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Arzneimitteltherapiesicherheit

An einem Strang ziehen

31.01.2012  17:24 Uhr

Von Sarah Lena Grahn, Berlin / Werden mehrere Arzneimittel gleichzeitig eingenommen, steigt das Risiko unerwünschter Neben- und Wechselwirkungen. Therapieversagen, Krankenhausaufenthalte und ambulante Zusatzkosten sind die Folge. In Berlin haben Fachleute jetzt eine neue Sicherheitskultur in der Arzneimittelvergabe gefordert.

In einem Punkt waren sich die Teilnehmer der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) organisierten Kooperationstagung einig: Eine Optimierung der Therapiesicherheit kann nur gelingen, wenn Haus- und Fachärzte, Kliniken, Apotheker und Patienten an einem Strang ziehen. Es wird jedoch dauern, bis dieses Zusammenspiel einen fehlerfreien Prozess von der Verordnung eines Medikaments bis zur Einnahme gewährleistet. »Wir müssen in kleinen Schritten denken«, sagte KVB-Vorstand Carl-Heinz Müller.

Obwohl die Patientensicherheit in der gesundheitlichen Versorgung seit 15 Jahren ein Thema sei, gingen etwa fünf Prozent der jährlichen Krankenhauseinweisungen auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurück, erklärte Müller. Unter älteren Patienten liege der Anteil bei zehn Prozent. Studien zufolge komme es in einer Arztpraxis mit rund 1000 kontinuierlich betreuten Patienten pro Jahr zu 180 Fällen von unerwünschten Wechselwirkungen. »40 Fälle davon hätten vermieden werden können«, sagte Müller.

 

Fehlende Compliance

 

Einer der größten Risikofaktoren neben der Polypharmazie, also der Einnahme mehrerer verschreibungspflichtiger als auch verschreibungsfreier Arzneimittel, sei die sogenannte Non-Compliance: »Durch fehlende Therapietreue der Patienten werden 50 Prozent der verschriebenen Arzneimittel nicht oder falsch eingenommen«, erklärte Müller.

 

Aus Sicht des Direktors des Instituts für Allgemeinmedizin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Ferdinand M. Gerlach, wird die Grundlage eines korrekten Medikationsprozesses in der Arztpraxis geschaffen. Gerade bei älteren Patienten sei eine Checkliste zur Arzneimittelverordnung unabdingbar: »Ist die Indikation exakt? Wurden Körpergewicht und Nierenfunktion berücksichtigt? Kann ein anderes Medikament gegebenenfalls abgesetzt werden? Ist eine Absprache mit anderen behandelnden Ärzten erforderlich?«

 

Eine wesentliche Anforderung an Therapiesicherheit stelle eine bessere Praxis-EDV dar. Die elektronische Unterstützung in deutschen Praxen sei »völlig unzureichend«, erklärte Gerlach. »Die Abrechnung ist top, die Arzneimitteltherapiesicherheit ein Flop.« Weltweit existiere kein verbindliches Anforderungsprofil für den vertragsärztlichen Bereich, das relevante Bedingungen erfülle.

 

Das Frankfurter Institut hat daher in Kooperation mit der KBV ein »Lastenheft Arzneimitteltherapiesicherheit« erstellt, das zehn wesentliche Anforderungen an Praxissoftwaresysteme formuliert. »Wichtig ist, dass klinische Basisdaten wie Alter, Gewicht, Allergien oder Schwangerschaft so gespeichert werden, dass sie bei automatischen Überprüfungen jederzeit verfügbar sind«, sagte Gerlach. Bei jeder Verordnung eines Medikaments müsse das System zudem die Einnahmeanweisung und den pharmakologischen Code generieren und vor Wechselwirkungen mit anderen Mitteln warnen. Automatisch angezeigt werden sollten auch Informationen über Kontraindiktionen bei Kindern, Älteren oder schwangeren Frauen.

 

Nach Ansicht von Müller kann eine Verbesserung der EDV jedoch nur bedingt zu einer neuen Kultur der Arzneimittelsicherheit beitragen. »Wir dürfen keine Insellösungen schaffen«, warnte er. »Wir brauchen mehr Personal, das sich die Zeit nimmt, den Patienten zu beraten.« Die Aufgabe komme vor allem Hausärzten und Apothekern zu. »Patienten brauchen einen festen Ansprechpartner, der ihre Geschichte kennt und einen für alle anderen behandelnden Ärzte ersichtlichen Medikationsplan erstellt«, sagte Müller.

 

Problem Rabattverträge

 

Ein Problem im Zusammenspiel von Arzt und Apotheker seien die Rabattverträge, beklagte Müller. »Hausärzte können keinen Medikationsplan für ihren Patienten erstellen, solange sie nicht wissen, welches Arzneimittel er schließlich in der Apotheke bekommt.« Hier seien die Krankenkassen gefragt. Erfolge in der Verbesserung der Arzneimitteltherapie könnten bereits in rund zwei Jahren erzielt werden, gab sich Müller zuversichtlich. »Das aber nur, wenn die Erfolge auch von allen Beteiligten gewollt sind.« /

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