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Arzneimittelpreise

Industrie, Kassen und Politik finden noch nicht zueinander

23.02.2010  17:20 Uhr

Von Daniel Rücker / Die Krankenkassen sollen in Zukunft weniger Geld für Arzneimittel ausgeben müssen. Wie dies erreicht werden soll, ist offen. Die Vorschläge von pharmazeutischer Industrie und Krankenkassen haben Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nicht wirklich beeindruckt.

Der Bundesgesundheitsminister hat in den vergangenen beiden Woche viele Gespräche über Arzneimittel geführt. Er kennt nun die Vorschläge der vier großen Pharmaverbände ebenso wie die der Krankenkassen. Wirklich gefallen haben sie ihm aber nicht. Die Vorschläge der Pharmaverbände lassen nur bedingt Sparpotenzial erkennen, das Konzept der Krankenkassen ist ein Sparprogramm alter Schule. Rösler gefällt beides nicht wirklich.

In den nächsten Wochen will er sein Konzept vorlegen. Es wird zwei Säulen haben. Zum einen wünscht sich der Minister Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern, zum anderen soll die Kosten-Nutzen-Bewertung eine wichtige Rolle spielen. Die Preise für innovative Arzneimittel seien in Deutschland besonders hoch, kritisierte Rösler nach einem Treffen mit dem Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA).

 

Grundsätzlich geben sich die VFA-Unternehmen gesprächsbereit. »Wir setzen auf Direktverträge«, konstatierte der VFA-Vorsitzende Wolfgang Plischke. Beim Verband ärgert man sich aber über Röslers Kritik an den hohen Preisen. »Unsere Preise sind nicht pauschal als zu hoch zu bezeichnen«, widersprach VFA-Geschäftsführerin Cornelia Yzer dem Minister. Zuvor hatte auch der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) ein Konzept vorgestellt, es sieht ebenfalls direkte Verhandlungen zwischen Herstellern und Kassen vor. Allerdings bleibt bei beiden Konzepten offen, ob und wie viel Geld sie einsparen, denn VFA und BPI wollen die Verhandlungen mit den Kassen nicht obligatorisch machen und setzen dabei auch nicht auf Rabattverträge. VFA-Chef Plischke hat eher Qualitätsaspekte im Blick: »Die direkten Verträge zwischen Herstellern und Kassen müssen auf die Verbesserung des Behandlungserfolges abzielen. Sie ermöglichen den qualitätsgesicherten Einsatz von innovativen Arzneimitteln und dadurch eine Effizienzsteigerung.« Als Gegenleistung für verhandlungsbereite Pharmahersteller fordern die Verbände zudem den Wegfall der von Rösler geplanten Kosten-Nutzen-Bewertung.

 

Ärzteschaft und Krankenkassen haben offensichtlich Zweifel am Sparwillen der Industrie. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, fordert deshalb gesetzliche Festpreise auch für neue Medikamente. »Wenn es nicht gelingt, mit der Arzneimittelindustrie eine Vereinbarung über wesentlich niedrigere Arzneimittelpreise zu schließen, dann brauchen wir eine gesetzliche Lösung«, sagte Hoppe der »Rheinischen Post« (Freitag). Das Modell der Festpreise habe sich bewährt. In Deutschland würden für neue Arzneien weltweit die höchsten Preise bezahlt, sagte Hoppe. »Aber nicht jedes teure sogenannte innovative Medikament bringt auch wirklich einen Nutzen für die Patienten.«

 

Noch heftiger reagierten die Krankenkassen. Die Konzepte der Industrie seien »reichlich durchsichtige Placebos, die Gewinne sichern sollen«, sagte der Chef des AOK-Bundesverbands, Herbert Reichelt. In allen Vorschlägen würden am Ende die Patienten und Versicherten zur Kasse gebeten, entweder über höhere Zuzahlungen oder über höhere Kassenbeiträge. Der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, warf der Industrie vor, sie lege lediglich Ablenkungsmanöver auf den Tisch und wolle so ihre Gewinne sichern.

