Womit kleinen Neurodermitikern geholfen ist |
13.02.2007 14:48 Uhr |
<typohead type="3">Womit kleinen Neurodermitikern geholfen ist
Neurodermitis bei Säuglingen und Kleinkindern stellt Ärzte und Eltern vor eine besondere Herausforderung. Schwerpunkt der Behandlung liegt auf der wirkstofffreien Basispflege, die bei Bedarf durch eine antiinflammatorische Therapie ergänzt wird.
Für die Betroffenen, aber auch ihre Familien ist das Leben mit Neurodermitis eine Tortur. »Manche Familien, die wir in der Praxis erleben, sind regelrecht traumatisiert«, beschrieb Privatdozentin Dr. Doris Staab von der Berliner Charité die Situation, die auch die Probleme bei der Behandlung widerspiegelt. Der frühe Beginn der Erkrankung, der modulierende Verlauf mit vielen Rezidiven und die geringen Aussichten auf Heilung verunsichern die Eltern. Zudem würden diese mit einer Vielzahl, teils abstruser Erklärungsmodelle für die Ursachen konfrontiert. Auch die weit verbreitete Cortisonphobie sei nicht zu unterschätzen, so die Pädiaterin.
Teufelskreis durchbrechen
Neurodermitis oder atopische Dermatitis ist eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, deren Ursachen bislang nicht bekannt sind. Man vermutet jedoch, dass eine genetische Prädisposition vorhanden ist, die dann in Kombination mit verschiedenen Faktoren zum Krankheitsausbruch führt. Das Hauptsymptom ist ein oft unerträglicher Juckreiz, der dazu führt, dass sich die Geplagten so lange kratzen, bis sie bluten. Vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern, die das Kratzen nicht unterdrücken können, entwickelt sich ein Teufelskreis aus Entzündung, Jucken und Kratzen. Diesen versucht man therapeutisch mittels zweier Ansätze zu unterbrechen: zum einen mit der Vermeidung potenzieller Auslöser, zum anderen mit einer wirkstofffreien Basispflege. Da die Auslöser oft nicht eruiert werden können, sei das A und O die geeignete Basispflege, so Staab. Je nach Hautzustand werde dabei nach einem dreistufigen Schema vorgegangen. Solange die Haut trocken und rissig, jedoch nicht entzündet sei, genüge eine Basispflege mit W/O- oder O/W-Emulsionen (Stufe 1). Dabei müssten die zwei Grundsätze »feucht auf feucht« und »fett auf trocken« berücksichtigt werden. Liegen bereits leichtere Entzündungen vor (Stufe 2), müsse die Basispflege intensiviert und mit Antiseptika wie Eosin oder Triclosan zur Desinfektion oder Gerbstoffen für offene, nässende Ekzeme kombiniert werden.
Zum Stillen des Juckreizes habe sich Polidocanol bewährt. Auf der dritten Stufe der Therapie stehen antiinflammatorische Substanzen wie Hydrocortison in 0,5- bis 1-prozentigen oder Betametason-17-valerat in 0,03-prozentigen Zubereitungen zur Verfügung. Laut Staab ist die Glucocorticoidtherapie zur raschen Eindämmung von Entzündungen nach wie vor Mittel der Wahl. Die von vielen gefürchteten Hautatrophien seien erst bei langfristigerer Gabe zu erwarten, nicht jedoch bei einer Behandlung, die kürzer als sechs Wochen dauere. Aufpassen müsse man jedoch bei der Anwendung im Gesicht- und Genitalbereich. Hier seien die Calcineurinantagonisten eine gute Alternative, sagte Staab. Sowohl für Tacrolimus als auch Pimecrolimus lägen inzwischen für Wirksamkeit und Sicherheit bei Kindern ausreichende Daten in Langzeitstudien vor. Inzwischen sei auch belegt, dass unter der Therapie eine ausreichende Immunantwort erhalten bleibe. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass bei Kindern im Gegensatz zu Erwachsenen keine Rechtfertigung für die Verwendung von 0,1-prozentiger Tacrolimus-Salbe bestehe, da diese im Vergleich zur 0,05-prozentigen nicht wirksamer ist.
Beide Wirkstoffe seien nicht zur Akut-, sondern eher zur Langzeittherapie geeignet. Verglichen mit Tacrolimus sei Pimecrolimus etwas schwächer wirksam und werde weniger resorbiert. Als Creme sei es jedoch lokal besser verträglich als die häufig stark brennende Tacrolimus-Salbe. Insofern empfehle sie Pimecrolimus für Säuglinge und Kleinkinder, Tacrolimus für Schulkinder, sagte Staab.
Insgesamt stellten die Calcineurinantagonisten eine lang erwartete Ausweitung des therapeutischen Spektrums für Neurodermitis dar. Allerdings seien noch einige Fragen offen. So könnten über Phototoxizität beziehungsweise Kanzerogenität noch keine endgültigen Aussagen getroffen werden. Auch über ihren Platz im Stufenschema sei man sich noch uneinig. Laut Staab sollte zunächst versucht werden, die Entzündung mithilfe von Glucocorticoiden in den Griff zu bekommen und erst danach auf Pimecrolimus oder Tacrolimus zurückzugreifen. Nur bei ausgeprägter Cortisonphobie sei die Anwendung der Calcineurinantagonisten als First-line-Medikation gerechtfertigt.