Große Palette an Arzneiformen verfügbar |
17.02.2009 16:27 Uhr |
<typohead type="3">Schmerz: Große Palette an Arzneiformen verfügbar
Schmerzlinderung, Minimierung der Nebenwirkungen und Patientenzufriedenheit: Das Erreichen dieser Ziele einer erfolgreichen Schmerztherapie ist abhängig vom analgetisch wirkenden Stoff, von der Arzneiform und deren korrekter Anwendung, von der Compliance des Patienten und der Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und Apotheker.
Die Darreichungsformen der nicht-opioiden Analgetika, die weltweit die am häufigsten verwendeten Arzneistoffe sind, decken das gesamte Spektrum der möglichen Arzneiformen ab, so Dr. Stephan Reichl vom Institut für Pharmazeutische Technologie der TU Braunschweig. Schnell freisetzende perorale Arzneiformen sowie Trink- oder Brausetabletten und Tropfen werden bevorzugt bei Kopf- und Zahnschmerzen eingesetzt, während die Retardzubereitungen bei degenerativen Gelenkerkrankungen Anwendung finden. Von Diclofenac werden auch Produkte angeboten, die neben dem retardierten Anteil eine Initialdosis enthalten (zum Beispiel Diclac® ID), um eine möglichst schnelle Wirkung zu erzielen. Bezüglich magensaftresistenter Arzneiformen wies Reichl darauf hin, dass insbesondere monolithische magen-saftresistent überzogene Arzneiformen häufig eine hohe Variabilität in der Bioverfügbarkeit zeigen. Das gelte vor allem bei Einnahme mit einer Mahlzeit, sodass Beratungsbedarf bestehe, den die Apotheker leisten sollten: Einnahme zwei Stunden vor dem Essen mit viel Wasser. Topische Arzneiformen (Creme, Gel, Spray oder Pflaster) können keine systemisch wirksamen Plasmaspiegel aufbauen, sodass ihre Anwendung auf oberflächennahe Erkrankungen beschränkt bleibt.
Die Therapie mit Opioid-Analgetika findet in erster Linie bei traumatischen, postoperativen und Tumorschmerzen statt. Nach Reichl sollte die Schmerzbehandlung bei diesen Patienten als Individualtherapie erfolgen. Das heißt Wirkstoff, Applikationsform und Dosierung sollten den Bedürfnissen des Patienten angepasst werden. Wichtig seien eine ausreichend hohe Dosis und die Einhaltung eines festen Behandlungsplans. Die gängigen Opiate hätten kurze Halbwertszeiten, sodass in früheren Zeiten vier- bis sechsmal täglich appliziert werden musste. Mit der Retardierung sei die Schmerztherapie revolutioniert worden. Trotzdem treten kurz vor der nächsten Applikation häufig »end of dose«-Phänomene auf, die auf eine Unterdosierung hinweisen. Solche Schmerzepisoden hätten, so Reichl, zur Entwicklung neuerer Darreichungsformen geführt, wie orale osmotische Systeme oder feste Arzneiformen mit biphasischem Resorptionsmuster.
Als Quantensprung bezeichnete der Referent die Transdermalen Therapeutischen Systeme (TTS). Um einen Wirkstoff mit einem solchen System applizieren zu können, müsse er ein niedriges Molekülgewicht, adäquate Löslichkeit in lipophilen und hydrophilen Medien haben und eine ausreichende Wirkstärke aufweisen, damit entsprechende Dosierungen in einem Pflaster untergebracht werden können. Unterschieden wird zwischen den älteren Membranpflastern, bei denen die Freisetzung durch die Membran kontrolliert wird, und den Matrixpflastern, bei denen eine kontrollierte Freisetzung aus der Polymermatrix erfolgt. Der große Vorteil der TTS besteht in der konstanten Wirkstofffreisetzung. Als einen gewissen Nachteil bezeichnet Reichl den hohen Beratungsbedarf. Hier seien die Apotheker aufgefordert, den Patienten in die richtige Anwendung einzuweisen.
Zu den Neuentwicklungen zählen zum Beispiel Pumpensysteme, die eine patientenorientierte und bedarfsgerechte Anwendung ermöglichen, und eine fentanylhaltige Lutschtablette mit Applikator (Actiq®), die als schnell freisetzende Darreichungsform zur Therapie von Durchbruchschmerzen Anwendung findet. Als weitere Neuentwicklungen, die in Deutschland aber noch nicht zur Verfügung stehen, nannte Reichl Tapentadol, ein neues Analgetikum mit dualem Wirkungsmechanismus an μ-Rezeptoren und der Noradrenalin-Wiederaufnahme, die Fentanyl-Sublingualtablette, die bei Durchbruchschmerzen eingesetzt werden soll, adhäsive Buccaltabletten und liposomal verkapseltes Fentanyl zur Inhalation. Darüber hinaus mache man sich Gedanken, mit welchen Maßnahmen dem Fehlgebrauch und Missbrauch opioider Therapeutika begegnen werden könne.