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Interaktionserhebung

Die Apotheke als Sicherheitsfaktor

17.01.2012  15:30 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler, München / Die schlechte Nachricht: Bei jedem sechsten Kunden in der Apotheke treten potenzielle Wechselwirkungen bei seinen Arzneimitteln auf. In jedem achten Fall sind Selbstmedikationspräparate beteiligt. Die gute Nachricht: Der weitaus größte Anteil dieser Wechselwirkungen kann durch ein persönliches Gespräch direkt in der Apotheke gelöst werden.

So lautet das Ergebnis einer Interaktionserhebung, die die Bayerische Akademie für Klinische Pharmazie (BA KlinPharm) Mitte Januar in München der Presse vorstellte. »Die Arzneimitteltherapie ist ein Hochrisikoprozess, in dem die Apotheke als Sicherheitsfaktor wirkt«, folgerte Dr. Sonja Mayer, Geschäftsführerin der Akademie, aus der Studie. Das Interaktionsrisiko steige mit dem Alter des Patienten, mit der Zahl der eingenommenen Arzneimittel sowie der Zahl der konsultierten Ärzte und Apotheken. Die Studie zeige deutlich, dass das Apothekenteam Interaktionen erkennen und lösen, aber oft schon im Vorfeld ausräumen kann.

An der Erhebung im Juli 2011 beteiligten sich Kollegen aus 96 Apotheken in ganz Bayern, die vorher eine spezielle Fortbildung absolviert hatten. Sie dokumentierten je 100 aufeinander­folgende Kundenkontakte und erhoben dabei knapp 24 000 Datensätze von 20 890 Kunden. »Bei 3374 Kunden deckten sie genau 5272 Wechselwirkungen auf«, berichtete Mayer. Durchschnittlich dokumentierte eine Apotheke 55 Probleme. Insgesamt wurden 277 Interaktions­typen gemeldet; dabei entfiel mehr als die Hälfte der Meldungen auf 14 verschiedene Wechselwir­kungen.

 

Spitzenreiter waren Schilddrüsenhormone und zweiwertige Kationen wie Calcium, Magnesium oder Zink sowie Antihypertonika und nicht-steroidale Analgetika, sagte Mayer. Das Interaktionspotenzial der polyvalenten Kationen betreffe ebenfalls Bisphosphonate und Tetrazykline. 405 Mal war ein Arzneimittel aus der Selbstmedikation beteiligt, neben Mineralstoffen unter anderem hoch dosierte Salicylate und Johanniskrautpräparate. »Jede 12. Interaktionsmeldung betraf ein OTC-Präparat«. Bei jedem 200. Kunden stellten die Apotheker eine schwerwiegende Interaktion fest – das ist durchschnittlich ein Kunde pro Apotheke und Tag. Die gleichzeitige Einnahme der Arzneimittel sei diesen Fällen kontra­indiziert und könne lebensbedrohlich sein, warnte Mayer.

 

82 Prozent der dokumentierten Probleme klärte das Apothekenteam direkt im Beratungsgespräch und empfahl beispielsweise die zeitversetzte Einnahme der Medikamente oder die häufigere Kontrolle des Blutdrucks. In 8 Prozent der Fälle erfolgte Rücksprache mit dem Arzt, in 10 Prozent war die Klärung mit dem Arzt bereits früher erfolgt. »Der Apotheker ist häufig als Mittler zwischen Arzt und Patient tätig«, betonte Ulrich Koczian, Sprecher der BA KlinPharm und Vizepräsident der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK). Die Studie zeige deutlich, wie wichtig die persönliche Beratung zu Arzneimitteln, gerade auch in der Selbstmedikation ist. Da viele Wechselwirkungen vorhersehbar sind, seien sie bei guter Beratung vermeidbar. Ein ähnliches Ergebnis habe die Interaktionsstudie der ABDA 2006 ergeben. Der komplette Überblick über die gesamte Medikation sei in der Stammapotheke am besten gegeben, sagte Koczian. / 

Kommentar

Chance nutzen

Das vom Arzt verordnete Antibiotikum greift nicht, die Schilddrüsenwerte schwanken trotz Therapie, und das Antidepressivum hat nicht die erhoffte Wirkung. Dies sind möglicherweise keine echten Therapieversager, sondern erklärbare Folgen von Interaktionen. Gut, dass Apotheker diese erkennen und Lösungswege aufzeigen können. Gut, dass es die Apothekenpflicht gibt. Diese Chance müssen Apotheker wahrnehmen und ihren Beitrag zur Arzneimittelsicherheit leisten.

 

Brigitte M. Gensthaler

PZ-Redakteurin

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