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Molekulare Bildgebung

Blick in die lebende Zelle

08.04.2008  17:26 Uhr

Molekulare Bildgebung

<typohead type="3">Blick in die lebende Zelle

Von Gudrun Heyn, Berlin

 

Molekulare Bildgebung lässt Mediziner träumen. Mit ihr wollen sie krankhafte Vorgänge bereits in der Zelle sichtbar machen. So sollen Diagnosen und Therapien schon vor ersten Symptomen möglich werden.

 

Immer besser lässt sich mit bildgebenden Verfahren in die Zellen lebender Menschen hineinsehen und beobachten, was dort geschieht. Nun hoffen Mediziner, schon bald krankhaft veränderte Zellen und Gewebe etwa an ihrem veränderten Stoffwechsel oder ihrer veränderten Genaktivität erkennen zu können. Ohne zuvor Gewebeproben aus dem Körper entnehmen zu müssen, könnten dann betroffene Menschen noch vor den ersten Krankheitssymptomen identifiziert und behandelt werden.

 

Bereits jetzt kann man auf den Bildschirmen moderner bildgebender Medizingeräte dabei zusehen, wie Gene in lebenden Zellen ihre Produkte exprimieren und wie einzelne Moleküle arbeiten. Als in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts die elektronische Bildverarbeitung per Computer erfunden wurde, freuten sich Mediziner noch darüber, erstmals dreidimensionale Bilder von Organen und Körperstrukturen erzeugen zu können. Nun konnten sie beispielsweise erkennen, ob die Anomalie, die sie im Bild beobachteten, eine Erhebung oder eine Vertiefung ist. Heute ist es selbstverständlich mit einem Magnetresonanztomografen auch feine Unterschiede in den Geweben sichtbar zu machen. Bei der Magnetresonanztomografie (MRT, auch Kernspintomografie) reicht das Spektrum der Auflösung vom harten Zahnschmelz über Nerven- und Hirngewebe bis zu flüssigkeitsgefüllten Räumen. Auch der Blutfluss oder eine lokale Änderung der Gehirnaktivität lässt sich mit dem Verfahren messen, bei dem es nicht mehr auf die Dichte oder Adsorptionseigenschaften von Körperstrukturen ankommt, wie beim Röntgenverfahren oder der Computertomografie sondern auf die Protonendichte und die chemische Bindung in den Geweben.

 

Noch mehr Chemie im Bild erlaubt die Positronen-Emissions-Tomografie (PET). Dabei werden schwach radioaktiv markierte Substanzen in den Körper gebracht und per Computerbildschirm verfolgt. Injiziert man beispielsweise markierte Glucose in das Blut, kann man beobachten, welche Mengen davon in verschiedenen Hirnteilen verbraucht werden. Immer mehr biochemische und physiologische Vorgänge können so sichtbar gemacht werden.

 

Mithilfe der modernen bildgebenden Medizingeräte, aber auch durch die Entwicklung neuer Methoden und leistungsfähigerer Datenverarbeitungssysteme wollen Mediziner nun den Prozessen auf zellulärer und molekularer Ebene noch mehr auf den Grund gehen. »Wir träumen davon, Krankheitsbilder besser zu verstehen und damit den Patienten sehr viel früher helfen zu können«, sagte Professor Dr. Jeannette Schulz-Menger von der Charité vor Journalisten in Berlin. So könnte es mit der molekularen Bildgebung in Zukunft möglich sein, Patienten mit einem hohen Herzinfarktrisiko noch vor Ausbruch der Erkrankung zu erkennen und sie vorbeugend zu behandeln.

 

Eines der großen Rätsel, die Kardiologen mithilfe der nicht invasiven bildgebenden Verfahren lösen möchten, ist die Frage, warum manche Patienten mit verengten Herzkranzgefäßen einen Myokardinfarkt erleiden und andere nicht. Aus älteren Studien ist bekannt, dass auch sehr geringe Verengungen, die nur etwa ein Viertel des Gefäßvolumens ausmachen, zu einem Herzinfarkt führen können. Dagegen bleiben zum Teil auch 90-prozentige Verengungen stabil. Von besonderem Interesse sind daher die Ablagerungen in den Gefäßen. Mit moderner Bildgebung wie der MRT lassen sich diese atherosklerotischen Plaques gut darstellen. Um zu erkennen, welche von ihnen leicht rupturieren und so einen Infarkt induzieren können, werden bei der Untersuchung Kontrastmittel eingesetzt. An diese Sonden sind bestimmte Stoffe angehängt, von denen man glaubt, sie würden sich nur in instabilen Plaques anreichern.

