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Neues Antibiotikum

Die dunkle Materie schlägt zurück

14.01.2015  10:26 Uhr

Von Annette Mende / Neuer Wirkstoff aus dunkler Materie isoliert – was wie der Titel eines Science-Fiction-Films klingt, ist in Wirklichkeit ein vielversprechender Ansatz zur Entwicklung neuer Antibiotika. Forscher um Losee Ling von der in Massachusetts ansässigen Firma Novobiotic Pharmaceuticals stellen ihn jetzt im Fachmagazin »Nature« vor.

Mit einem neuartigen Verfahren schafften es die Wissenschaftler, aus normalerweise nicht kultivierbaren Bodenbakterien Kolonien zu züchten. Diese Mikroorganismen bezeichnen Biologen scherzhaft als dunkle Materie, weil sie in der Petrischale nicht wachsen. Aus einem dieser Bakterien, Eleftheria terrae, isolierten die Forscher das Antibiotikum Teixobactin, das sich in Zellkulturen und bei Mäusen als sehr gut wirksam gegen grampositive Bakterien erwies. Auch Problemkeime wie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) oder Clostridium difficile reagierten gegenüber Teixobactin empfindlich (DOI: 10.1038/nature14098).

 

Naturstoffe erschließen

 

In der Anfangszeit der antibiotischen Ära kamen die meisten Substanzen aus der Natur, zum Beispiel Penicillin oder Streptomycin. Diese Wirkstoffquelle versiegte jedoch irgendwann, weil 99 Prozent aller Umweltbakterien sich nicht kultivieren lassen. Die Wissenschaftler um Ling überwanden dieses Hindernis, indem sie die Bakterien zunächst in ihrer natürlichen Umgebung anzüchteten. Dazu entwickelten sie ein spezielles Gerät, das sie mit einer stark verdünnten Bodenprobe bestückten und dann wieder eingruben. In diesem sogenannten I-Chip werden einzelne Bakterienzellen über verschiedene Kanäle voneinander getrennt und dann durch zwei semipermeable Membranen mit Nährstoffen und Wachstumsfaktoren versorgt. Auf diese Weise ließen sich aus etwa 10 000 bislang nicht kultivierbaren Bakterienarten Kolonien züchten, die auch später in der Petrischale weiterwuchsen. Von diesen zeigte Eleftheria terrae das größte antibiotische Potenzial.

Bei Teixobactin, das die Forscher als wirksame Substanz identifizierten, handelt es sich um ein Depsipeptid, also ein Molekül, das aus ester- und amid­artig verknüpften Aminosäuren besteht. Es hemmt die Zellwandsynthese doppelt: Indem es an das bakterielle Lipid II bindet, unterbricht es die Peptidoglykan- oder auch Murein-Synthese, durch Hemmung von Lipid III verhindert es die Teichonsäure-Synthese.

 

Diese Angriffspunkte dürften eine Resistenzentwicklung erschweren, sagte Seniorautor Professor Dr. Kim Lewis von der Northeastern University Boston in einer begleitenden Pressemitteilung. Im Gegensatz zu Teixobactin, das direkt mit den Vorstufen der Zellwandbausteine interagiert, seien die Zielstrukturen der meisten anderen Antibiotika nämlich Proteine, die das Bakterium relativ leicht verändern könne.

 

Weitere Forschung nötig

 

Trotz all seiner positiven Eigenschaften muss Teixobactin seine Wirksamkeit und Verträglichkeit allerdings erst noch am Menschen unter Beweis stellen, wie der nicht an der Studie beteiligte Mikrobiologe Professor Dr. Timothy Walsh von der Universität Cardiff betonte. Ein Malus des neuen Antibiotikums ist in jedem Fall, dass es gegen multiresistente gramnegative Keime nicht wirkt. Diese werden in letzter Zeit zunehmend zum Problem. Walsh zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass sich mithilfe der I-Chip-Methode noch weitere Substanzen identifizieren lassen, möglicherweise mit gramnegativem Wirkspektrum. Immerhin konnte der Anteil der nicht kultivierbaren Bakterien in der Studie von 99 auf 50 Prozent gesenkt werden. Ein Etappensieg im Kampf gegen die dunkle Materie. /

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