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Zytostatikum hilft bei kindlicher Vergreisung

Datum 06.03.2006  10:12 Uhr

Progerie

<typohead type="3">Zytostatikum hilft bei kindlicher Vergreisung

von Helga Anton-Beitz, Tübingen

 

Das Hutchinson-Gilford-Progerie-Syndrom (HGPS), das dreijährige Kinder zu Greisen werden und im Schulkindalter an Atherosklerose sterben lässt, ist bislang nicht therapierbar. Nachdem im Jahr 2003 die Ursache für HGPS entdeckt wurde (<link fileadmin pza medizin1.htm>PZ 18/03), ist es nun gelungen, die Krankheitssymptome im Tierversuch durch Gabe eines Farnesyltransferase-Inhibitors deutlich zu bessern.

 

Progerie , wörtlich: »frühes Alter«, ist eine sehr seltene Erbkrankheit, die ein vorzeitiges, überschnelles Altern verursacht. Die Besonderheit wurde erstmals 1886 von Jonathan Hutchinson und Hastings Gilford beschrieben. Auffälligstes Merkmal ist eine vorzeitige Vergreisung der betroffenen Kinder. Dabei verläuft das erste Lebensjahr von HGPS-Patienten relativ normal. Dann aber beginnen sie, die typischen Symptome zu entwickeln. Sie wachsen schlecht, die Haare fallen aus, die Haut wird dünn und verliert ihre Fettdepots. Mit drei Jahren zeigen die Kinder das klinische Vollbild von HGPS, das auch Osteoporose und Atherosklerose umfasst. Letztere ist besonders schwerwiegend, da sie zum frühen Tod der Erkrankten führt. Die Lebenserwartung liegt bei 13 Jahren, weltweit leben etwa 40 Kinder mit diagnostizierter HGPS.

 

Die Ursache für das Syndrom ist eine Punktmutation im dem Gen, welches das Protein Lamin A codiert. Lamin A wird in gesunden Zellen als Vorstufe Prälamin A synthetisiert, an die enzymatisch ein Farnesylrest angehängt wird. Dieser dirigiert Prälamin A zur Kernmembran, wo ein weiteres Enzym ein Stück des Proteins zusammen mit dem nicht mehr benötigten Farnesylrest abspaltet. Es entsteht Lamin A, ein Strukturprotein, das für die Integrität der Kernmembran benötigt wird. Die Punktmutation führt zum Verlust der Schnittstelle im Protein. Farnesyliertes Prälamin A häuft sich infolgedessen an der Kernmembran an und stört ihre Struktur. Die Kerne der Zellen deformieren und man vermutet, dass die Zelle dadurch ihre Regenerationsfähigkeit verliert und der Organismus frühzeitig altert.

 

Erste Erfolge im Tiermodell

 

In der Krebstherapie werden seit kurzem Farnesyltransferase-Inhibitoren eingesetzt. Die Idee lag nahe, diese Inhibitoren auch im Hinblick auf das HGPS-Syndrom zu untersuchen. Bereits 2005  konnten Wissenschaftler in Zellkulturen von HGPS-Patienten zeigen, dass Farnesyltranferase-Inhibitoren tatsächlich sowohl die Anhäufung farnesylierten Prälamin A an der Kernmembran als auch die Deformation des Zellkerns verhinderten. Das Team um Dr. Loren G. Fong,   University of California, Los Angeles, ist nun einen Schritt weitergekommen. Die Forscher haben die Wirksamkeit eines Farnesyltransferase-Inhibitors in  speziellen Knock-out-Mäusen nachgewiesen, die als Tiermodell für HGPS gelten. Dieser Stamm besitzt zwar kein mutiertes Gen für Prälamin A, ihm fehlt jedoch das spaltende Enzym. An der Kernmembran seiner Zellen häuft sich also ebenfalls farnesyliertes Prälamin A an. Die Mäuse weisen Minderwuchs auf und leben im Gegensatz zum Wildtyp-Stamm, der mindestens zwei Jahre alt wird, nur vier bis acht Monate. Im Alter von drei Monaten entwickeln sie Osteoporose, die sich in multiplen Rippenbrüchen manifestiert. Der Farnesyltransferase-Inhibitor wurde dem Trinkwasser dieser Knock-out-Mäuse ab einem Alter von fünf Wochen zugemischt. Die Wissenschaftler beobachteten eine Verlängerung der Lebenszeit und eine gebremste Gewichtsabnahme. Nach 20 Wochen lebten noch 12 von 13 behandelten Tieren, im Gegensatz zu acht von 14 unbehandelten Knock-out-Mäusen. Die Gabe des Inhibitors verlangsamte auch das Fortschreiten der  Osteoporose. Im Alter von 20 Wochen wiesen die behandelten Mäuse im Schnitt zwei Rippenbrüche auf, unbehandelte Knock-out Mäuse dagegen 14.

 

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen einen möglichen Therapieansatz für HGPS auf, auch wenn sie noch vorläufiger Natur sind. Weitere Versuche, vor allem an Tiermodellen, die auch kardiovaskuläre Symptome entwickeln, sind nötig. Farnesyltransferase-Inhibitoren zeigen eine gute Verträglichkeit in der Krebstherapie, über das mögliche Risiko einer Langzeittherapie, wie sie beim HGPS nötig wäre, ist allerdings noch wenig bekannt.

Quellen

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Fong L. G., Frost D., Meta M., Qiao X., Yang S. H., Coffinier C., Young S. G. A Protein Farnesyltransferase Inhibitor Ameliorates Disease in a Mouse Model of Progeria. Sciencexpress online Vorab-Veröffentlichung vom 16. Februar 2006, DOI: 10.1126/science.1124875

Travis J., Mouse Study Suggests Cancer Drugs Could Help Prematurely Aging Kids. Science 311, 934-935 (2006)

 

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