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Hirntod

Neurologen sollen Diagnose stellen

Datum 12.03.2014  10:06 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Die Diagnose Hirntod ist in Deutschland Voraussetzung für die Entnahme lebenswichtiger Spenderorgane. Doch wie wird der Hirntod festgestellt und wie sicher ist die Diagnose? Nach Medienberichten zu Fehlern bei der Diagnostik fordern Neurologen nun eine Änderung der Regelungen.

Etwa 400 000 Menschen sterben jährlich in deutschen Krankenhäusern. Die meisten von ihnen kommen nicht als Organspender infrage, da der Herzstillstand bei ihnen vor dem sogenannten Hirntod eintritt. Als Hirntod ist der irreversible Ausfall der gesamten Hirnfunktion definiert. Nur bei etwa 1 Prozent der Verstorbenen tritt dieser ein, bevor das Herz-Kreislauf-System versagt. Ihnen können lebenswichtige Organe entnommen werden.

 

Für die Diagnostik hat die Bundesärztekammer (BÄK) klare Richtlinien formuliert. Demnach ist für die Feststellung des Hirntods das Ausfüllen eines sorgfältig erstellten Protokolls durch zwei in der Intensivmedizin erfahrene Ärzte zu zwei Zeitpunkten erforderlich. Diese Ärzte dürfen nicht dem Transplantationsteam angehören und sie müssen unabhängig voneinander zum selben Ergebnis kommen. In Zukunft sollte mindestens einer von ihnen Neurologe oder Neurochirurg mit praktischer Erfahrung in der Hirntoddiagnostik sein. Das fordern drei Fachgesellschaften in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) und die Deutsche Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin (DGNI) reagieren damit auf aktuelle Berichte zu aufgetretenen Formfehlern bei der Hirntoddiagnostik. Dennoch halten sie diese für »eine der sichersten Diagnosen in der Medizin«.

 

Strenges Protokoll

 

Der Hirntod wird nur diagnostiziert, wenn die Funktionen des Groß- und Kleinhirns sowie des Hirnstamms nachweislich ausgefallen sind und dieser Ausfall unwiderruflich ist. Dazu müssen diverse Voraussetzungen erfüllt sein, informieren die Fachgesellschaften. Unter anderem muss die Ursache der für den Hirntod verantwortlichen primären oder sekundären Hirnschädigung bekannt sein. Primäre Schäden können zum Beispiel durch schwere Verletzungen, intrakranielle Blutung, Hirninfarkt oder Hirntumoren entstehen. Sekundäre Hirnschäden können Folgen von Hypoxie oder schwerer Kreislaufinsuffizienz sein. Für die Diagnose müssen zudem alle Ursachen ausgeschlossen werden, die einen Hirntod vortäuschen könnten. Dazu gehören Intoxikationen, dämpfende Wirkung bestimmter Medikamente, neuromuskuläre Blockade, primäre Hypothermie, Kreislaufschock oder Koma aufgrund einer endokrinen, metabolischen oder entzündlichen Erkrankung.

 

Ausfall der Hirnfunktion

 

Der Ausfall der Hirnfunktion ist anhand von klinischen Symptomen nachzuweisen. Hierfür werden verschiedene Reflexe wie der Schluck-, Schmerz- und Hustenreflex getestet (siehe Kasten). Um die Irreversibilität zu beweisen, müssen diese klinischen Untersuchungen zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden. Bei Erwachsenen ist ein Abstand von 12 Stunden bei primären und 72 Stunden bei sekundären Hirnschäden notwendig. Bei Neugeborenen ist die Untersuchung nach 72, bei Säuglingen und Kleinkindern nach 24 Stunden zu wiederholen. Alternativ können auch ohne Wartezeit apparative Untersuchungen wie Messungen der Hirnströme mittels EEG oder der zerebralen Zirkulation eingesetzt werden. Eine apparative Zusatzdiagnostik ist in Deutschland aber nicht zwingend vorgeschrieben. Unter Experten ist umstritten, ob ihr Einsatz die Sicherheit der Diagnose verbessern würde.

 

DGN, DGNC und DGNI reagieren mit ihrer Stellungnahme auf einen Bericht der »Süddeutschen Zeitung«, demzufolge acht Patienten zwischen Mai 2011 und März 2013 für hirntot erklärt wurden, obwohl die Diagnose nicht gemäß den Richtlinien gestellt worden war. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) hat diese Zahl mittlerweile bestätigt. In zwei Fällen sei es tatsächlich zu einer Organentnahme nach formal fehlerhafter Hirntoddiagnostik gekommen, heißt es in einer Mitteilung der DSO.

 

Formfehler entdeckt

 

In einem Fall habe eines der vier Hirntodprotokolle gefehlt und in dem anderen Fall seien die Untersuchungszeiten nicht korrekt eingehalten worden. Beide Fälle wurden der Staatsanwaltschaft gemeldet. Es wurde zweifelsfrei bestätigt, dass beide Spender vor der Organentnahme hirntot waren.

 

In den weiteren Fällen wurde auf Intervention von DSO-Koordinatoren die Hirntoddiagnostik korrekt wiederholt, bei weiterhin zweifelhafter Diagnose fand keine Organentnahme statt. Der Vorstand der DSO, Dr. Rainer Hess, weist in der Mitteilung darauf hin, dass ein Generalverdacht gegenüber der Hirntoddiagnostik nicht gerechtfertigt sei. Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht, aber Fehler seien ausgesprochen selten. Hess betont, dass die korrekte und sorgfältige Hirntoddiagnostik eine unabdingbare Voraussetzung für ein funktionierendes Transplantationssystem sei. Zudem sei es auch im Interesse der DSO, die Anforderungen an die Qualifikation der Ärzte für die Hirntoddiagnostik zu verschärfen. Dies sei allerdings Aufgabe der Bundesärztekammer, so Hess. Diese überarbeitet derzeit die Richtlinien. Angestrebt ist, diese Arbeiten im Jahresverlauf 2014 abzuschließen, um die Anhörung der Fach- und Verkehrskreise einleiten zu können, teilte die BÄK der PZ auf Nachfrage mit. /

Klinische Symptome des Hirntods

Patient liegt in Koma, Ausfall der Hirnstammreflexe nachgewiesen durch:

 

  • beidseits erloschener Pupillen-Lichtreflex (Pupille verengt sich nicht mehr bei Anleuchten mit einer Taschenlampe)
  • beidseits erloschener Cornealreflex (Lidschlussreflex des Auges)
  • Trigeminus-Schmerzreaktion fehlt (keine Reaktion etwa auf Nadel­stiche in die Nasenscheidewand)
  • fehlender Pharyngeal- und Trachealreflex (Würgereflex bei Berührung des Rachengewebes)
  • okulozephaler Reflex fehlt (Puppenkopf-Phänomen)
     

Ausfall der Spontanatmung (Apnoe-Test). Durch vorübergehendes Abstellen der Beatmung und dadurch verursachten Sauerstoffmangel kann kein reflektorisches Einatmen ausgelöst werden.

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