Immunmodulierende Potenz nutzen |
20.03.2006 12:16 Uhr |
<typohead type="3">Immunmodulierende Potenz nutzen
von Christiane Berg, Hamburg
Bei bakteriellen Atemwegsinfektionen sollte das einhergehende Entzündungsgeschehen früh gehemmt werden, um die Heilung zu beschleunigen und ferner Chronifizierungen und Rezidive zu vermeiden. Hierzu eignen sich Antibiotika mit immunmodulierender Wirkung wie Moxifloxacin.
Bei einer akuten Atemwegsinfektion kommt es nach Adhärenz, Penetration und Dissemination von Bakterien unter anderem zur Freisetzung von Endo- und Exotoxinen mit proinflammatorischer Wirkung. Das schnelle Abtöten der Erreger in der Frühphase der Infektion sei wichtig, um der Ausbreitung dieser Toxine vorzubeugen, sagte Professor Dr. Joachim Bogner, München, auf einer Veranstaltung von Bayer Vital. Der Einsatz eines Antibiotikums mit immunmodulierender Potenz wie Moxifloxacin, zugelassen zur Behandlung akuter Exazerbationen der chronischen Bronchitis sowie zur Therapie der akuten bakteriellen Sinusitis und ambulant erworbener Pneumonien, könne den Krankheitsverlauf entscheidend beeinflussen.
Klinischen Studien zufolge zeichne sich Moxifloxacin nicht nur durch ein rasches Abtöten der Bakterien aus, sondern auch durch eine Hemmung der Freisetzung proinflammatorischer Zyto- und Chemokine, also durch immunmodulierende Eigenschaften. Die unspezifische Abwehrkapazität des Erkrankten scheine deutlich zuzunehmen. Laut Bogner komme Antibiotika mit hoher antimikrobieller und immunmodulierender Potenz daher besondere Bedeutung gerade in der Therapie bakterieller Exazerbationen der chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) zu. Der Referent verwies hierbei auf die MOSAIC-Studie, einer multizentrischen, multinationalen, prospektiven randomisierten Doppelblindstudie, die die Wirksamkeit von Moxifloxacin oral mit oralen Standardantibiotika als First-line-Therapie an 730 ambulant behandelten Patienten mit einer bakteriell exazerbierten chronischen Bronchitis verglich. Den Studienergebnissen zufolge lassen sich mit einer fünftägigen Moxifloxacin-Therapie (400 mg, einmal täglich) nicht nur bessere klinische Heilungsraten, sondern auch längere Exazerbations-freie Phasen erzielen als durch eine siebentägige Therapie mit oralen Standardantibiotika wie Amoxicillin (500 mg, dreimal täglich), Clarithromycin (500 mg, zweimal täglich) oder Cefuroxim (250 mg, zweimal täglich). Als deutlicher Hinweis auf eine immunmodulierende Komponente des Chinolons werde auch die signifikant raschere Fieberfreiheit bei Pneumoniepatienten angesehen.
Bakterielle Infekte als roter Faden
»Moxifloxacin kann offenbar den Teufelskreis zwischen Infektion, Inflammation und sich stetig verschlechternder Lungenfunktion durchbrechen«, bestätigte Dr. Manfred Möller, Hanau. Der niedergelassene Mediziner berichtete, dass sich in einer pneumologischen Praxis vor allem COPD-Patienten im Stadium III bis IV nach Gold mit fortgeschrittenem Krankheitsbild und schwerer Einschränkung der Lungenfunktion vorstellen. Bei den Patienten, die zu 80 Prozent Raucher oder ehemalige Raucher seien, zögen sich rezidivierende und chronisch bakterielle Infekte in der überwiegenden Zahl der Fälle wie ein »roter Faden durch die Krankheitsgeschichte«.
Mit zunehmender Zahl der Exazerbationen verschlechtert sich die Lungenfunktion bei COPD-Patienten kontinuierlich, sagte Möller. So sei Studien zufolge bei Betroffenen mit mehr als drei bakteriellen Exazerbationen pro Jahr ein überproportional rascherer Rückgang der Lungenfunktion im Vergleich zu Patienten mit weniger als drei Exazerbationen pro Jahr zu verzeichnen. Bei exazerbierter COPD ist neben einer erhöhten Zahl an Granulozyten und vermehrten Entzündungsparametern im Sputum auch Serumfibronogen nachzuweisen, wobei ein hoher Spiegel an Entzündungsmarkern ebenfalls gleichbedeutend mit einem schnelleren Abfall der Einsekundenkapazität FEV1 ist. Es werden vermehrt nicht nur lokale, sondern auch systemische Entzündungsmediatoren gebildet.
Teufelskreis durchbrechen
Die bakteriell exazerbierte COPD werde trotz erhöhter Mortalitätsrate zumeist als vorübergehendes Problem ohne die Notwendigkeit einer weitergehenden Therapie wahrgenommen, kritisierte der Referent. Hierbei handele es sich jedoch um einen »Circulus vitiosus« von bakterieller Exazerbation und Kolonisation (überwiegend Hämophilus influenzae), chronischer Entzündung der Bronchialschleimhaut mit Expression von Interleukinen sowie der fortschreitenden Epithelschädigung und Destruktion der Bronchialschleimhaut, die wiederum einer neuen Exazerbation den Weg bahnt. Diesem Teufelskreis könne mit der gezielten Gabe bakterizider und antientzündlicher Antibiotika Einhalt geboten werden.
Husten, vermehrter Auswurf, Atemnot bei Belastung: In Deutschland, so Schätzungen, sind etwa drei bis fünf Millionen Menschen an einer COPD wie der chronisch-obstruktiven Bronchitis oder einem Lungenemphysem erkrankt. Mittlerweile gilt sie als Volkskrankheit, deren Häufigkeit zunimmt. Betroffen sind besonders langjährige Raucher, wenn auch 20 Prozent der Patienten nie geraucht haben. Nicht nur Infektionen, auch Umweltverschmutzung (zum Beispiel hohe Belastung der Atemluft durch Schwefeldioxid) oder genetische Faktoren können die Anfälligkeit für eine COPD erhöhen.
Der Rauchverzicht hat nach wie vor obersten Stellenwert in der Therapie. Nur dadurch kann der Verlust der Lungenfunktion dauerhaft gebremst werden. In der medikamentösen Therapie kommen gemäß Schweregrad Bronchodilatatoren wie Fenoterol und Terbutalin beziehungsweise Anticholinergika oder Beta-2-Mimetika wie Tiotropium oder Formoterol und Salmeterol zum Einsatz. Bei schwerer COPD werden zusätzlich inhalative Corticosteroide angewandt. Als wichtig für COPD-Patienten gilt ferner ein individuell angepasstes Ausdauer-, Kraft- und Koordinationstraining. Dadurch soll sich der Teufelskreis aus Schonung und Zunahme der Atemnot verhindern lassen.