Behandeln ist wichtiger als suchen |
20.03.2006 15:16 Uhr |
<typohead type="3">Behandeln ist wichtiger als Suchen
von Gudrun Heyn, Hamburg
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 9 von 100.000 Menschen an einem so genannten CUP-Syndrom (Cancer of Unknown Primary Origin). Dabei handelt es sich um Metastasen, deren Ursprungsherd unbekannt bleibt. Hier steht eine rasche Therapie und nicht die Suche nach dem Primärtumor im Vordergrund.
In der Regel handelt es sich dabei histologisch um neuroendokrine Tumoren wie Adenokarzinome (50 Prozent), undifferenzierte Karzinome (30 Prozent) und Plattenepithelzellkarzinome (15 Prozent). Die maligne Erkrankung tritt in einem Alter zwischen 55 und 59 Jahren auf, wobei Männer geringfügig häufiger betroffen sind als Frauen.
Die Ursachen des CUP-Syndroms sind noch weitgehend unbekannt. »Sicher ist, dass es eine atypische Wachstumsgenetik gibt, bei der Metastasen offensichtlich schneller wachsen als der Primärtumor«, sagte Dr. Gerdt Hübner von den Sana-Kliniken Ostholstein auf dem 14. Norddeutschen Zytostatika Workshop. Auch Spontanremissionen des zuerst entstandenen Tumors sind möglich. So wird nur bei etwa 10 Prozent der Patienten der Primärtumor festgestellt. Doch das Auffinden des Ursprungherds spielt für die Prognose zumeist keine Rolle. »Es ist falscher Fatalismus, wenn man nicht behandelt, weil irgendwo der Primärtumor steckt«, sagte Hübner. Selbst Patienten mit mehreren Metastasen könnten von einer Therapie profitieren.
Als inoffizieller Standard zur Behandlung von Patienten mit Adenokarzinom oder undifferenziertem Karzinom hat sich inzwischen eine Kombinationstherapie mit Taxanen und platinhaltigen Substanzen etabliert. Durch die Chemotherapie kann das mittlere Überleben der Betroffenen von durchschnittlich sieben auf mehr als neun Monate gesteigert werden. Dabei leben bis zu 10 Prozent der Patienten länger als fünf Jahre. So zeigte sich auch in der einzigen deutschen Studie zum CUP-Syndrom die Kombinationstherapie mit Paclitaxel/Carboplatin der Therapie mit Gemcitabin/Vinorelbin überlegen. Bei vergleichbarem Ansprechen waren in der Taxan-Platin-Gruppe weit weniger Patienten früh progredient als in der Vergleichsgruppe. Zudem waren die mediane Überlebensrate (11 Monate versus 7 Monate) und die Praktikabilität (52 versus 42 Prozent) deutlich höher. Laut französischen Untersuchungen soll die Kombination Docetaxel plus Irinotecan ähnlich wirksam sein.
Patienten mit einer einzigen Metastase oder einem befallenen Lymphknoten haben eine weitaus bessere Prognose. So können gut abgrenzbare Tumore operativ entfernt werden. Ergänzt wird die lokale Behandlung gegebenenfalls durch eine Strahlen- und Chemotherapie. Heilungsraten von rund 30 Prozent sind dabei möglich.
Detaillierte Informationen über die zahlreichen Therapieoptionen beim CUP-Syndrom finden sich unter www.onkodin.de. Die Behandlung richtet sich vor allem nach den histologisch feststellbaren Tumorvarianten und der körperlichen Verfassung der Patienten. »Mit der Therapie sollte immer möglichst rasch begonnen werden, denn eine Chemotherapie ist wichtiger als die wochenlange Suche nach dem Primärtumor«, so Hübner. Die Heilungschancen seien dann sogar besser als beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom.