Apotheker sollten |
28.01.2015 10:15 Uhr |
Apotheker sollten sich die Prävention auf die Fahne schreiben und die STIKO-Impfstrategien aktiv unterstützen. Diese Auffassung vertrat Professor Dr. Thomas Weinke aus Potsdam. Der Infektiologe zeigte auf, welchen Erfolg Impfungen haben können und wie Impfstoffe weiterentwickelt werden.
»Impfen ist die effektivste Präventionsmaßnahme«, sagte Weinke vom Ernst von Bergmann Klinikum in Potsdam. Wer sich impfen lasse, tue nicht nur etwas für die eigene Gesundheit, sondern auch etwas für die Gesamtbevölkerung. Die sogenannte Herdenimmunität sei ein wichtiger Parameter, da sie einen Schutz für Ungeimpfte darstellt, die sich beispielsweise aufgrund von Erkrankungen nicht immunisieren lassen können. Der Mediziner betonte aber, dass die Herdenimmunität nur funktioniert, wenn sich ausreichend viele Personen impfen lassen.
Pocken sind besiegt
Dass Impfen schützt, ist keine neue Erkenntnis. Bereits 1796 beobachtete der englische Arzt Edward Jenner, dass Melkerinnen, die Kontakt mit Kuhpocken gehabt hatten, nicht an den viel gefährlicheren echten Pocken erkrankten.
Schwangere können alle nötigen Impfungen mit Totimpfstoffen bekommen.
Foto: Superbild
Jenner infizierte daraufhin einen Jungen mit Kuhpocken und machte ihn damit unempfindlich gegen echte Pocken. Die Pocken sind auch ein gutes Beispiel dafür, wie erfolgreich Impfungen und Impfkampagnen sein können.
»Nach einer nur zehnjährigen Impfkampagne konnte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Welt im Jahr 1980 für pockenfrei erklären«, sagte Weinke. Der letzte globale Fall sei 1977 aufgetreten. Für den Infektiologen waren die Voraussetzungen zur Eradikation der Pocken ideal. So kommt es nach einer Infektion immer zum Krankheitsausbruch, es gibt also keine latenten oder persistierenden Infektionen. Zudem gibt es laut Weinke praktisch kein tierisches Reservoir des Erregers, das virale Antigen ist konstant und die Impfung führt zu einer langanhaltenden Immunität.
Die Ausrottung der Kinderlähmung ist dem Referenten zufolge zum Beispiel deshalb schwieriger, weil es asymptomatische Infizierte gibt. Obwohl die WHO ihr Ziel verfehlt hat, die Poliomyelitis bis zum Jahr 2000 auszurotten, ist man Weinke zufolge auf einem guten Weg. Von circa 350 000 Fällen in insgesamt mehr als 100 Ländern im Jahr 1988 sei die Zahl auf momentan 340 Fälle pro Jahr in wenigen Ländern, etwa Pakistan, Afghanistan und Nigeria, gesunken. »In Krisengebieten können Impfkampagnen meist nicht gut laufen«, nannte Weinke einen Grund für das Polio-Vorkommen in diesen Ländern.
Mit Knowhow Zweifel und Vorbehalte ausräumen
Grundsätzlich unterschied der Mediziner zwischen Impfstoffen mit sehr hoher Effektivität, etwa die MMR-, Hepatitis-A- und Hepatitis-B- sowie Polio-Vakzinen, und Impfstoffen mit niedrigerer Effektivität, wie die Vakzinen gegen Typhus, Cholera, Pertussis und Influenza. »Das heißt aber nicht, dass man diese Impfstoffe nicht einsetzen soll«, betonte Weinke. Man dürfe dem Patienten nur nicht suggerieren, dass alle Impfungen einen 100-prozentigen Schutz vor der Krankheit bieten. Ein Grund, weshalb die Grippeimpfung im Vergleich zu anderen Vakzinen weniger effektiv ist, sei die hochvariable Oberfläche der Influenzaviren. Vor allem für Kinder unter fünf Jahren und für Personen über 60 Jahre seien wirksamere Vakzinen erforderlich. Tetravalente statt trivalente Grippeimpfstoffe, neue Adjuvanzien oder neue Applikationsformen, etwa intradermale oder nasale Impfstoffe, seien geeignete Strategien, um dieses Problem zu lösen. »One size fits all«, also für alle den gleichen Grippeimpfstoff, sei bei Weitem nicht das, was tatsächlich benötigt werde.
»Apotheker sollten Impfexperten sein«, appellierte Weinke an den Berufstand. Dieser solle aktiv dazu beizutragen, die Impfakzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Schließlich würden in den Apotheken große Teile der Bevölkerung erreicht. Die Pharmazeuten hätten auch das Knowhow und das nötige Vertrauen der Patienten, um Zweifel und Vorbehalte gegen Impfungen zu entkräften.