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Wechselwirkungen

Neue Möglichkeit zu ihrer Erforschung

26.02.2013  13:36 Uhr

Von Maria Pues / Pharmakologen des Universitätsklinikums Heidelberg haben einen wichtigen Fortschritt für die Verbesserung der Arzneimittelsicherheit erzielt. In einer Studie konnten sie erstmals zeigen, dass sich Wechselwirkungen von Medikamenten schon mithilfe von Dosen im Nanogramm-Bereich nachweisen lassen.

Um zu beobachten, wie Wirkstoffe über das Cytochrom-P450-System der Leber interagieren, muss man sie nicht in therapeutischen Dosen verabreichen. Auch in Mengen, die 30 000-fach darunter liegen, verhält sich das Benzodiazepin Midazolam gegenüber dem Antimykotikum Ketoconazol nicht anders als in höheren Konzentrationen.

Dies konnte das Team um Professor Dr. Walter E. Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie an der Uniklinik Heidelberg, zeigen. Ketocon-azol hemmt das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP3A, wodurch dessen Substrat Midazolam verlangsamt abgebaut wird. In therapeutischen Dosen kann es dabei zu den Symptomen einer Überdosierung kommen.

 

Studie mit Mini-Dosen

 

Die Wissenschaftler haben in ihrer Untersuchung zwölf freiwilligen Probanden Midazolam in Dosierungen von 0,0001 mg bis zu 3 mg verabreicht und zu bestimmten Zeitpunkten Proben in Form eines kleinen Blutstropfens entnommen. Dann ermittelten sie, in welchem Ausmaß Ketoconazol auf den Midazolam-Metabolismus Einfluss nahm. Die Messungen erfolgten mittels eines Massenspektrometers. Ergebnis: Über den gesamten Bereich bis hinunter in den Nanogrammbereich konnte ein lineares Verhalten von Midazolam festgestellt werden – bis zu einer »Substanzmenge, die beim Menschen sicher unwirksam ist«, so Haefeli im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung. Die Studie wurde in der Zeitschrift »Clinical Pharmacology & Therapeutics« (doi: 10.1038/clpt.2013) veröffentlicht. Sie könnte Folgen haben – nicht nur, weil über CYP3A etwa die Hälfte aller Arzneistoffe metabolisiert wird.

 

Es mache den Charme dieser Studie aus, dass man nun mit Minimalmengen der Testsubstanz Midazolam auch die Enzymaktivität von CYP3A bei ganz unterschiedlichen Patientengruppen bestimmen könne, ohne dass es zu Wirkungen oder gar Nebenwirkungen kommt, erläuterte Haefeli. Das erlaubt Hinweise für Dosisanpassungen von Arzneistoffen, die über dieses Enzym metabolisiert werden. So wisse man bisher zum Beispiel bei extremen Frühchen noch sehr wenig über die Funktionsfähigkeit der Leber und deren Veränderungen in den ersten Lebenstagen. Auch Hochbetagte, die häufig eine Vielzahl von Medikamenten benötigten, könnten von den zukünftigen Untersuchungen profitieren. Bei dieser Patientengruppe ist die Gefahr von Wechselwirkungen häufig besonders groß und die Zahl brauchbarer Studien gleichzeitig besonders klein. Auch Patienten, die wie Krebspatienten ihre Arzneimittel in Zyklen erhielten, gehören zu den möglichen Zielgruppen. Bei ihnen könne man nun ermitteln, wie sich die einzelnen Behandlungszyklen auf den Metabolismus anderer Substanzen auswirkten, die über CYP3A verstoffwechselt werden, und gegebenenfalls Dosisanpassungen vornehmen, erläuterte Haefeli.

 

Problemfall Leberinsuffizienz

 

Dosisanpassungen bei Leberinsuffizienz im Allgemeinen stellen ein weiteres Problem dar, für das Ärzte und Apotheker sich eine handliche Lösung wünschen. Diese werde auch wohl weiterhin auf sich warten lassen müssen, da die Leber ein höchst komplexes Organ mit zahlreichen Funktionen darstelle, die sich im Gegensatz zur Niere, nicht in einem einzigen Marker zusammenfassen lassen, sagte Haefeli. Üblicherweise werden Funktionsstörungen der Leber anhand eines Punktesystems, der Child-Pugh-Classification, in A (mild), B (moderat) und C (schwerwiegend) eingeteilt. Allerdings sage diese wenig über die Funktionsfähigkeit einzelner Enzyme aus, sagte Haefeli. So funktioniere CYP3A auch bei milder Leberfunktionsstörung wie bei einem Gesunden; offenbar besitze die Leber hier Reserven. Die Aktivitäten anderer Enzyme wie CYP1A2 vermindern sich hingegen bereits früh.

 

Neben der Überprüfung des Verfahrens am Patienten stehen nun die Testung von Wechselwirkungen weiterer Wirkstoffe sowie die Erforschung weiterer Enzyme auf dem Programm. /

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