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Serie AMTS

Kommunikation mit dem Arzt

18.03.2014  15:42 Uhr

Von Jochen Pfeifer / Eine geglückte Kommunikation ist die Voraussetzung dafür, dass Apotheker und Ärzte als heilberufliches Team zusammenarbeiten und sich auf Augenhöhe begegnen können. Das erfordert einerseits eigenes Fachwissen, andererseits aber auch Verständnis für die jeweilige Situation des anderen.

Angehörige zweier Heilberufe, die zum Wohl des Patienten zusammenarbeiten und dabei ihre jeweiligen Kompetenzen einbringen: So sieht die Idealvorstellung des Verhältnisses zwischen Ärzten und Apothekern aus. In der Praxis ist es aber wohl jedem Apotheker schon einmal so gegangen, dass er mit einer Rückfrage in der Arztpraxis nicht weiter als zur Sprechstundenhilfe kam. Damit Apotheker bei der Zusammenarbeit mit den Ärzten nicht durch unnötige Forderungen selbst zu einem möglichen Konflikt beitragen, sollten sie sich zunächst über deren Probleme im Klaren sein.

 

Wirtschaftlichkeitsgebot

 

Die Verordnung von Arznei- und Hilfsmitteln auf einem Kassenrezept wird durch Gesetze, Richtlinien und zahlreiche Bestimmungen geregelt. Paragraf 9 der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) schreibt etwa vor, dass die durch den Arzt verordneten Medikamente ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können die Patienten nicht be­anspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Paragraf 12 Absatz 1 SGB V).

 

Und genau dies sollte der Apotheker auch nicht verlangen. Auch sollte er sich be­wusst sein, welche Art und Umfang die Kommunikation mit dem Arzt haben muss. Ist zum Beispiel ein Telefonanruf und damit die Störung des Praxisbetriebs in jedem Fall unbedingt erforderlich?

 

Hierzu ein Beispiel: Ein Patient wird am Freitagnachmittag aus dem Krankenhaus entlassen und kommt mit einem Entlass­brief, aber ohne Kassenrezept in die Apotheke, um sich die notwendige Medi­ka­tion für das Wochenende zu besorgen. Der Apotheker gibt diese Medi­ka­men­te aufgrund des Entlassbriefs vorab mit und verlangt vom Arzt am nächs­ten Werktag ein entsprechendes Kassenrezept.

 

Dazu ist der Arzt aber keineswegs verpflichtet. Eine Arzneiverordnung darf vom niederge­las­se­nen Arzt nur ausgestellt werden, wenn er sich persönlich vom Krankheitszustand des Patienten überzeugt hat oder wenn ihm der Zustand aus der laufenden Behandlung bekannt ist (Paragraf 15 Bundesmantelvertrag). Beim Ausstellen des Kassen­rezepts muss das aktuelle Datum angegeben werden. Eine Rückdatierung des Rezepts ist nicht zulässig.

 

Sonstige Schäden vermeiden

 

Auch darf der Kassenarzt nicht einfach unkritisch die Empfehlungen des Krankenhauses übernehmen, sondern muss aufgrund seiner fachärztlichen Kompetenz nach einer eigenen gesicherten Diagnose die erforderlichen Arzneimittel verordnen. Alles andere könnte von den Krankenkassen als unwirtschaftlich angesehen werden und zu einem Regress gegen den Kassenarzt wegen eines sogenannten sonstigen Schadens führen. Diesen Schaden muss der Arzt möglicherweise dann aus eigener Tasche bezahlen.

 

Die Prüfungen der Verordnungen erfolgen in der Regel mit erheblicher Verzögerung, zumeist von einem Jahr und mehr. Bei einer einmal aufgedeckten möglicherweise fehlerhaften Verordnungsweise können auch die Folgequartale aufgerollt werden, in denen der Arzt dann höchstwahrscheinlich weiterhin Verordnungen getätigt hat, die beanstandet werden könnten. Apotheker sollten diese Problematik und andere abrechnungstechnische Einzelheiten kennen und den Arzt entsprechend auch beraten können.

 

Apotheker sollten Patienten nicht raten, sich ein bestimmtes Medikament auf Kassenrezept aufschreiben zu lassen. Es kommt leider immer wieder mal vor, dass Apotheker Patienten empfehlen, beispielsweise im Falle einer Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, den Arzt zu bitten, auf verschreibungspflichtige Mittel auszuweichen, um den Patienten finanziell zu entlasten. Dies gilt ins­besondere bei zuzahlungsbefreiten Patienten. Gemäß Paragraf 12 Absatz 11 der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA kann das aber unwirtschaftlich sein und zu einem Regress für den Arzt führen.

