Pharmazeutische Zeitung online
Arzneimittelsparpaket

Industrie und Apotheker im Visier

16.03.2010  17:46 Uhr

Von Daniel Rücker / Das Sparpaket der Bundesregierung bekommt Konturen. Bei Arzneimitteln soll kräftig gespart werden. Dabei stehen patentgeschützte im Mittelpunkt. Doch auch Großhandel und Apotheken könnten betroffen sein. Wie immer sind die Reaktionen auf die Vorschläge aus dem Ministerium vielschichtig.

Bislang hatte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler weitere staatliche Interventionen in die Preisgestaltung von Arzneimitteln immer abgelehnt. Strukturen will er verändern, nicht mit kurzfristigen dirigistischen Eingriffen Löcher stopfen. Das hörte sich vernünftig an, doch der öffentliche Druck war einfach zu groß. Angesichts drohender Zusatzbeiträge konnte und wollten sich Rösler und die Bundesregierung nicht vorwerfen lassen, einseitig die Versicherten zu belasten. Seit Anfang vergangener Woche sickerten Röslers Pläne sukzessive durch (siehe dazu Arzneimittelpreise: Ministerium will Hersteller entmachten, PZ 10/2010).

Am vergangenen Mittwoch (10. März) stellte der Minister dann ein Papier aus dem BMG vor, das die meisten schon kannten: Die Pharmaindustrie soll in Zukunft mit den Krankenkassen über Arzneimittelpreise verhandeln. Außerdem soll eine Kosten-Nutzen-Bewertung in zeitlicher Nähe zur Markteinführung stattfinden. Offen ist dabei allerdings, ob erfolgreiche Preisverhandlungen diese Bewertung obsolet machen, ob sie schon vor oder erst nach der Einführung stattfindet. Für alle Varianten gibt es Befürworter und Gegner.

 

Weitere Einsparungen verspricht sich Rösler von einem Preismoratorium und einer Erhöhung des Herstellerrabattes an die Krankenkassen von 6 auf 16 Prozent. Insgesamt sollen diese Pläne die Kassen um rund zwei Milliarden Euro entlasten.

 

Für seine Pläne erhielt Rösler einige Zustimmung, selbst Dauerkonkurrent Markus Söder (CSU) sah darin einen ersten Schritt. Bemerkenswert, dass sich gerade seine eigene Partei damit schwertat. Staatliche Eingriffe in die Preisfindung gehören nicht unbedingt zu den Standardinstrumenten liberaler Wirtschaftspolitik. Die Opposition sieht auch richtige Ansätze in Röslers Plan, bezweifelt aber, dass das von Rösler angepeilte Sparvolumen von zwei Milliarden Euro realistisch ist. SPD-Bundestagsabgeordneter Karl Lauterbach sieht die Krankenkassen in einer schlechten Verhandlungsposition. Solange noch keine Kosten-Nutzen-Analyse vorliege, verfüge allein die Industrie über Daten zu dem Präparat. Diesen Vorteile werde sie nutzen, um ihre Preisvorstellungen durchzusetzen.

 

Ähnlich sieht es Professor Dr. Gerd Glaeske. In einer Podiumsdiskussion während der Interpharm in Frankfurt forderte er deshalb eine Verpflichtung der Industrie zur Kosten-Nutzen-Bewertung schon vor der Zulassung. Nur so seien halbwegs faire Verhandlungen möglich. Auch der Mannheimer Gesundheitsökonom Professor Dr. Eberhard Wille hält eine schnelle erste Klassifizierung neuer Medikamente für notwendig. Eine freie Preisgestaltung sollte allein den Innovationen mit Alleinstellungsmerkmal vorbehalten sein.

 

Die pharmazeutische Industrie reagierte ambivalent. Dass sie an Preisverhandlungen und einer Kosten-Nutzen-Bewertung kaum noch vorbeikommen, wissen die Unternehmen. Hier geht es um die konkrete Ausgestaltung. Solange keine vierte Hürde den Marktzugang hinauszögert – und danach sieht es zurzeit nicht aus –, wird sich die Industrie damit arrangieren. Anders steht es um die Kombination 16 Prozent Herstellerrabatt und Preismoratorium. Die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen, Cornelia Yzer, sagte dazu, die Politik müsse sich entscheiden, ob sie künftig »Wettbewerb oder Planwirtschaft« wolle.

 

Fixzuschlag für Großhandel?

 

Die Krankenkassen sind mit Röslers Plänen einigermaßen zufrieden, sie hätten aber gerne mehr gespart. Deshalb legten sie direkt nach dem Bekanntwerden des BMG-Papiers nach. In einem Interview mit der »Rheinischen Post« drosch die Chefin des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, auf die Apotheken ein. Davon gebe es in Deutschland zu viele, behauptete. Zwar ist ein kausaler Zusammenhang mit dem Interview keinesfalls sicher, ihre Forderungen wurden jedoch erhört. Am Montag (15. März) meldete das »Handelsblatt«, das BMG wolle auch die Apotheken mit rund 400 Millionen Euro zur Kasse bitten. Mit Verweis auf eine Arbeitsvorlage aus dem Ministerium, berichtet die Zeitung, angeblich wolle Rösler das Geld über eine Kürzung der Großhandelsmarge einsammeln. In Zukunft würde dann der Großhandel statt einer prozentualen Spanne eine Pauschale von 70 Cent plus 1,5 Prozent des Herstellerabgabepreises erhalten. Damit sinke die Vergütung des Großhandels von 1,2 Milliarden Euro auf 800 Millionen Euro. Laut »Handelsblatt« erwartet das Ministerium, dass die Großhändler die Kürzung über eine Absenkung der Einkaufsvorteile an die Apotheken weitergeben müssen.  /

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