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Pharmarecht

Unsicherheiten bei Aut idem

16.03.2010  18:30 Uhr

Von Stephanie Schersch, Marburg / Die Substitution im Rahmen der Rabattverträge bringt viele Probleme mit sich. Aus rechtlicher Sicht sind einige Fragen nicht eindeutig geklärt. Die Folgen tragen Apotheker, Ärzte und vor allem die Patienten.

Ärzte und Apotheker können den Austausch eines Arzneimittels gegen ein rabattiertes Präparat in begründeten Fällen ausschließen, so steht es im Gesetz. Professor Henning Blume vom Forschungsinstitut Socra Tec R&D sieht hier jedoch ein Problem in der Umsetzung. »Sowohl der Arzt als auch der Apotheker müssen sich in einem solchen Fall vor Regeressansprüchen fürchten«, sagte er während der Marburger Gespräche zum Pharmarecht.

»Was fehlt, ist eine klare Definition der pharmazeutischen Bedenken, die ein Umgehen der Aut-idem-Reglung eindeutig erlauben.« Im Zweifel würden sich Arzt und Apotheker daher eher für das Rabattarzneimittel entscheiden. »Das Wohl des Patienten steht damit nicht mehr allein im Mittelpunkt«, so Blume. Er forderte eine offene Diskussion über das Thema und einen interdisziplinären Dialog. »Damit entsteht mehr Sicherheit für Fachkreise, die ihre Verantwortung gegenüber dem Patienten dann gestärkt wahrnehmen können.«

 

Auch der Apotheker haftet

 

Auch Herbert Wartensleben, Fachanwalt für Medizinrecht, kritisierte, dass die Sorgfaltspflicht der Heilberufler der Regressgefahr gegenübergestellt wird. »Ein kluger Gesetzgeber sorgt dafür, dass Menschen nicht in Konflikt geraten«, sagte er. Wartensleben beschäftigte sich mit der Frage, wer die Haftung übernimmt, wenn durch die Substitution eines Arzneimittels Pro-bleme entstehen. »Im Prinzip ist das ganz einfach: Haften muss derjenige, der verklagt wird.« Schon eine Teilverantwortung reiche aus, um haftbar zu sein.

 

Daher könnten sowohl Ärzte als auch Apotheker und pharmazeutische Unternehmen in die Pflicht genommen werden. Bei den Ärzten sei die Wahrscheinlichkeit einer Klage jedoch am höchsten. »Sie haben einen Dienstleistungsvertrag mit dem Patienten geschlossen«, sagte Wartensleben. Zudem sei nur der Arzt wirklich in der Lage, im Bereich der Aut-Idem-Regelung das Wohl des Patienten zu beurteilen. Er kenne die Befindlichkeiten seiner Patienten am besten und wisse, ob ein Austausch ein Risiko birgt. »Der Arzt sollte sich also sehr genau überlegen, ob er die Substitution zulässt.«

 

Morton Merx von der Kanzlei Taylor Wessing sprach anschließend über mögliche Patentrechtsverletzungen durch Aut idem. Dem Austausch von Präparaten stehe immer wieder das Problem unterschiedlicher Indikationsbereiche im Weg. »Das ist kein Zufall, sondern Ausdruck der Patentsituation«, sagte Merx. Wenn der Patentschutz eines Arzneimittels ausläuft, dürfen Generikahersteller Nachahmerprodukte auf den Markt bringen. Häufig verfügt der Originalhersteller jedoch noch über Patente auf einzelne Indikationsbereiche. »Die Generikahersteller dürfen ihre Nachahmer dann also nicht auf diese Indikationen auslegen.«

 

Patentrecht schließt Aut idem aus

 

Für den Apotheker ergibt sich damit jedoch ein Problem. Denn was passiert, wenn der Arzt ein Arzneimittel verordnet, die Substitution zulässt, das abgebene Rabattarzneimittel aber nicht für den Anwendungsbereich zugelassen ist, in dem eine Behandlung erfolgen soll? »Wenn der Apotheker weiß, dass das Präparat zur Behandlung einer patentgeschützten Indikation des Originals angewendet wird, darf er nicht austauschen«, sagte Merx. Der Apotheker verletze sonst das Patentrecht, eine Substitution sei in diesem Fall ausgeschlossen.

 

Merx bezog sich mit seinen Ausführungen auf ein Urteil am Oberlandesgericht München, verwies jedoch darauf, dass die Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt sei. Sehr deutlich wandte er sich allerdings gegen die Einschätzung der AOK, die in der Vergangenheit immer wieder die Meinung vertreten hatte, zwei Präparate seien gleichwertig, wenn nur ein Indikationsbereich übereinstimmt. »Diese extensive Auslegung der AOK ist aus patentschutzrechtlicher Sicht nicht haltbar«, betonte Merx. / 

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