 

Kassen setzen auf Rabattverträge

 

Für die meisten Krankenkassen bleiben Rabattverträge die wichtigste Sparmaßnahme. Trotz der Ankündigung der Bundesregierung, diese Vereinbarungen zwischen Arzneimittelherstellern und Krankenkassen auf deren Sinnhaftigkeit zu überprüfen, halten zum Beispiel DAK, AOK und Deutsche BKK und Spektrum K eisern da-ran fest.

 

Die unklare Situation hatte Anfang Februar die Barmer GEK veranlasst, ihre Ausschreibung zu stoppen. Die Mehrzahl der Kassen hält aber zumindest mittelfristig an den Rabattverträgen fest. So will die DAK 21 Prozent der Arzneimittelausgaben mit neuen Rabattverträgen abdecken. Wie die Kasse am 17. Februar mitteilte, hat sie mit etwa 60 Pharmaunternehmen Verträge über 92 Wirkstoffe abgeschlossen. Ab dem 1. Juni 2010 können Apotheker pro Wirkstoff aus drei verschiedenen Präparaten für den Patienten auswählen. »Dies kommt der Versorgungssicherheit und der Therapietreue der Patienten zugute«, sagte DAK-Chef Herbert Rebscher. »Wir haben im Sinne unserer Versicherten günstige Preisvereinbarungen mit den Herstellern getroffen.« Der Abschluss gilt auch für die DAK-Kooperationskassen HEK und die hkk.

 

Noch nicht ganz so weit sind die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) mit ihrer fünften Rabattrunde. Am vergangenen Samstag veröffentlichten sie im EU-Amtsblatt eine Ankündigung, 13 Wirkstoffe, aufgeteilt in 13 Fachlose und fünf Gebietslose, bundesweit auszuschreiben. Die AOK bleibt damit ihrer von Apothekern vielfach kritisierten Praxis treu, pro Wirkstoff nur einen Zuschlag zu erteilen. Das eigentliche Vergabeverfahren ist noch nicht angelaufen. Starttermin für die fünfte Runde ist der 1. November 2010.

 

Die Deutsche BKK hat für ihre rund eine Millionen Versicherte 84 Wirkstoffe ausgeschrieben, aufgeteilt in 117 Fachlose. Sie will wie die DAK, mit Rücksicht auf die praktische Arbeit in den Apotheken, mehrere Zuschläge pro Wirkstoff erteilen. Problematische Substanzen seien dabei bewusst nicht ausgeschrieben worden, sagt die Leiterin Arzneimittel der Deutschen BKK, Apothekerin Anja Richartz: »Wichtig sind uns die Interessen der Patienten. Wirkstoffe, bei denen ein Präparatewechsel Probleme bereiten kann, etwa Antiepileptika, haben wir von der Ausschreibung ausgeschlossen.« Am 1. März starten die von Spektrum K für 80 Krankenkassen mit rund 7,3 Millionen Versicherten abgeschlossenen Vereinbarungen mit 79 Wirkstoffen, für die jeweils bis zu vier Anbieter einen Zuschlag erhalten haben. Das Einsparpotenzial dieser Rabattverträge beziffert Spektrum K auf 5,20 Euro pro Versichertem und Jahr. 

 

Regierung mit Vorbehalten

 

Ob Rabattverträge ein Zukunftsmodell sind, bleibt allerdings bis auf Weiteres offen. Die Bundesregierung erkennt zwar mittlerweile das Sparpotenzial der Vereinbarungen. Auf der anderen Seite sehen Union und FDP aber auch die Nachteile. Im Interview mit der PZ kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, die Rabattverträge begünstigten eine Oligopolbildung und beeinträchtigen durch häufige Präparatewechsel die Therapie (siehe dazu Union: »Das Pick-up-Verbot kommt«, PZ 07/2010). /

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