 

Oft beschweren sich auch Patienten in der Apotheke, dass Mitarbeiter ihrer Krankenkasse gesagt hätten, der Arzt »dürfte« das betreffende Medikament doch aufschreiben. Diese Aussagen von Krankenkassenmitarbeitern sind auch den Ärzten bewusst und oft ein Ärgernis. In solch einem Fall sollte der Apotheker dem Patienten und dem Arzt empfehlen, diese Bestätigung der Krankenkasse schriftlich zu verlangen. Eine Genehmigung von Arzneimittelverordnungen des Arztes durch die Krankenkasse ist unzulässig gemäß Paragraf 29 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä). Daher wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine solche schriftliche Bestätigung nicht ausgestellt werden (Ausnahme: Antrag des Arztes bei Off-Label-Use eines Medikaments).

 

Den Arzt nicht unter Druck setzen

 

Ebenfalls vermeiden sollten Apotheker, vom Arzt zu verlangen, das Aut-idem-Kreuz zu setzen. Grundsätzlich muss der Apotheker Rabattverträge bedienen. Ist das Rabattarzneimittel in der Apotheke aktuell nicht verfügbar und ein dringender Fall macht die Abgabe unverzüglich erforderlich wie etwa im Notdienst, darf der Apotheker ein anderes Medikament abgeben, muss dies allerdings durch die entsprechenden Sonderziffern dokumentieren.

 

Apotheker sollte Ärzte nicht durch Bequemlichkeit verärgern, weil sie diesen bürokratischen Aufwand scheuen. Die kassenärztlichen Vereinigungen empfehlen den Ärzten, das Aut-idem-Kreuz in der Regel nicht zu setzen. Hat der Apotheker in konkreten Einzelfällen pharmazeutische Bedenken, weil er durch einen vom Rabattvertrag vorgesehenen Austausch trotz eines Beratungsgesprächs mit dem Patienten den Therapieerfolg oder die Arzneimittelsicherheit gefährdet sieht, kann er selbst diese geltend machen und ist somit überhaupt nicht auf den Arzt angewiesen.

 

Wird der Rabattvertrag wegen pharmazeutischer Bedenken nicht bedient, kennzeichnet der Apotheker dies mit einer Sondernummer auf dem Rezept und vermerkt stichwortartig den Ausnahmefall. Die pharmazeutischen Bedenken beziehen sich dabei immer auf einen konkreten Einzelfall. Hierdurch wird die Kompetenz als Apotheker gestärkt. Apotheker sollten sich diese Kompetenz nicht nehmen lassen, indem sie den Arzt um eine Rezeptänderung bitten. In solchen Fällen sollte der Apotheker vielmehr selbstständig handeln und den Arzt nur nachträglich über den Vorgang informieren.

Erst informieren, dann anrufen

 

Auf der 21. Landesgesundheitskonferenz des Landes NRW im November 2012 wurde das Thema der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) als wichtiges Beispiel für eine sinnvolle und wünschenswerte Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern hervorgehoben. In diesem Zusammenhang hat der Apotheker folgende Funktionen zu übernehmen:

 

  • Überprüfung des Medikamentenplans auf Vollständigkeit und Plausibilität (Fehler wie Doppelverordnungen, auffällige Dosierungen und so weiter),
  • Hinweis auf potenzielle arzneimittelbezogene Probleme oder Ereignisse und Vorschläge zur Lösung für Arzt und Patient,
  • Erklärung der Anwendung, Lagerung und Besonderheiten der Arzneimittel für den Patienten (Teilen, Sonde, Aller­gierisiko, Kombination mit Lebensmitteln oder Getränken),
  • Optimierung des Selbstmanagements des Patienten.
     

Eine unabdingbare Voraussetzung für die Kommunikation mit dem Arzt ist dabei, dass der Apotheker das erforderliche Fachwissen entweder bereits erworben hat oder sich vor dem Gespräch aneignet. Ärzte nehmen ein Angebot der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der AMTS in der Regel sehr gerne an, insbesondere einen Interaktions-Check. Der Apotheker muss aber in der Lage sein, dem Arzt konkrete Alternativen anzubieten und nicht nur die Lauer-Liste vorzulesen. Auch interessiert den Arzt in der Regel nicht, ob die Ursache des Problems irgendeine CYP-450-Interaktion ist, sondern welche Lösung es gibt. Darüber hinaus sollten sich Apotheker immer bewusst sein, dass die Entscheidung über die Therapie des Patienten beim Arzt bleibt. /

 

Literatur beim Verfasser

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