Neue Wirkstoffe zur Zulassung empfohlen |
30.01.2018 15:35 Uhr |
PZ / Vergangene Woche hat der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) getagt. Er sprach Zulassungsempfehlungen für mehrere neue Arzneistoffe aus.
Emicizumab
So wird des demnächst vermutlich eine neue Routine-Therapie zur Prophylaxe von Blutungen bei Hämophilie A geben. Der bispezifische Antikörper Emicizumab (Hemlibra®, Roche) soll sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern zur Anwendung kommen, die an Hämophilie A mit Anti-Faktor-VIII-Antikörpern leiden. In den USA ist er bereits seit Ende 2017 zugelassen.
In den Phase-III-Studien HAVEN 1 und HAVEN 2 reduzierte die prophylaktische Gabe von Emicizumab die Blutungsrate um 80 bis 90 Prozent. Als häufigste Nebenwirkungen traten Reaktionen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Fieber, Diarrhö sowie Gelenk- und Muskelschmerzen auf.
Emicizumab hat einen neuen Wirkmechanismus: Der bispezifische Antikörper ersetzt nicht den Faktor VIII, sondern bringt die Faktoren IXa und X räumlich zusammen, sodass die Blutgerinnung wieder normal ablaufen kann. Er muss nur einmal wöchentlich subkutan injiziert werden.
Velmanase alfa
Bei der seltenen Erbkrankheit α-Mannosidose führt die Fehlbildung des körpereigenen Enzyms α-Mannosidase dazu, dass sich Mannose-reiche Oligosaccharide in vielen Organen und Geweben anreichern. Das kann kognitive Einschränkungen, Leber- und Milzvergrößerung sowie Fehlbildungen des Skeletts verursachen.
Mit Velmanase alfa (Lamzede®) erhielt jetzt eine Enzym-Ersatztherapie für Kinder und Erwachsene mit α-Mannosidose eine Zulassungsempfehlung. Es handelt sich um die rekombinante Version der humanen α-Mannosidase. Die Gabe von Velmanase alfa soll die Oligosaccharid-Spiegel im Körper normalisieren, ein Fortschreiten der Erkrankung abschwächen und die Symptome des Patienten verbessern. Da das Medikament nicht die Blut-Hirn-Schranke überwindet, hat es vermutlich keinen Effekt auf neurologische Symptome.
In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Zulassungsstudie mit 25 Patienten konnte Velmanase alfa die Oligosaccharid-Spiegel über einen Zeitraum von 52 Wochen auf Normalwerte senken. Bei einigen Patienten verbesserten sich die Bewegungsfähigkeit und die Lungenfunktion. Als Nebenwirkung traten Durchfall, Fieber und Gewichtszunahme auf.
Ertugliflozin
Auch ein neues orales Antidiabetikum aus der Klasse der SGLT-2-Hemmer erhielt von der EMA eine Zulassungsempfehlung. Es ist im Monopräparat Steglatro® sowie in den beiden Kombipräparaten Steglujan® (plus Sitagliptin) und Segluromet® (plus Metformin) enthalten.
Wie alle Vertreter dieser Klasse wirkt Ertugliflozin über eine Hemmung des Proteins SGLT-2 (Sodium dependant Glucose Transporter 2) in der Niere. Glucose wird somit vermehrt über den Urin ausgeschieden, weshalb Pilzinfektionen des Genitaltrakts eine mögliche Nebenwirkung sind, die auch unter Ertugliflozin gesehen wurde. Wie sich der Neuling im Vergleich zu bereits auf dem Markt befindlichen Antidiabetika einordnen wird, bleibt abzuwarten. In Deutschland hat der Gemeinsame Bundesausschuss in der Vergangenheit einigen Gliflozinen keinen Zusatznutzen zuerkannt. Für Empagliflozin konnte dagegen als erstes Antidiabetikum überhaupt gezeigt werden, dass es außer dem Blutzucker auch das kardiovaskuläre Risiko von Typ-2-Diabetikern senkt. /