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OLG Stuttgart

Vitalsana verstößt gegen deutsches Recht

Datum 22.02.2011  16:31 Uhr

Von Daniel Rücker / Schleckers Versandapotheke Vitalsana steht vor dem Aus. Nach einem aktuellen Urteil des Oberlandgerichts (OLG) Stuttgart hat sie keine deutsche Betriebserlaubnis und muss deshalb geschlossen werden. Damit widersprechen die Stuttgarter Richter denen am Landgereicht Ulm, die keine Bedenken gegen die Konstruktion hatten. Vitalsana ist in den Niederlanden angesiedelt.

Die Niederlande stehen auf der Liste der Länder mit vergleichbaren Apothekensystemen des Bundesgesundheitsministeriums. Deshalb dürfen niederländische Apotheken Arzneimittel nach Deutschland versenden. Das OLG sieht in der vom Ehinger Drogeriekonzern ins Leben gerufenen Versandapotheke Vitalsana dennoch einen Verstoß gegen deutsches Apothekenrecht. Die Versandapotheke habe zahlreiche pharmazeutische Tätigkeiten nach Deutschland verlagert. So müssen die Kunden ihre Medikamente in Schlecker-Filialen bestellen und später abholen. Zudem laufen Retouren über Deutschland, ebenso die Bestellung der Arzneimittel. Auch die telefonische Beratung der Kunden erfolgt zumindest teilweise über ein Callcenter in Kornwestheim.

 

Persönliche Leitung des Betriebs

 

Erschwerend kommt hinzu, dass der niederländische Erlaubnisinhaber die Verantwortung für den Apothekenbetrieb auch tatsächlich ausüben müsse und nicht an Dritte oder von Dritten vermittelte Apothekenleiter weitergeben dürfe. Auch vertraglich geregelte Einwirkungsmöglichkeiten seien kein gleichwertiger Ersatz für die persönliche Leitung. Das OLG sieht keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des Versandhandels pharmazeutische Tätigkeiten aus der Apothekenerlaubnispflicht habe herausnehmen wollen, also die Möglichkeit habe schaffen wollen, bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten auch ohne Apothekenbetriebserlaubnis zu erbringen. Ohnehin hätten die Regelungen im Apothekengesetz den Zweck, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. Deshalb müssten sie für Präsenz- und Versandapotheken gleichermaßen gelten.

Klar äußern sich die Stuttgarter Richter darüber, ob deutsches Recht auch für ausländische Versandapotheken gilt. Wenn sie Arzneimittel nach Deutschland liefern, dann eindeutig ja. In der Urteils­begründung heißt es: »Ausländische Versandapotheken unterliegen den deut­schen patientenschützenden Vorschrif­ten des öffentlichen Rechts.« Dabei gehe es nicht darum, deutsches Recht in die Niederlande zu exportieren, son­dern deutsches Marktrecht gegenüber aus den Niederlanden operierenden Unternehmen durchzusetzen.

 

Es nützt Vitalsana auch nichts, dass die Versandapotheke in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Anwendung des niederländischen Rechts angibt. Wür­den die deutschen Regelungen nicht für ausländische Unternehmen gelten, dann würden dadurch nicht nur Inländer diskriminiert, sondern auch das »übergeordnete Schutzziel der Versorgungssicherheit gefährdet«. Angesichts der Wachstumsraten im Versandhandel müsse hier konsequent den Anfängen gewehrt werden. Ausdrücklich nennen die Richter auch das Arzneimittelpreisrecht als eine auf ausländische Versandapotheken anzuwendende Vorschrift. In dieser Frage wird der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe in diesem Jahr eine Entscheidung treffen, die erheblichen Einfluss auf das Geschäftsmodell ausländischer Versender haben wird.

 

Ein Recht auf Beratung

 

Die Wettbewerbszentrale als Klägerin gegen Vitalsana begrüßt das Urteil. Es schaffe Klarheit, dass das Betreiben wesentlicher apothekentypischer Geschäftsverläufe und Handlungen nicht nur für in Deutschland ansässige Apotheker erlaubnispflichtig ist, sondern auch für pro forma im benachbarten Ausland angesiedelte Versandapotheken, deren wesentliche Tätigkeiten aber von Deutschland aus er­folgten.

 

Die Wettbewerbszentrale konnte sich auch in einem zweiten Punkt durchsetzen. Das OLG Stuttgart untersagte es Vitalsana, ihre Kunden ausschließlich über eine gebührenpflichtige Hotline zu beraten. Dies sei sowohl nach Apothekenbetriebsordnung als auch wettbewerbsrechtlich unlauter. Mit der Einführung habe der Gesetzgeber zwar die Pflicht zur persönlichen Beratung beim Versandhandel von Arzneimitteln eingeschränkt, das bedeute jedoch nicht, dass diese generell entfalle. Die Versandapotheke müsse die Beratung zwar nicht aktiv anbieten. Das Recht des Patienten, beraten zu werden, bleibe aber bestehen. Wenn er jedoch dafür bezahlen müsse, dann bestehe die Gefahr, dass er auf die Beratung verzichte. Eine solche Hürde dürfe Vitalsana nicht aufbauen.

 

Schließlich kommt das OLG auch zu dem Urteil, dass die Werbung von Vitalsana irreführend sei. Hier werde der unzutreffende Eindruck vermittelt, Schlecker werde Vertragspartner. Es fehle ein ausreichend deutlicher Hinweis darauf, dass das Angebot von einer niederländischen Versandapotheke stamme. Für die Kaufentscheidung des Verbrauchers sei es wichtig, in welchem Land der Vertragspartner seinen Sitz habe. Viele Menschen wollten wegen Medienberichten über gefälschte Arzneimittel oder Schwierigkeiten bei der Abrechnung mit ausländischen Versandapotheken keine Medikamente im Ausland bestellen.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG hat eine Revision zugelassen. Nach Angaben der von Vitalsana beauftragten PR-Agentur komm.passion prüft man derzeit, geeignete Rechtsmittel einzulegen. /

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