Die Diskussion beginnt |
17.03.2006 09:42 Uhr |
Ohne Prophet sein zu wollen, können wir davon ausgehen, dass nach den Landtagswahlen am kommenden Wochenende die Diskussion über die »große« Reform des Gesundheitssystems in Deutschland gestartet wird.
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat bereits in dieser Woche in einer Beschlussvorgabe für den Bundestag ihre Vorstellungen für eine nachhaltige Finanzierungsreform der Krankenversicherung bekannt gegeben. Sie überrascht allerdings niemanden. Die Grünen wollen die Bürgerversicherung, die Ausweitung der Finanzierungsbasis auf Miet-, Zins- und Kapitaleinkünfte. Sie wollen die mitversicherten Ehepartner beitragspflichtig machen, wobei Kinder weiterhin beitragsfrei bleiben sollen.
Auf die konkreten Vorstellungen der großen Koalition werden wir allerdings noch etwas warten müssen. Denn noch ist vollkommen unklar, wie die CDU/CSU und die SPD ihre Vorstellungen von Gesundheitspauschale und Bürgerversicherung zusammenführen wollen.
Ob sich die Koalitionäre auf das von den Sachverständigen Professor Dr. Bert Rürup und Professor Dr. Eberhard Wille vorgeschlagene Modell einer Gesundheitspauschale mit bestehender Pflichtversicherungsgrenze einigen werden, ist zurzeit sehr unsicher. Wille hat den Vorschlag in seinem Interview mit der PZ noch einmal vorgestellt und konkretisiert.
Die beiden Ökonomen wollen unter anderem den Familienlastenausgleich und die Umverteilung aus der Gesetzlichen Krankenversicherung herauszulösen und über öffentliche Haushalte finanzieren. Aus meiner Sicht eine elegante Lösung, da dann auch die Privatversicherten über die von ihnen gezahlten Steuern stärker als bisher in die solidarische Finanzierung der GKV eingebunden werden.
Da aber Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eine steuerfinanzierte Umverteilung bisher rigoros ablehnt, wird es sicher nicht zu der Umsetzung des Rürup-Wille-Modells kommen. Der große Wurf einer Gesundheitsreform wird ausbleiben. Man wird sich nur schrittweise einer nachhaltigen Lösung nähern.
Jede Teillösung bei der Finanzierung wird aber zwangsläufig dazu führen, dass die Leistungserbringer einmal mehr in die Sanierung des Gesundheitssystems einbezogen werden. Über das Wie kann zurzeit nur spekuliert werden. Die Ökonomen, wie auch Wille, sehen natürlich in erster Linie eine Lösung in Richtung mehr Wettbewerb, stärkere Liberalisierung beziehungsweise Deregulierung des Systems.
Man kann und sollte darüber streiten, ob dies der richtige Weg ist. In einem stimme ich aber mit Wille hundertsprozentig überein. Die heutige Individualapotheke wird sich dem Wettbewerb stellen müssen. Sie wird auch in der Zukunft sicher weiter Bestand haben, wenn sie ihre fachliche Position stärkt und bereit ist, mehr Verantwortung zu übernehmen. Als Premium-Marke mit qualitativ hochwertigen Leistungen kann die von einem Freiberufler geführte Apotheke auch im Wettbewerb bestehen. Es ist deshalb mit Sicherheit richtig, dass auch die Berufsorganisationen der Apotheker, also die Kammern und Verbände, die Sicherung und Verbesserung der Qualität pharmazeutischer Dienstleistungen aus der Apotheke als oberstes Ziel ihrer Arbeit sehen.
Professor Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur