Pharmazeutische Zeitung online
Gespräche mit Alkoholabhängigen

Nicht leugnen, nicht beschönigen

20.02.2012  11:37 Uhr

Von Michael van den Heuvel / Es erfordert viel Fingerspitzen­gefühl, Kunden mit Alkoholabhängigkeit in der Apotheke anzusprechen. Über Beratungsmöglichkeiten und Hilfsange­bote sprach die PZ mit Cynthia Milz. Die Apothekerin mit langjähriger Beratungspraxis ist Sprecherin des Wissenschaft­lichen Instituts für Prävention im Gesundheitswesen (WIPIG), München.

PZ: Wie erkennen Apotheker Kunden mit kritischem Alkoholkonsum?

 

Milz: Das ist nicht einfach. Zum Krankheitsbild gehört ja gerade das Kaschieren der Erkrankung, vor der Umwelt und auch vor sich selbst. Ein Klassiker ist zum Beispiel der Wunsch nach Melissengeist. Manche Kunden schildern Symptome einer Neuropathie, sind aber nicht an Diabetes erkrankt. Viele Alkoholkranke haben sehr gut gelernt, ihre Außenkontakte in nüchterne Phasen zu legen. Ein sogenannter Pegeltrinker kann völlig unauffällig erscheinen. Andere erscheinen in schlimmen Phasen gar nicht erst in der Apotheke.

 

PZ: Wie kann man Patienten auf ihre Sucht ansprechen, ohne zu verletzen und Abwehr zu provozieren?

Milz: Man sollte sich keine Illusionen machen, ein kurzer Dialog mit dem Apotheker könne Alkoholkranke zur Therapie bewegen. Wichtig ist es, im Beratungsgespräch darauf hinzuweisen, dass sich die Medikamente, die gerade abgegeben werden, nicht mit Alkohol vertragen. Es kann sich auch lohnen, leberschädigende Nebenwirkungen zu thematisieren. Dass Kollegen dann eine ehrliche Antwort bekommen, ist aber eher unwahrscheinlich.

 

PZ: Ist das nicht frustrierend?

 

Milz: Betroffene sprechen leider nur ganz selten offen über ihren Alkoholkonsum. Dann sind sie sich schon bewusst, dass dies ungesund ist. Hier können Apotheker ansetzen und über Langzeitschäden aufklären, vor allem aber den Patienten darin bestärken, etwas zu unternehmen. Am besten gleich anbieten, telefonisch einen Termin beim Hausarzt zu machen. Also weg vom unbestimmten »ich müsste mal . . .« hin zum konkreten Handeln. Hier gilt: Machen Sie das Angebot, ­gehen muss der Patient den Weg alleine. Vorsicht vor dem eigenen Helfersyndrom!

 

PZ: Was ist in der Kommunikation mit Abhängigen und ihren Angehörigen zu beachten?

 

Milz: Erst einmal muss jeder für sich selbst seinen Standpunkt definieren. Dabei gilt: Der kritische Alkoholkonsum ist eine Krankheit, die Betroffenen sind ernst zu nehmen. Klare Aussagen sind besonders wichtig: die Sucht nicht ignorieren, nicht leugnen, nicht beschönigen oder verharmlosen. Klar, aber sachlich-freundlich Position beziehen. Das kann man den Angehörigen auch empfehlen.

 

Was man der Familie vermitteln sollte: Wenn beim Patienten selbst die Bereitschaft fehlt, etwas zu tun, stehen die Chancen schlecht. Angehörige rutschen schnell in die Co-Abhängigkeit, Unterstützung finden sie bei eigenen Selbsthilfegruppen.

 

PZ: Ist eine langfristige Unterstützung durch die Apotheke möglich?

 

Milz: Der Apotheker kann die Compliance bei einer Arzneimitteltherapie, zum Beispiel mit Anti-Craving-Sub­stanzen, verbessern, indem er den Patienten genau über die Wirkweise der Substanzen aufklärt. Man kann Alternativen zu alkoholhaltigen Arzneimitteln anbieten und im Beratungsgespräch auf leberschädigende Nebenwirkungen hinweisen. Wenn der Patient einverstanden ist, sollte in der Kundendatei ein Vermerk hinterlegt werden. Wer das Selbstmanagement des Patienten unterstützt, leistet ebenfalls einen Beitrag. Definitiv ist es aber die Aufgabe des Patienten, die mit Ärzten oder Therapeuten besprochenen Ziele einzuhalten. Ein möglicher Rückfall gehört zum Krankheitsbild; darüber gilt es sachlich aufzuklären, ohne zu beschönigen oder zu verharmlosen. /

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