Pharmazeutische Zeitung online
Mini-Polypille

Niedrige Dosis, großer Effekt

14.02.2017  15:44 Uhr

Von Annette Mende / Ein möglicher neuer Ansatz in der Therapie von Patienten mit Hypertonie ist die Kombination mehrerer Wirkstoffklassen in sehr geringen Dosierungen. In einer kleinen Proof-of-Concept-Studie war eine entsprechende Mini-Polypille mit vier Wirkstoffen jetzt überaus erfolgreich.

Die von australischen Forschern um Professor Dr. Clara Chow von der Universität Sidney getestete Fixkombination besteht aus dem AT1-Antagonisten Irbesartan, dem Calciumantagonisten Amlodipin, dem Diuretikum Hydrochloro­thiazid (HCT) und dem Betablocker Ateno­lol. Das Besondere daran ist, dass alle Wirkstoffe nur in einem Viertel der sonst üblichen Dosis enthalten sind: 37,5 mg Irbesartan, 1,25 mg Amlodipin, 6,25 mg HCT und 12,5 mg Atenolol.

 

Weniger Nebenwirkungen

Den Anstoß zu dieser Studie gab die Beobachtung, dass Antihypertensiva bereits in der halben üblichen Dosis fast 80 Prozent ihrer Wirksamkeit entfalten. Zudem addieren sich die Wirkungen mehrerer blutdrucksenkender Arzneistoffklassen, während Nebenwirkungen mit der niedrigen Dosierung vermieden werden können. In einer früheren Studie hatte sich gezeigt, dass die Kombination von vier unterschiedlichen Antihypertensiva in der jeweiligen Vierteldosis stärker wirkte als jede Komponente einzeln in Normaldosis. Diese Studie war jedoch nicht placebokontrolliert gewesen (»Hypertension« 2007, DOI: 10.1161/ 01.HYP.0000254479.66645.a3).

 

An der aktuellen Untersuchung nahmen 18 Patienten mit unbehandelter Hypertonie teil. Der Blutdruck betrug zu Beginn durchschnittlich 154/90 mmHg bei Messung in der Arztpraxis beziehungsweise 140/87 mm Hg bei ambulanter 24-Stunden-Messung. Die Probanden erhielten randomisiert und doppelblind über vier Wochen entweder täglich eine Mini-Polypille oder Placebo. Nach einer Auswaschphase von zwei Wochen wurden die Gruppen getauscht: Diejenigen, die zuvor mit Verum behandelt worden waren, erhielten nun Placebo und umgekehrt.

 

Der placebobereinigte Effekt der Behandlung war beträchtlich. In der 24-Stunden-Messung sank der Blutdruck um 19/14 mmHg, in der Arztpraxis um 22/13 mmHg. Alle 18 Patienten erreichten unter Verum den Ziel-Blutdruckwert von weniger als 140/90 mmHg bei Messung in der Arztpraxis. Unter Placebo war das nur bei sechs Patienten der Fall (33 Prozent). Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden keine berichtet.

 

Die Diskussion der Studie liest sich so, als hätten die Autoren selbst ihre Ergebnisse zunächst für zu gut gehalten, um wahr zu sein. »Wenn in kleinen Studien so große Effekte beobachtet werden, ist es besonders wichtig, die bisherige Evidenz hinzuzuziehen und das eigene Resultat im Zusammenhang zu betrachten«, schreiben sie im Fachjournal »The Lancet« (DOI: 10.1016/S0140-6736(17)30260-X). Die anschließende systematische Literaturrecherche gab ihnen aber recht. Es fanden sich 38 publizierte Studien mit insgesamt 5033 Teilnehmern, in denen ein einzelner Wirkstoff beziehungsweise eine Kombination aus zwei Substanzen in der jeweiligen Vierteldosis gegen Placebo getestet worden waren. Der blutdrucksenkende Effekt betrug 5/2 mmHg beziehungsweise 7/5 mmHg, ebenfalls ohne Nebenwirkungen.

 

»Die Ergebnisse unserer kleinen Studie sowie die früherer placebokontrollierter Untersuchungen legen nahe, dass die Vierfachkombination verschiedener Antihypertensiva in Vierteldosis zu einer klinisch relevanten Blutdrucksenkung führen kann«, lautet daher das Fazit der Forscher. Sie regen weitere Studien an, in denen sich das Konzept im direkten Vergleich mit einer den der­zeitigen Leitlinien entsprechenden Behandlung messen solle.

 

Hier gibt es bekanntlich Luft nach oben: Die meisten Patienten erhalten lediglich eine Monotherapie, die den Blutdruck im Durchschnitt jedoch nur um 9/5 mmHg senkt. Eine bei unzureichender Kontrolle in allen Leitlinien vorgesehene Intensivierung der Therapie durch Hinzunahme eines weiteren Wirkstoffs findet nicht immer statt. In der Folge ist der Blutdruck vieler Patienten nicht gut ein­gestellt, selbst wenn die Hypertonie bekannt ist und behandelt wird. Das hatte zuletzt eine große internationale Studie im Fachjournal »JAMA« gezeigt (2013, DOI: 10.1001/jama.2013.184182). / 

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa