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Antidepressiva

Viele Wege führen zum Ziel

28.01.2015  10:15 Uhr

An der Entstehung einer Depression sind im Gehirn drei Neurotransmitter-Systeme beteiligt: Noradrenalin, Serotonin und Dopamin. Welches davon ein Antidepressivum moduliert, spielt für die Wirkung keine Rolle, denn alle drei regulieren überlappend viele Hirnregionen, beeinflussen sich gegenseitig und sind mit­einander verschaltet.

Die Krankheit Depression hat viele verschiedene Gesichter: Agitiertheit oder reduzierter Antrieb, Hyper- oder Insomnie, Zu- oder Abnahme von Gewicht – alle diese sind mögliche Symptome. Da unterschiedliche Antidepressiva mit dem Noradrenalin-, Serotonin- beziehungsweise Dopamin-System verschiedene Angriffspunkte im Gehirn haben, gab es immer wieder Versuche, einzelnen Substanzen bestimmte Symptomkomplexe zuzuordnen. »Heute weiß man aber: Alle Depressionen können mit allen Anti­depressiva behandelt werden«, sagte Dr. Walter Müller, emeritierter Professor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

 

Nebenwirkungen im Fokus

 

Der Grund dafür ist die enge Verzahnung der drei Systeme im ZNS. Für den antidepressiven Effekt komme es daher auf den primären Wirkmechanismus nicht an, wohl aber für die Wahrscheinlichkeit bestimmter Nebenwirkungen. Das könne man sich zunutze machen, etwa indem man Patienten mit ausgeprägten Schlafstörungen mit dem sedierenden Mirtazapin behandele. Insbesondere weib­liche Patienten mit Depression klagen häufig über Schmerzen, etwa im Rücken oder im Unterleib. Diese können laut Müller auch dann noch weiter bestehen, wenn sich die anderen Symptome schon wieder gebessert haben. Bei solchen, depressiv bedingten chronischen Schmerzen seien Venla­faxin beziehungsweise Duloxetin eine gute Wahl.

 

»Die Wirkung der Antidepressiva ist gut belegt, aber sie setzt nicht sofort ein«, sagte Müller. Wie sie genau zustande komme, sei nach wie vor unklar. Der Einfluss auf das oder die jeweilige(n) Neurotransmitter-System(e) sei sehr schnell zu messen. »Doch zwischen diesem Effekt und dem Einsetzen der Wirkung liegt eine Black Box.« Eine Erhöhung der Neuroplastizität des Gehirns nannte der Pharmakologe als die derzeit plausibelste Begründung.

 

Medienberichte über den ausgeprägten Placebo-Effekt von Antidepressiva, die deren Wirksamkeit insbesondere bei leichten Depressionen generell infrage stellten, bezeichnete Müller als unverantwortlich und falsch. Bei milderen depressiven Episoden sei zwar der Wirksamkeits-Unterschied zwischen Placebo- und Verum-Arm geringer als bei schwerer erkrankten Patienten. Zum einen gelte das aber nicht nur für die medikamentöse, sondern auch für die Verhaltenstherapie. Zum anderen sei Placebo in Langzeittherapien, bei denen es um die Verhinderung von Rezidiven und Rückfällen gehe, »dramatisch weniger wirksam«. Außerdem müsse man sich vor Augen halten, dass die Gabe eines Placebos in einer klinischen Studie mit depressiven Patienten nicht Nichtstun bedeutet, »sondern ein hochwirksames Anti­depressivum auf klinischer, neurophysiologischer und neuropsychologischer Ebene.«

 

Auslöser, aber keine Ursachen

 

Müller mahnte, die Erkrankung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: »Auch eine leichte Depression ist für den Betroffenen und sein Umfeld sehr belastend und muss behandelt werden.« Es bestehe zwar eine hohe Komorbidität mit körperlichen Erkrankungen, zum Beispiel Herzinfarkt oder Krebs. Die Depression sei aber stets separat zu behandeln. Eine Kausalität im Sinne von »Der Patient wird depressiv, weil er zuvor einen Herzinfarkt erlitten hat« stelle man heute nicht mehr her. Dasselbe gelte für nicht körper­liche Auslöser, etwa den Verlust des langjährigen Ehepartners. »Wäre eine Depression erklärbar oder situativ adäquat wie beispielsweise Trauer, wäre es keine Depression«, betonte Müller.

 

Bessern sich die Symptome unter einer Therapie um mindestens 50 Prozent, bedeutet das ein Ansprechen auf die Behandlung. Dann werden die Medikamente häufig – zu früh – abgesetzt. Müller zufolge soll die Therapie ab diesem Zeitpunkt noch vier bis sechs Monate weitergeführt werden.

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