im Alter sei jedoch ein Problem. »Wir können uns nicht leisten, dass alte Leute zum Reden von Arzt zu Arzt gehen.« Sie plädierte für mehr Nachbarschaftlichkeit und Hausgemeinschaften für Senioren mit einem ambulantem Pflegedienst.

 

Apothekerin Dr. Anna Boos, die derzeit wieder für die SPD im nordrhein-westfälischen Landtag kandidiert, will sich gegen einen immer schnelleren, fordernden Lebensstil stellen. »Gesundheit, Kinder und Familie machen das Leben lebenswert – dafür sollten wir Geld ausgeben.« Auch Prävention sei ein wichtiges Thema. »Als Apotheker können wir zur Gesundheitserziehung beitragen.«

 

Niederschwellige Angebote

 

Dem stimmte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe zu. »In der Apotheke gibt es niederschwellige Angebote zur Prävention.« Sie wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen. Dies war nicht zuletzt der Anlass, Vertreter unter anderem von Apotheker-, Ärzte- und Zahnärztekammern, Patientenorganisationen, Krankenkassen, Hochschulen und Politik zu den 1. Münsteraner Gesundheitsgesprächen einzuladen.

 

In verschiedenen Arbeitsgruppen kamen die Teilnehmer zu dem Schluss, dass allen Menschen möglichst lang ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden sollte. Um Arzneikosten zu sparen, müsse mehr auf Prävention gesetzt werden. Da die Kosten weiter steigen werden, sei es unvermeidlich, in Zukunft eine Basisversorgung für alle zu definieren und bestehende Finanzierungsmodelle mit Sozialausgleich weiterzuentwickeln. Die Ausbildung von Medizinern, Apothekern und Pflegekräften müsse besser gefördert werden. Die flächendeckende medizinische Versorgung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein dem Markt überlassen werden dürfe.

 

Als Erste setzte Kammerpräsidentin Overwiening ihre Unterschrift unter die Münsteraner Gesundheitserklärung. »Unsere Vorschläge allein reichen nicht«, sagte Overwiening. »Wir brauchen politische Entscheidungen.« / 

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