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Antepiletika

Viele Angriffspunkte an den Nerven

16.02.2009  14:54 Uhr

Pharmacon Davos 2009

<typohead type="3">Antepiletika: Viele Angriffspunkte an den Nerven

 

Antiepileptische Medikamente stabilisieren das Ruhepotenzial von Nerven im Gehirn. Das hebt die Krampfschwelle und schützt Epileptiker vor Anfällen. Die Substanzen wirken über verschiedene biochemische Mechanismen.

 

Etwa 800.000 Menschen in Deutschland leiden an Epilepsie, berichtete Professor Dr. Gerd Dannhardt vom Institut für Pharmazie der Universität Mainz. Die Ursachen reichten von Verletzungen des Gehirns über Tumore, Infekte bis hin zu Vergiftungen. Bei wenigen Patienten liege eine genetische Veranlagung vor. Bei der Erkrankung kommt es durch verschiedene biochemische Mechanismen zu einer Erniedrigung des Membranruhepotenzials von Nerven im Gehirn und damit zu einer Erniedrigung der Krampfschwelle. Betroffene erleiden regelmäßig Krampfanfälle, die sich je nach Ausmaß in eine fokale und eine generalisierte Form unterteilen lassen. Beim Status epilepticus folgen mehrere Anfälle dicht aufeinander. Seine akute Behandlung erfolgt meist mit Benzodiazepinen.

 

Die anderen antiepileptischen Medikamente dienen zur Anfallsprophylaxe. »Bei diesen Langzeittherapien benötigen Patienten meist eine individuelle Einstellung«, sagte Dannhardt. »Zunächst verabreicht der Arzt ein einzelnes Mittel, das er bis zur Unverträglichkeitsgrenze aufdosiert. Wenn dann immer noch zu viele Anfälle auftreten, kombiniert er ein zweites Medikament, das er ebenfalls langsam aufdosiert.« Dieses Verfahren heißt »Add-on« und lässt sich gegebenenfalls mit einem dritten Arzneimittel wiederholen. Seit vielen Jahren finden prophylaktische Medikamente Verwendung, vor allem Carbamazepin, Valproinsäure, Phenytoin und Phenobarbital. In letzter Zeit erhielten weitere Wirkstoffe die Zulassung. »Diese gilt meist bei fokalen und generalisierten Anfällen, und zwar als Add-on zu einer herkömmlichen Prophylaxe«, sagte Dannhardt. 

 

Alte wie neue Prophylaktika stabilisieren das Membranruhepotenzial der Nerven im Gehirn. Dannhardt stellte die zugrunde liegenden Mechanismen vor. Meist spielen verschiedene Effekte bei der Gesamtwirkung der Medikamente zusammen. Entsprechende Substanzen kommen in den folgenden Ausführungen mehrfach vor. 

 

Manche Prophylaktika blockieren die bei Epileptikern überaktiven spannungsabhängigen Ionenkanäle in der Nervenmembran. Als altbekannte Natriumkanalblocker wirken Dannhardt zufolge Carbamazepin, Phenytoin und Valproinsäure. Neuere Natriumkanalblocker seien das Carbamazepin-Analog Oxcarbazepin, Topiramat, Zonisamid, Lamotrigin und Lacosamid. Auch Rufinamid verfügt über diese Wirkweise, aber nur über eine Orphan-Drug-Zulassung bei einer äußerst seltenen kindlichen Sonderform der Epilepsie, dem Lennox-Gastaut-Syndrom. Als Calciumkanalblocker wirken Dannhardt zufolge Ethosuximid, Gabapentin, Pregabalin und Zonisamid.

 

Manche Prophylaktika unterstützten die bei Epileptikern verminderte GABAerge Übertragung an den Schaltstellen zwischen Nerven, den Synapsen. Bei diesem Signalweg kommt es zunächst zu einer spannungsabhängigen präsynaptischen Erregung, woraufhin GABA-Moleküle in den synaptischen Spalt gelangen und postsynaptisch an GABA-Rezeptoren binden. Die auf diese Weise aktivierten Rezeptoren öffnen ihre Chloridkanäle und verstärken dadurch das postsynaptische Ruhepotenzial. Benzodiazepine und Phenobarbital verfügen über eigene aktivierende Bindungsstellen am GABA-Rezeptor. Gleich mehrere neue Substanzen erhöhen Dannhardt zufolge die Verfügbarkeit von GABA im synaptischen Spalt: Topiramat, Tiagabin, Vigabatrin und Stiripentol. Letzteres verfügt allerdings nur über eine Orphan-Drug-Zulassung bei einer seltenen Sonderform der Epilepsie im Kindesalter, dem Dravet-Syndrom. Zonisamid verstärke die Wirkungen von GABA an seinen Rezeptoren.

 

Auch bei der glutaminergen Übertragung, die bei vielen Epileptikern erhöht ist, kommen zunächst spannungsabhängig präsynaptische Neurotransmitter frei. Diese Glutamat-Moleküle binden postsynaptisch an NMDA-Rezeptoren und aktivieren sie. Dann öffnen die Rezeptoren ihren Ionenkanal für Natrium, Kalium und Calcium und steigern dadurch die Erregbarkeit des Nervengewebes. Phenobarbital und  Phenytoin stören diesen Übertragungsweg. Topiramat scheint hemmend auf den NMDA-Rezeptor zu wirken, Lamotrigin die Glutamatfreisetzung zu beeinträchtigen. Ferner nannte Dannhardt zwei Medikamente, die offenbar nicht nur den Krämpfen vorbeugen, sondern sogar dem Entstehen der Epilepsie: Lacosamid und Levetiracetam.  Allerdings sei der genaue Mechanismus noch nicht vollständig geklärt.

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