Keine Hilfe |
28.01.2014 09:56 Uhr |
Vor zwei Wochen hat der Ausschuss für Verschreibungspflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dafür gestimmt, die Verschreibungspflicht für die »Pille danach« mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aufzuheben. Dennoch gibt es starken Widerstand.
Natürlich ist die »Pille danach« für viele Menschen kein Medikament wie jedes andere. Die katholische Kirche lehnt Empfängnisverhütung grundsätzlich ab. Politiker der C-Parteien stellen sich ungern gegen die Kirche, und Ärzte warnen vor dem Wegfall der Beratung. Reichen diese Argumente aus, das Votum der BfArM-Experten zu negieren?
Sicher nicht. Entscheidend sind die Bedürfnisse der Frauen, die Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft haben. Sie wollen diese zuverlässig und risikoarm verhindern. Eine Entlassung des Wirkstoffes aus der Rezeptpflicht trägt dazu bei. Apotheken sind in Deutschland mit einem vertretbaren Aufwand rund um die Uhr zu erreichen. Dort werden die wichtigen Fragen geklärt. Wann war der Geschlechtsverkehr? Wirkt das Levonorgestrel-Präparat noch? Wie wirkt es überhaupt?
Die Schweiz zeigt, dass man die Rezeptpflicht für die »Pille danach« aufheben kann, ohne medizinischer Anarchie den Weg zu bahnen (lesen Sie dazu Pille danach: In der Schweiz berät der Apotheker). Dort berät das pharmazeutische Personal Frauen nach Richtlinien, die Apotheker und Ärzte erarbeitet haben. Dazu gehört auch die Überweisung an einen Arzt, wenn die Sinnhaftigkeit der Anwendnung nicht eindeutig ist. So könnte es auch in Deutschland laufen.
Tut es aber nicht. Stattdessen lässt die mögliche Freigabe nun Ärzte an Levonorgestrel zweifeln. Das Präparat sei weniger wirksam als die verschreibungspflichtige ulipristalhaltige »Pille danach«. Dafür gibt es zwar Indizien, zweifelsfrei belegt ist es aber nicht. Immerhin hat Levonorgestrel bei Einnahme bis höchstens 24 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eine Erfolgsquote von 95 Prozent. Die Einnahme des Präparates sei ein gravierender Eingriff in den Hormonhaushalt der Frau, sagt die Bundesärztekammer. Das sehen die Experten beim BfArM anders. Sie hätten sonst gegen die Freigabe votieren müssen. Auch die WHO hält die Substanz für gut verträglich. Solche Argumente werden offenbar verbreitet, um eigene Interessen zu wahren. Den betroffenen Frauen nützt das sicher nicht.
Daniel Rücker
Chefredakteur