Bislang nur vermeintliche Sicherheit |
06.02.2006 12:26 Uhr |
<typohead type="3">Bislang nur vermeintliche Sicherheit
von Christiane Berg, Hamburg
Neben der UV-B- ist auch die UV-A-Strahlung an der Entstehung von Hauttumoren beteiligt. Im Gegensatz zum UV-B-Schutz, der weltweit einheitlich als Lichtschutzfaktor angegeben wird, gibt es zur Bestimmung der UV-A-Bilanz noch keine allgemein anerkannte Methode. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
»Die Wahl eines Sonnenschutzmittels mit hohem Lichtschutzfaktor bietet bei intensiver UV-A- und UV-B-Strahlung nur vermeintliche Sicherheit«, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft für Dermopharmazie, Dr. Joachim Kresken, auf einer Pressekonferenz. Zur Bestimmung der UV-A-Schutzkraft von Sonnenschutzmitteln gebe es bislang keine letztlich befriedigenden Methoden. Daher sei die Beratung in der Apotheke umso wichtiger.
Taugliche Verfahren gesucht
Es gilt heute als gesichert, dass neben der UV-B- auch die UV-A-Strahlung an der Entstehung von Hauttumoren beteiligt ist. Zudem fördert die UV-A-Strahlung die Entwicklung lichtabhängiger Dermatosen und beschleunigt die vorzeitige Hautalterung.
Der UV-B-Schutz wird weltweit einheitlich als Lichtschutzfaktor (LSF, sun protection factor: SPF) angegeben. »Seine Angabe gilt als eindeutig, sicher, reproduzier- und vergleichbar«, so Kresken. Bei dieser In-vivo-Bestimmungsmethode ist der Endpunkt eindeutig und relevant über die minimale Erythemdosis (MED) definiert. Zur Bestimmung der UV-A-Bilanz sind dagegen weder die Methoden zur Ermittlung der Höhe des Schutzes noch die zugehörige Deklaration einheitlich geregelt. Von den zahlreichen In-vitro- und In-vivo-Ansätzen hat sich zurzeit der »Australische Standard« als Quasi-Norm etabliert. Dieser gilt als erfüllt, wenn eine klar gelöste Emulsion eines Sonnenschutzmittels in einer Quarzküvette maximal 10 Prozent der UV-A-Strahlen aus dem Bereich von 320 bis 360 nm durchlässt (Transmissionsmessung). Oberhalb von 90 Prozent Absorption ist keine weitere Differenzierung vorgesehen. Dies führt dazu, dass bei Einhaltung des Australischen Standards bei Produkten mit niedrigem LSF noch ein adäquater UV-A-Schutz besteht, mit steigendem LSF - der ja nur den Schutz vor UV-B beschreibt - allerdings der UV-A-Schutz auf gleich bleibendem Niveau stagnieren kann, ohne die Norm zu verletzen. Der UV-A-Schutz wächst also nicht zwangsläufig mit dem UV-B-Schutz. »Bei Verwendung eines Sonnenschutzmittels mit hohem Lichtschutzfaktor gegenüber UV-B können daher ohne Verletzung der Norm verhältnismäßig hohe UV-A-Dosen auf die Haut des ahnungslosen Anwenders einwirken«, so Kresken.
LSF nicht voll ausreizen
»Zur Sicherheit der Verbraucher ist die Intensivierung der Erforschung praxistauglicher Verfahren zur Charakterisierung des UV-A-Schutzes dringend erforderlich«, betonte Kresken. Doch seien bislang sämtliche In-vitro- und In-vivo-Ansätze zur Charakterisierung des UV-A-Schutzes, die parallel zum australischen Standard entwickelt wurden, umstritten beziehungsweise noch nicht ausgereift. Dieses gelte auch für die seit Februar 2005 in Deutschland gültige DIN-Methode zur Bestimmung der UV-A-Bilanz. Mit dieser Methode wird zunächst der UV-A- und UV-B-Schutz des Produktes in vitro bestimmt und der erhaltene Messwert anschließend zum in vivo ermittelten UV-B-Lichtschutzfaktor in Beziehung gesetzt wird. Die so ermittelte UV-A-Schutzleistung wird als UV-A-Bilanzwert angegeben. Kritisiert wird an diesem Verfahren, dass es die Dauer des Schutzeffektes nicht berücksichtigt und einen biologischen Endpunkt verwendet, dessen Relevanz für die langfristigen Hautschäden der UV-A-Strahlung nicht belegt ist. Auch existiert bis heute keine Empfehlung, wie hoch der UV-A-Bilanzwert eines Sonnenschutzmittels mindestens sein sollte, damit ihm ein adäquater UV-A-Schutz zugesprochen werden kann.
Als viel versprechend hob Kresken die Messung der durch UV-A- und UV-B-Strahlung gebildeten freien Radikale an Hautbiopsien mit Hilfe der Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie hervor. Mit dieser Methode könne der »integrierte« UV-A- und UV-B-Lichtschutzfaktor eines Produktes in einem einzigen Wert erfasst werden. Dieses diene auch dem Verständnis und der besseren Orientierung des Verbrauchers. Die unkritische Erhöhung des UV-A-Filter-Gehaltes eines Mittels zum Schutz empfindlicher Haut sei nicht der Weisheit letzter Schluss, da dies zu einer Verschlechterung der dermalen Verträglichkeit des Produktes führen kann.
Sonnenschutzmittel mit einem LSF von über 30 sollten lediglich als »Reservemittel« für Patienten, zum Beispiel mit Lichtdermatosen, empfohlen werden. Bei der Abgabe von Sonnenschutzmitteln mit Lichtschutzfaktoren von 15 bis 30, zum Beispiel an Strandurlauber, rät Kresken, den LSF nicht »voll auszureizen«, sondern grundsätzlich nach zwei Dritteln der »erlaubten« Zeit aus der Sonne zu gehen. Ferner sei Textilschutz ein »Muss«, vor allem bei Kindern. »Auf der sicheren Seite ist, wer intensive Sonnenstrahlung meidet«, betonte der in Viersen niedergelassene Apotheker.