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Siltuximab und Daratumumab

Neue Therapien beim Myelom in Sicht

18.02.2014  15:52 Uhr

Von Maria Pues, Frankfurt am Main / Mit den monoklonalen Antikörpern Siltuximab und Daratumumab stehen zwei potenzielle Wirkstoffe bei hämatologischen Erkrankungen in den Startlöchern. Erste Studienergebnisse lassen hoffen.

»Siltuximab wurde in einer – der bisher einzigen randomisierten – Studie zur Anwendung bei der seltenen Erkrankung Morbus Castleman getestet«, berichtete Professor Dr. Hartmut Goldschmidt vom Universitätsklinikum Heidelberg auf einer von Janssen-Cilag unterstützten Veranstaltung (siehe Kasten). Der chimärische monoklonale Antikörper bindet spezifisch und mit hoher Affinität an humanes Interleukin-6 (IL-6) und verhindert so dessen Bindung an den Rezeptor.

 

Ein Drittel spricht auf Therapie an

An der Untersuchung nahmen 79 vorbehandelte oder therapienaive Patienten mit negativem HIV- und HHV-8-Testergebnis teil, die doppelblind im Verhältnis 1:2 in eine Placebo- oder Verumgruppe randomisiert wurden. Studienendpunkte waren dauerhaftes Ansprechen, Zeit bis zum Therapieversagen und die Verbesserung der Symptome sowie die Verträglichkeit. Während in der Placebogruppe kein Ansprechen festgestellt werden konnte, lag dieses in der Verumgruppe bei 34 Prozent. Die mittlere Zeit bis zum Therapieversagen lag in der Placebogruppe bei 134 Tagen; in der Verumgruppe wurde diese auch im Beob­achtungszeitraum von mehr als 1000 Tagen nicht erreicht. Art und Intensität der Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen etwa gleich ausgeprägt. Therapieabbrüche kamen in der Placebogruppe mit 39 Prozent gegenüber 23 Prozent in der Verumgruppe deutlich häufiger vor. Bei den vermeintlichen Nebenwirkungen handelte es sich vor allem um die Progression der Erkrankung.

 

Neues Prinzip beim Multiplen Myelom

 

Eine neue Ära in der Behandlung des Multiplen Myelom erwartet Goldschmidt vom CD-38-Antikörper Daratumumab, »da es sich um ein ganz neues Therapieprinzip handelt«. Auf einer Myelomzelle finde man eine ganze Reihe antigener Strukturen, erläuterte er. Allerdings eigneten sich die wenigsten als Zielstruktur für die Wirkstoffentwicklung: Entweder würden sie nicht in ausreichendem Maße exprimiert oder befänden sich auch auf anderen Organen, was eine Toxi­zität an unerwünschter Stelle zur Folge hätte.

 

In einer Phase-I/II-Dosis-Eskala­tionsstudie mit Daratumumab in der Monotherapie haben sich Dosierungen von 8 und 16 mg pro Kilogramm Körpergewicht als wirksam erwiesen, informierte Goldschmidt. Diese Dosierung wurde in einer einarmigen Fortsetzung der Studie Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplem Myelom verabreicht, die mindestens zwei vorangegangene Therapien erhalten haben mussten. Die Probanden bekamen dabei über acht Wochen eine wöchentliche und anschließend bis zu 24 Wochen lang im Zwei-Wochen-Rhythmus eine entsprechende Infusion. Acht von zwölf Patienten sprachen auf die Behandlung an. Als häufigste unerwünschte Wirkungen traten infusionsbezogene Nebenwirkungen auf. Zu den schweren Nebenwirkungen zählten Anämie, Thrombozytopenie und Bronchospasmus.

 

In einer weiteren Dosis-Eskala­tions-Studie wurde Daratumumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason in den Dosierungen 2, 4, 8 und 16 mg pro Kilogramm Körpergewicht bis zum Krankheitsprogress, nicht beherrschbarer Toxizität oder einem Maximum von 24 Monaten getestet. Bei allen Patienten ließ sich ein deutlicher Abfall des sogenannten Paraproteins feststellen. Als häufigste unerwünschte Wirkungen traten Neutropien und muskuloskeletale Beschwerden auf, die zumeist mit Lenalidomid und Dexamethason assoziiert waren.

 

Zum Hintergrund: Beim Multiplen Myelom (Plasmozytom, monoklonale Gammopathie) kommt es zu einer von einem Zellklon ausgehenden Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark. Diese wiederum bilden pathologische Immunglobuline ohne Antikörperfunktion (Paraproteine, monoklonale (M-)Proteine). Jährlich erkranken in Deutschland etwa 3000 Männer und 2700 Frauen neu daran. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Männern bei 71 und bei Frauen bei 73 Jahren. Als häufige Symptome bei Diagnosestellung nennt die Leitlinie Multiples Myelom Knochenschmerzen (60 Prozent), Fatigue (40 Prozent), Gewichtsverlust (25 Prozent) und eine erhöhte Infektneigung (10 bis 20 Prozent).

 

Beide Substanzen – Siltuximab und Daratumumab – lassen sich möglicherweise auch bei anderen hämatologischen Erkrankungen einsetzen, resümierte Goldschmidt: Siltuximab als Hemmstoff des Tumor-Wachstumssignals IL-6 in frühen Phasen der jeweiligen Erkrankung, Daratumumab als zytotoxischer CD-38-Antikörper in späteren Phasen. Bis zum Zulassungs­antrag sind noch weitere Studien erforderlich. /

Morbus Castleman

Als zentrale Schaltstelle wird eine Fehlregulation des Zytokins IL-6, was unter anderem auch die Bildung von Myelomzellen fördert, angenommen. Diese steigert die B-Zell-Proliferation erheblich, was wiederum zu stark vergrößerten Lymphknoten führt. Die genauen Pathomechanismen der seltenen Erkrankung sind derzeit noch ungeklärt. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten. Obwohl die Zahl der Betroffenen klein ist, lassen sich Subgruppen unterscheiden. Gut behandelbar ist die lokalisierte, unizentrische Form. Bei dieser ist ein Bereich oder eine Gruppe von Lymphknoten betroffenen, die sich meist gut operativ entfernen lassen, was in den meisten Fällen zur Heilung führt. Während die Hälfte der Patienten mit lokalisiertem Morbus Castleman keinerlei Beschwerden hat, leiden die Patienten mit multizentrischem Morbus Castleman meist unter einem starken Krankheitsgefühl mit zahlreichen Symptomen: Häufig treten unter anderem Fieber und Gewichtsverlust, Lymphknotenschwellungen und Hautveränderungen auf. Zudem kann sich die Erkrankung auf weitere Organe wie Leber oder Milz ausweiten oder zu Nervenschädigungen mit Taubheits- und Schwächegefühlen führen. Als potenziell tödliche Komplikationen können maligne Lymphome oder ein Kaposi-Sarkom auftreten. Zurzeit liegt der Behandlungsschwerpunkt auf einer Reduzierung der Masse der Lymphknoten sowie auf dem Versuch, durch eine Behandlungskombination mit unter anderem Corticosteroiden, Chemotherapie und Immuntherapie eine Remis­sion der Erkrankung zu erzielen.

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