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Claudia Pechstein

Blutkrankheit statt Blutdoping

16.03.2010  15:08 Uhr

Von Daniela Biermann, Berlin / Hereditäre Sphärozytose: Diese Bluterkrankung sorgte bei der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein für verdächtige Blutwerte. Führende Hämatologen haben Pechstein nun von den Dopingvorwürfen freigesprochen.

Etwa 800 000 Deutsche sind Träger von Mutationen, die die Membran der roten Blutkörperchen destabilisieren. Statt leicht gedellt (bikonkav) sind die Erythrozyten kugelrund (daher der Name Sphärozyten oder Kugelzellen). Die runde Form erschwert die ständigen Passagen durch die Kapillaren. So altern die Erythrozyten schneller und werden von der Milz abgebaut, es kommt zur Hämolyse. In schweren Fällen sind Blutarmut, Gelbsucht und eine vergrößerte Milz Folge der Kugelzellen-Anämie. In leichten Fällen gelingt es jedoch dem blutbildenden System, den Defekt zu kompensieren. Es werden vermehrt neue Zellen, die Retikulozyten, als Vorläufer der roten Blutkörperchen im Knochenmark nachgebildet und ins Blut freigesetzt.

 

Über die vergangenen zehn Jahre wies Pechstein erhöhte Retikulozyten-Werte auf. Daher stand sie unter Verdacht, die Blutbildung mit Erythropoetin angeregt zu haben. Das konnte jedoch in keiner von etwa 200 Blut- und Urinproben bislang direkt nachgewiesen werden. Trotzdem verhängte das internationale Sportgericht CAS eine zweijährige Sperre gegen die Athletin. Mithilfe mehrerer Professoren der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) versucht sie nun zu belegen, dass sie nicht gedopt hat, sondern eine leichte Form der Kugelzellen-Anämie hat. Erst mit einem neuen Zählverfahren konnten Mediziner die Diagnose eindeutig stellen, wie die Hämatologen am Montag in Berlin bekannt gaben.

 

Dr. Andreas Weimann von der Charité Berlin bestimmte dazu das Verhältnis von Kugelzellen zu hämoglobinarmen Erythrozyten. Pechsteins Wert lag zwischen 6 und 7, während er normalerweise selten über 1 liegt. Außerdem bestimmte Weimann das Verhältnis zwischen reifen und unreifen Retikulozyten, was ebenfalls zu einem für die hereditäre Sphärozytose typischen Befund führte. Pechsteins Vater hatte ähnliche abnorme Werte. Ein eindeutiger Beleg für ihre Unschuld sei zudem Pechsteins erhöhter MCHC-Wert (die mittlere korpuskuläre Hämoglobin-Konzentration). Charakteristisch ist dabei, dass die Kugelzellen Wasser verlieren und schrumpfen. Der Hämoglobin-Gehalt in der Zelle bleibt derselbe, doch die Konzentration in der Zelle, die MCHC, ist erhöht; die Zellen sind hyperchrom. Dieser MCHC-Wert ist normalerweise sehr stabil und nur bei wenigen Bluterkrankungen erhöht – zum Beispiel bei der Sphärozytose. Der Gesamt-Hämoglobin-Wert bleibt gleich.

 

Durch das Epo-Doping erhöht sich jedoch normalerweise der Hämoglobin-Spiegel. »Das ist das Ziel von Doping«, erklärte Professor Dr. Wolfgang Jelkmann, Direktor des Instituts für Physiologie der medizinischen Universität Lübeck. Bei der Eisschnellläuferin lagen jedoch immer normale Hämoglobin-Werte vor. »Wenn Frau Pechstein hätte dopen wollen, wäre es ihr nicht gelungen«, stimmte Professor Dr. Winfried Gassmann zu, der Chefarzt der Klinik für Hämatologie und internistische Onkologie am St. Marienkrankenhaus in Siegen ist. »Medizinisch können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass Frau Pechstein nicht gedopt hat«, schloss Professor Dr. Gerhard Ehninger, geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Direktor der medizinischen Klinik und Poliklinik I der Uni Dresden. Er forderte, Pechstein zu rehabilitieren. /

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