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Rabattarzneimittel

Ersatzkassen starten Retax-Orgie

08.04.2008  17:36 Uhr

Rabattarzneimittel

<typohead type="3">Ersatzkassen starten Retax-Orgie

Von Daniel Rücker

 

Der Ärger um die Rabattverträge nimmt kein Ende. Diesmal sind es jedoch nicht die Ortskrankenkassen, die den Apothekern Probleme bereiten, sondern die Ersatzkassen. Drei von ihnen wollen Apotheker bei nicht abgegebenen Arzneimitteln auf null retaxieren.

 

Die Ersatzkassen setzen die Apotheker zurzeit heftig unter Druck. Bundesweit werden Rezepte retaxiert, bei denen Apotheker angeblich statt eines Rabattarzneimittels ein anderes Präparat abgegeben haben sollen. Grundsätzlich dürfen sie dies natürlich auch. Einige haben dabei jedoch anscheinend jedes Maß verloren, denn sie wollen von den Apotheken nicht die Differenz zurück, die sie wegen der Abgabe eines anderen Medikamentes zu viel bezahlen müssen. Stattdessen retaxieren sie die Apotheken auf null. Es gibt also gar kein Geld, obwohl die Versicherten mit einem Präparat des verordneten Wirkstoffs versorgt wurden.

 

Die Kassen berufen sich dabei auf ein Urteil des Bundessozialgerichts von 2006, nach dem sie Vertragsverletzungen in dieser Form bestrafen dürften, da kein Vertrag zustande gekommen sei. Wie Nachfragen der PZ bei mehreren Apothekerverbänden ergaben, sind zurzeit vor allem die Hanseatische Ersatzkasse, die Hamburg-Münchner und die Barmer aktiv.

 

Die Ersatzkassen hatten diese Aktion bereits vor einigen Wochen angekündigt. Sie werfen einem Teil der Apotheker vor, die Rabattvereinbarungen zu unterlaufen. Allein im Juli 2007 sei den Ersatzkassen ein Schaden von 2,5 Millionen Euro entstanden. Nachzuprüfen ist diese Summe für die Apotheker nicht, da die Kassen über die Höhe der ihnen eingeräumten Rabatte schweigen. In der vergangenen Woche haben die drei Ersatzkassen dann angefangen, die Apotheken mit Null-Retaxierungen zu überziehen.

 

Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, Hermann S. Keller, hat die Vorwürfe der Ersatzkassen postwendend zurückgewiesen: »Wir Apotheker haben die Rabattverträge und deren Umsetzung nicht blockiert, sondern deren schnelle und effiziente Umsetzung mit den Versicherten der Kassen vorangetrieben.« Der Vorwurf sei »an den Haaren herbeigezogen«. Es sei »unverschämt«, eine Kampagne gegen diejenigen zu führen, die die Verträge mit Leben erfüllt hätten.

 

Für eine angemessene Bestrafung von Apotheken, die sich den Rabattverträgen komplett verweigert haben, haben die Apothekerverbände Verständnis. Allerdings gebe es keine Basis dafür, dass ein Apotheker auf null retaxiert werde, obwohl er ein Medikament, wenn auch nicht das rabattierte Präparat, abgegeben haben, sagt der Geschäftsführer des Sächsischen Apothekervereins, Dr. Ulrich Bethge.

 

DAV-Chef Keller hält eine Retaxierung auf null ebenfalls für rechtlich nicht durchsetzbar. Apothekerverbände und Krankenkassen hätten Vertragsstrafen vereinbart, wenn Apotheker kein Rabattarzneimittel abgeben, obwohl dies verfügbar ist. Die Null-Retaxierung gehöre nicht zu dem Strafkatalog. Keller: »Wenn Ware abgegeben wurde, muss die Kasse zumindest den Einstandspreis bezahlen.«

 

Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, plädiert für eine Vereinbarung mit den Ersatzkassen über ein abgestuftes Vorgehen. Die Kassen könnten etwa den aus der Arzneimittelabgabe resultierenden Gewinn retaxieren, wenn eine Apotheke gegen die Liefervereinbarung verstoßen habe. Wie Bethge hält Graue es für inakzeptabel, dass die Krankenkassen Apotheken auf null retaxieren. Da ihre Versicherten angemessen versorgt worden seien, komme das Verhalten der Kassen einer Bereicherung nahe. Zudem kritisierte der Vereinsvorsitzende, dass »bis zu 50 Prozent der Retaxierungen« nicht berechtigt seien. In diesen Fällen hat die Apotheke ein Arzneimittel nicht substituiert, weil es zum Zeitpunkt der Abgabe keine Austauschempfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses gab. Hier sei die Rechtslage eindeutig pro Apotheke. Graue sieht auf einige Apotheken existenzielle Probleme zukommen, sollten die großen Ersatzkassen dem Beispiel der kleineren folgen. Er forderte die Kassen dringend auf, ihr Verhalten zu überdenken. Auch für die Apotheker seien Rabattverträge Neuland gewesen.

 

DAV sucht Lösung

 

Der DAV erwarte von den Krankenkassen ein vernünftiges partnerschaftliches Verhalten, machte Keller deutlich. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Ersatzkassen und Apothekern müssten einvernehmlich geklärt werden. Da es sich bundesweit immer um dieselben Gründe für Retaxierungen handelt, setzt sich der DAV bereits für eine gemeinsame Lösung ein. Keller: »Wir versuchen, die Probleme zentral zu regeln. Es ergibt keinen Sinn, wenn sich jeder Verband einzeln darum kümmern muss.« Allerdings sei vor Ostern nicht mehr mit einer Verständigung zu rechnen. Den betroffenen Apothekern rät der DAV-Chef, Einspruch gegen die Retaxierungen einzulegen und diesen zu begründen. Dafür bleibe drei Monate Zeit.

 

Sollten die Kassen bei ihrer harten Linie bleiben, dann müsse ein Musterprozess unter Beteiligung der Verbände angestrengt werden, schlugen Graue und Bethge vor. In diesem sollte dann geklärt werden, ob das Vorgehen der Ersatzkassen tatsächlich juristisch einwandfrei sei.

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