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Gesundheitssystem

China will von Deutschland lernen

09.03.2010  16:51 Uhr

Von Martina Janning, Berlin / China will sein Gesundheitssystem grundlegend reformieren. Die Erfahrungen in Deutschland sollen dabei helfen. Deshalb hat ein Institut des chinesischen Gesundheitsministeriums eine Kooperation mit dem Berliner IGES-Institut vereinbart. Ein Hauptthema der Zusammenarbeit: die Arzneimittelversorgung in China.

China baut ein Gesundheitssystem auf und will sich dabei vom deutschen IGES-Institut unterstützen lassen. Deshalb unterzeichneten das gesundheitswissenschaftliche Institut aus Berlin und das China Health Economics Institute (CHEI) aus Peking, eine Agentur des chinesischen Gesundheitsministeriums, vorige Woche eine Kooperationsvereinbarung.

 

Arzneimittel in China Mangelware

 

Die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung soll sich vor allem auf zwei Punkte erstrecken: den Aufbau einer Krankenversicherung für alle Chinesen und die Regulierung der Arzneimittelversorgung.

Derzeit sehen sich chinesische Kranken­häuser mit enormen Steigerungen ihrer Ausgaben konfrontiert, die vor allem durch hohe Kosten für Medikamente entstehen. »Arzneimittel sind in China erstens Mangel­ware und zweitens überteuert«, sagte der Vorsitzende der IGES-Geschäftsführung, Professor Dr. Bertram Häussler. Außerdem verkauften Kliniken Arzneimittel, um sich zu finanzieren, berichtete er: »Das ist aus unserer Sicht ein unangemessener Anreiz.« Es gehe in China darum, Arzneimittel zu bezahlbaren Preisen bereitzustellen. Dazu schlägt das IGES unter anderem vor, den Gebrauch von Generika anzukurbeln und Nachahmer-Präparate zum »Motor der Arzneimittelversorgung« zu machen. »Wir werden hingegen nicht empfehlen, das deutsche Festbetragssystem bei Arznei­mitteln eins zu eins in China anzuwenden«, sagte Häussler.

 

Reform gegen die Folgen der Krise

 

Die chinesische Regierung hat Anfang April 2009 beschlossen, den größten Umbau des Gesundheitswesens in Angriff zu nehmen. Dieser Zeitpunkt war kein Zufall. Die Reform solle dem Land helfen, die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise zu meistern und China weniger abhängig von Exporten zu machen, erläuterte CHEI-Direktor Professor Zhenzhong Zhang.

 

»Das zentrale Ziel ist, eine Gesundheitsversorgung für alle 1,3 Milliarden Chinesen zu schaffen«, sagte er. Derzeit gibt es enorme Unterschiede zwischen der Situation auf dem Land und in den Städten. Zhenzhong Zhang kündigte eine Basisversorgung für die gesamte chinesische Bevölkerung bis zum Jahr 2020 an. Jeder Chinese soll Zugang zu einer Krankenversicherung erhalten. »Dafür muss das System der Krankenversicherung ganz neu aufgebaut werden«, berichtete er. Bis zum Jahr 2015 wird die Versicherung seiner Ansicht nach ein Niveau erreicht haben, das dem von Entwicklungsländern in der ersten und zweiten Reihe entspricht.

 

Regierung investiert Milliarden

 

Die chinesische Regierung will in den kommenden Jahren viel Geld investieren. Von 2009 bis 2011 sollen rund 850 Milliarden Renminbi Yuan, das sind etwa 95 Milliarden Euro, in die umfassende Reform des Gesundheitswesens fließen.

»Auch in Deutschland gab es Investitionsphasen wie China sie jetzt hat«, sagte Häussler und zeigte weitere Ähnlichkeiten auf. Nach der ersten Phase in den 1970er-Jahren habe die deutsche Bevölkerung ein großes Bedürfnis »nach Aufrüstung des Sozialwesens« gehabt.

 

Dies ist ein bekannter Reflex: Mit wachsendem Wohlstand steigt die Nachfrage nach sozialer Absicherung und schafft entsprechende Angebote, nicht zuletzt im Gesundheitswesen.

 

Dadurch wiederum ergibt sich die Notwendigkeit von Kostendämpfung und Regulierung. Die deutschen Erfahrungen damit wolle das IGES in die gemeinsame Arbeit mit dem CHEI einbringen, erläuterte Häussler. Immerhin ist Deutschland so erfolgreich beim Kostendämpfen und Steuern, dass es im OECD-Vergleich die geringsten Steigerungsraten bei den Gesundheitsausgaben hat. Zhenzhong Zhang sprach insbesondere das System der Fallpauschalen in Krankenhäusern an. Hier habe Deutschland gute Arbeit geleistet, sagte er. Auch der IGES-Kooperationspartner Professor Dr. Bert Rürup sieht Parallelen zwischen China und Deutschland. Beide Länder setzten auf ein stark exportorientiertes Wirtschaftswachstum. Die globale Finanzkrise und die anschließende Rezession hätten jedoch die Probleme dieser exportgetriebenen Strategie gezeigt. »Wichtig ist es, auf zwei Beinen zu stehen: auf Export und auf einer starken Binnennachfrage«, sagte der ehemalige Wirtschaftsweise. Seiner Ansicht nach hat China den richtigen Zeitpunkt gewählt, um die sozialen Sicherungssysteme und vor allem das Gesundheitssystem auszubauen.

 

»Neben einer Verbesserung der medizinischen Versorgung stärkt dies die binnenwirtschaftlichen Wachstumskräfte. Zudem sind starke Sozialsysteme Airbags gegen wirtschaftliche Krisen«, sagte Rürup. Einen Unterschied zwischen den beiden Ländern hob der Ökonom jedoch hervor: »Deutschland ist reich geworden, bevor es altert. China könnte altern, bevor es reich wird.«

 

Universelle Versorgung

 

Rürup empfiehlt China, kein segmentiertes Gesundheitssystem wie in Deutschland aufzubauen. Die Versorgung sollte vielmehr universell angelegt sein und eine breite Finanzbasis haben, die nicht nur auf Erwerbseinkommen fußt. Das deutsche Gesundheitswesen stehe jedoch keineswegs vor dem Kollaps, betonte Rürup. Im Ausland gelte es vielmehr als Blaupause. /

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