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TSC-assoziierte Epilepsie

Everolimus senkt Anfallsrate

15.03.2017  10:09 Uhr

Von Elke Wolf, Frankfurt am Main / Der Proteinkinase-Inhibitor Everolimus vermag Patienten mit Tuberöser Sklerose (TSC) nicht nur bei Tumoren, sondern auch bei epileptischen Anfällen zu helfen. In einer Phase-III-Studie reduzierte er signifikant die Anfallshäufig­keit bei therapierefraktären Patienten mit TSC-assoziierter Epilepsie. Im Januar wurde die Indikation für Votubia® entsprechend erweitert.

Die Tuberöse Sklerose ist eine seltene, komplexe Systemerkrankung, die in Deutschland rund 7100 Menschen betrifft. Weil aufgrund eines genetischen Defekts der intrazelluläre mTOR-Signalweg nicht mehr gehemmt wird, kommt es zu Fehlbildungen und der Entstehung benigner Tumoren (Hamartome) in fast allen Organen. Neben Herz, Nieren, Lunge und Haut ist hiervon vor allem das Gehirn betroffen. »Weil sich in der Hirnrinde glioneuronale Hamar­tome entwickeln, kommt es in 80 bis 90 Prozent der Fälle zu Epilepsien. Und das meist bereits in den ersten Lebensjahren«, sagte Dr. Adelheid Wiemer-Kruel vom Epilepsie- und TSC-Zentrum Kork bei einer Presseveranstaltung von Novartis in Frankfurt am Main.

Die Krampfanfälle haben besonders bei den ganz jungen Patienten Auswirkungen auf die Gehirnstruktur, so Dr. Tilman Polster vom Epilepsiezentrum Bielefeld. »Kinder bleiben in ihrer geistigen Entwicklung zurück. Etwa die Hälfte weist geistige Behinderungen und Verhaltens­auffälligkeiten wie Autismus oder kognitive Beeinträchtigungen auf.« Bislang verfügbare Therapieoptionen waren rein symptomatisch und richteten sich nach der Ausprägung der Erkrankung. Antiepileptika, Neurochirurgie, Vagusnervstimulation und ketogene Diät haben aber keinen zuverlässigen Effekt; bis zu 60 Prozent der Betroffenen bleiben nicht einmal ein Jahr lang anfallsfrei, sagte Polster. Insofern bereichere Everolimus die Behandlungsoptionen, sein immunsuppressiver Charakter ermögliche einen neuen Therapieansatz.

 

Daueraktivität von mTOR

 

TSC entsteht durch Mutationen in den Genen, die für die Proteine TSC1 und TSC2 kodieren. Beide bilden einen Komplex, der normalerweise die Aktivität der Serin/Threonin-Kinase mTOR hemmt, die über verschiedene Signalwege das Zellwachstum und die Angiogenese steuert. Bei TSC verliert der Protein­komplex seine inhibitorische Wirkung, sodass mTOR dauerhaft aktiv bleibt, was zu unkontrolliertem Zellwachstum führt. In etwa 30 Prozent der Fälle sind diese Mutationen vererbt, bei den restlichen 70 Prozent treten sie spontan in der Embryonalentwicklung auf. Everolimus fungiert als mTOR-Inhibitor und ersetzt damit die Funktion der Proteine TSC1 und TSC2.

 

Grundlage der EU-Zulassung bei TSC-assoziierter Epilepsie waren die Ergebnisse der Phase-III-Studie EXIST-3. Darin reduzierte Everolimus als Begleittherapie zu Antiepileptika partielle epilep­tische Anfälle im Vergleich zu Placebo signifikant. Die doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie schloss 366 TSC-Patienten im Alter von 2,2 bis 56,3 Jahren ein. Alle Probanden waren bei Studienbeginn auf eine sta­bile Dosis von ein bis drei antiepileptischen Arzneimitteln eingestellt, zeigten aber dennoch persistierend Krampf­anfälle.

 

Es gab zwei Verumgruppen, die Everolimus als adjuvante Therapie erhielten. Sie wurden auf Plasmakonzentrationen von entweder 3 bis 7 ng/ml oder 9 bis 15 ng/ml titriert und gegen eine Placebogruppe getestet. Everolimus reduzierte je nach Plasmaspiegel die Anzahl der fokalen Krampfereignisse signifikant um 29,3 und 39,6 Prozent, Placebo lediglich um 14,9 Prozent. Die Ansprechrate (Reduktion der Krampfanfallinzidenz um mindestens 50 Prozent) war unter Everolimus mit 28,2 Prozent und 40 Prozent signifikant höher als unter Placebo (15,1 Prozent). Damit wurden die primären Endpunkte erreicht.

 

Signifikanter Rückgang

 

Zu den häufigsten Nebenwirkungen aller Grade zählten in den beiden Verumarmen Stomatitis, Diarrhö, Fieber, Nasopharyngitis und Infektionen der oberen Atemwege. »Mit Everolimus nehmen die epileptischen Anfälle signifikant ab, obwohl der mTOR-Inhibitor über einen weniger spezifischen Wirkansatz verfügt als etwa die Antikonvulsiva«, fasste Polster zusammen. Forschungsvorhaben gingen in die Richtung, Everolimus hoch dosiert in frühen Lebensmonaten und -jahren einzusetzen, um dann später auf andere Arzneimittel umzusteigen.

 

Die Zulassung ab dem zweiten Lebens­jahr als Begleittherapie bei TSC-assoziierten epileptischen Anfällen ist bereits die dritte für eine Indikation rund um die TSC. Everolimus besitzt zudem Zulassungen für TSC-Patienten mit subependymalem Riesenzellastrozytom im Hirn oder mit Angiomyo­lipom in der Niere. /

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