 

So gelten Plaques als besonders anfällig für eine Ruptur, wenn sie eine hohe entzündliche Aktivität aufweisen. Bei ersten Versuchen zeigte sich, dass sich Eisen in solchen Plaques besonders anreichert. Doch bei weiteren Untersuchungen mit speziellen Eisen-Sonden, stellte sich heraus, dass sich die besonders gefährlichen Ablagerungen auf diese Weise nicht identifizieren lassen. »Heute hat man sich daher von dieser Idee zum großen Teil wieder verabschieden müssen, aber wir machen weiter«, sagte Schulz-Menger.

 

Beim Austesten von Sonden stoßen die Mediziner derzeit noch schnell an die Grenzen der patientennahen Forschung, da die Kontrastmittel toxisch sein können. Um keine Menschen zu schädigen und auch Neues auszuprobieren, arbeiten heute klinische Forscher und Grundlagenforscher eng zusammen. Dabei werden auch in Tierstudien immer mehr bildgebende Verfahren zur Analyse biologischer Prozesse genutzt. Forscher setzen einen bestimmten Schaden, schalten einen Rezeptor oder ein Gen aus, um ein bestimmtes Krankheitsbild zu erzeugen, und können dieses dann mit der nicht invasiven Bildgebung charakterisieren. So wollen die Mediziner besser verstehen, was beim Patienten zu sehen oder mit einem bildgebenden Verfahren, möglichst kontrastmittelfrei, zu suchen ist.

 

Kombinierte Verfahren

 

Um Schäden am Herzen besser darstellen zu können, lassen sich auch Verfahren kombinieren. Das Kombigerät PET/MR erlaubt es zu Beispiel, PET- und MRT-Messungen gleichzeitig durchzuführen. Werden nun auf dem Computerbildschirm das PET- und das MRT-Bild übereinandergelegt, entsteht ein Bild mit völlig neuem Informationsgehalt. Zu den Stärken des MRT-Verfahrens gehört es, Schäden bis in den Submillimeterbereich darstellen zu können. Beim PET ist keine so gute räumliche Auflösung gegeben, es erlaubt aber, den Weg von Tracern durch den menschlichen Körper zu verfolgen oder die Aktivierung von Rezeptorsystemen zu beobachten. Bis Herzpatienten von einer solchen Diagnostik profitieren können, wird jedoch noch einige Zeit vergehen. Zuvor ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Kardiologen, Kontrastmittelherstellern und Physikern notwendig.

 

In einigen spezialisierten Zentren in Deutschland, wie etwa am Universitätsklinikum Würzburg oder an der Charité in Berlin, werden bereits heute molekulare bildgebende Verfahren eingesetzt. So lässt sich etwa die Sauerstoffsättigung des Blutes im Herzmuskel direkt visualisieren. Bei dieser MRT-Untersuchung ist keine Kontrastmittelgabe notwendig und dennoch gelingt es damit, Schäden im Muskelgewebe zu erkennen.

 

Molekulare Bildgebung wollen die Mediziner nun verstärkt dort einsetzen, wo die jetzigen Methoden nicht ausreichen. Zu den Menschen, denen dies in Zukunft zugute kommen soll, gehören auch Patienten mit einer Sarkoidose. Diese seltene entzündliche Erkrankung greift typischerweise die Lungen an. Ist auch das Herz betroffen, ist die Mortalität erhöht. Mit den klassischen Diagnosemethoden können jedoch nur etwa 8 Prozent dieser Risikopatienten erfasst werden, obwohl aus Obduktionen bekannt ist, dass bis zu 50 Prozent der Verstorbenen eine Herzbeteiligung haben. Könnten die gefährdeten Sarkoidose-Patienten mit besseren Diagnosemethoden erkannt werden, könnten sie rechtzeitig therapiert werden. An den Universitäten ist dazu viel in Bewegung. An der Charité soll im August eine Hochfeld-MR eröffnet werden, um Tiermodelle und humane Forschung voranzutreiben.

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