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Antiepileptika in der Schwangerschaft

Niedriger IQ durch Valproinsäure

04.02.2013  23:14 Uhr

Von Annette Mende / Nehmen schwangere Frauen das Antiepileptikum Valproinsäure ein, beeinträchtigt das die Intelligenzentwicklung des Kindes nachhaltig. Das Ausmaß des Schadens steigt dabei mit der Dosis. Folat kann das nicht verhindern, wirkt sich aber positiv auf den kindlichen Intelligenzquotienten (IQ) aus.

Wenn Epilepsie-kranke Frauen unter einer Pharmakotherapie schwanger werden, bringt das Ärzte und Patientinnen in eine Zwickmühle: Setzen sie die Antiepileptika ab, riskieren sie damit Krampfanfälle der Schwangeren, die ihr selbst und ihrem Kind schaden können. Auf der anderen Seite erhöhen Antiepileptika das Risiko für angeborene Fehlbildungen wie Neuralrohrdefekte und Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten.

Da das teratogene Potenzial einer niedrig bis moderat dosierten Monotherapie jedoch sehr gering ist, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in ihrer Leitlinie, Schwangere auf die niedrigste wirksame Menge einer Einzelsubstanz einzustellen. Valproinsäure sollte dabei aber möglichst nicht das Mittel der Wahl sein, wie eine aktuell in »Lancet Neurology« veröffentlichte Studie zeigt (doi: 10.1016/S1474-4422(13)70012-7). Denn darin hatten Sechsjährige, deren Mütter während der Schwangerschaft Valproinsäure eingenommen hatten, durchschnittlich einen um sieben bis zehn Punkte niedrigeren IQ als die Nachkommen von Frauen, die als Schwangere mit einem anderen Anti­epileptikum therapiert worden waren. Eine Kontrollgruppe mit unbehandelten Epileptikerinnen gab es nicht.

 

Potenzielle Folgen bis ins Erwachsenenalter

 

Die Studie vorgelegt hat die amerikanisch-britische NEAD-Forschungsgruppe. Das Akronym steht für Neurodevelopmental Effects of Antiepileptic Drugs. Es ist die bislang größte prospektive Untersuchung der kognitiven Leistungen von Kindern, die im Mutterleib Anti­epileptika ausgesetzt waren. Dieselbe Arbeitsgruppe um Kimford Meador hatte bereits vor drei Jahren Untersuchungsergebnisse präsentiert, die bei Dreijährigen eine IQ-Minderung nach Valproinsäure-Exposition in utero belegen. Nun haben die Forscher dieselben Kinder drei Jahre danach erneut untersucht und herausgefunden, dass diese Einschränkung von Dauer ist.

 

Neben Valproinsäure kamen Carbam­azepin, Lamotrigin und Phenytoin zum Einsatz. Die Frauen erhielten jeweils nur einen der genannten Wirkstoffe in Monotherapie. Da der IQ der Mutter normalerweise einen großen Einfluss auf die kindliche Intelligenzentwicklung hat, wurde dieser Faktor in die Analyse mit einbezogen. Die ansonsten starke Korrelation zwischen mütter­lichem und kindlichem IQ zeigte sich jedoch nicht in der Valproinsäure- Gruppe.

 

Valproinsäure führte nicht nur dosis­abhängig zu einem schlechteren Abschneiden im IQ-Test; die betroffenen Kinder zeigten unter anderem auch ein unterdurchschnittliches Erinnerungs- und verbales Ausdrucksvermögen. Außerdem gab es in den Lamotrigin- und Valproinsäure-Gruppen auffallend viele Linkshänder. Hatte die Mutter vor und nach der Empfängnis Folat eingenommen, wirkte sich das in allen vier Gruppen positiv auf den IQ des Kindes aus. Allerdings war diese Assoziation in der Valproinsäure-Gruppe am schwächsten.

 

Die Forscher vermuten, dass die gehäufte Linkshändigkeit und die sprachlichen Einschränkungen auf einer Störung der Lateralisation des Gehirns beruhen könnten. Darunter versteht man die Spezialisierung der beiden Gehirnhälften auf verschiedene Aufgaben. So ist etwa die linke Gehirnhälfte bei den meisten Menschen für die Sprache und die Händigkeit zuständig. Umwelteinflüsse in der Frühphase der neuronalen Entwicklung könnten die Lateralisation des Gehirns verändern, schreiben die Wissenschaftler. Dies sei zum Beispiel beim fetalen Alkoholsyndrom der Fall.

 

Schützender Effekt von Folsäure-Einnahme

 

»Der IQ von Sechsjährigen korreliert stark mit den zu erwartenden Leistungen in der Schule und dem IQ im Erwachsenenalter. Das bedeutet, dass eine Valproinsäure-Einnahme während der Schwangerschaft dem Kind vermutlich langfristig schadet«, fasst Meador in einer Pressemitteilung des Journals zusammen. Dieser Arzneistoff sei jedoch in manchen Fällen der einzige, mit dem sich eine Epilepsie kontrollieren lässt, heißt es weiter. Für die Praxis seien daher die neuen Erkenntnisse über die Dosisabhängigkeit der Schädigung und über den positiven Effekt einer Folat-Supplementierung besonders relevant. /

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