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Febrile Neutropenie

Gefürchtete Nebenwirkung vieler Zytostatika

Datum 12.01.2010  14:18 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler, München / Drastischer Abfall der neutrophilen Granulozyten und Fieber: Dies sind typische Anzeichen einer febrilen Neutropenie, an der viele Patienten unter einer Chemotherapie leiden. Lebensgefährliche Infektionen können die Folge sein. Eine Prophylaxe oder frühzeitige Gabe von Knochenmark-Wachstumsfaktoren kann die ­Erkrankung stoppen.

Viele zytotoxische Arzneistoffe beeinträchtigen die Funktion und Bildung von Blutzellen aus den Stammzellen des Knochenmarks. Unter anderem sinken die Leukozytenzahlen im Blut ab. Bei einer Neutropenie fühlen sich die Patienten matt und abgeschlagen, viele entwickeln eine Mundschleimhautentzündung oder bekommen Schluckbeschwerden. »Neun von zehn Tumorpatienten entwickeln unter der Chemotherapie eine Neutropenie«, berichtete Professor Dr. Hartmut Link vom Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern beim Münchner Presseworkshop zur Supportivtherapie in der Onkologie. Fällt die Zahl der Granulozyten unter einen kritischen Wert (in der Regel 500/µl), steigt das Risiko für Fieber und Infektionen deutlich an.

Von einer febrilen Neutropenie (FN) sprechen die Ärzte, wenn die orale Temperatur einmalig über 38,3 °C oder eine Stunde lang über 38 °C und die Neutrophilen unter 500/µl liegen. »Die febrile Neutropenie ist ein Ersatzbegriff für schwere Infektionen«, sagte Link. Fieber bei einer chemotherapieassoziierten Neutropenie sei bei 95 Prozent der Patienten auf eine Infektion zurückzuführen, auch wenn bei mehr als der Hälfte kein Keim nachweisbar ist. Erfahrungsgemäß können Antibiotika das Fieber bei etwa zwei Drittel der Patienten senken. Allerdings verlaufen etliche Infektionen auch tödlich. Eine Studie mit mehr als 40 000 Patienten, die unter einer Chemotherapie wegen FN ins Krankenhaus kamen, zeigte eine generelle Mortalität von 9,5 Prozent. Traten Komplikationen wie Sepsis, Lungenentzündung, Leukämie oder Lungenembolien auf, starb jeder fünfte Patient.

 

Die Neutropenie ebnet nicht nur bakteriellen Erregern den Boden, sondern auch Pilzen. »Sie ist der Hauptrisikofaktor für eine Aspergillose«, berichtete Professor Dr. Helmut Ostermann vom Universitätsklinikum München-Großhadern. Die invasiven Mykosen haben eine hohe Letalität. Sinkt das Fieber trotz viertägiger Antibiotika-Therapie nicht, müsse eine weitergehende Diagnostik, zum Beispiel mit Computertomografie, erfolgen. Für die empirische antimykotische Therapie sind Caspofungin und liposomales Amphotericin B zugelassen; off-label werden auch Azole wie Itraconazol, Posaconazol oder Voriconazol eingesetzt. Ist die Aspergillus-Infektion nachgewiesen, gelten Voriconazol und liposomales Amphotericin als Erstlinien-Medikation.

 

Abstriche vom Therapieprotokoll

 

Längerfristig zwingt eine Neutropenie oft zur Dosisreduktion der Krebsmedikamente oder Verschiebung des nächsten Chemotherapiezyklus. Dies könne den Erfolg der Chemotherapie jedoch reduzieren oder sogar infrage stellen, warnte Link. Eine Alternative biete die prophylaktische Gabe von Antibiotika und/oder Knochenmark-Wachstumsfaktoren wie Granulozyten- und Granulozyten-Makrophagen Kolonie-stimulierenden Faktoren (G- und GM-CSF). Im Handel sind Filgrastim (inzwischen auch als Biosimilar), die pegylierte Form Pegfilgrastim und Lenograstim. Alle könnten das FN-Risiko in etwa halbieren, sagte Link. Dosisdichte Therapieregime mit verkürzten Intervallen, zum Beispiel bei Applikation alle 14 Tage, sind nur mit G-CSF-Unterstützung möglich.

 

Ob die Wachstumsfaktoren schon vorbeugend eingesetzt werden, hängt vom Neutropenie-Risiko ab. Dieses richtet sich nach der Chemotherapie selbst sowie krankheits- und patientenbezogenen Faktoren. Kombitherapien haben ein höheres Risiko als Monotherapien, ebenso stark myelo- oder schleimhauttoxische Substanzen. Kombinationen, die häufig bei Patienten mit Brust-, Eierstock- oder Lungenkrebs oder bei aggressivem Non-Hodgkin-Lymphom eingesetzt werden, bergen ein hohes Risiko.

 

Patienten, bei denen der Krebs das Knochenmark infiltriert hat, Senioren ab 65 Jahren, Frauen, Patienten mit schlechtem Ernährungsstatus, eingeschränkter Immunfunktion oder reduziertem Allgemeinzustand sind besonders gefährdet für eine FN. Gleiches gilt, wenn sie unter einer vergleichbaren Chemotherapie einmal eine schwere Neutropenie erlitten haben oder bereits an einer Neutropenie (unter 1000/µl) oder Lymphozytopenie leiden.

 

Patienten mit einem Neutropenie-Risiko über 20 Prozent sollten gemäß internationaler Leitlinien vorbeugend G-CSF erhalten, erklärte der Onkologe. Bei einem Risiko zwischen 10 und 20 Prozent solle man je nach Patient abwägen. Unter 10 Prozent sei eine prophylaktische Gabe nicht angezeigt. Studien hätten gezeigt, dass die primäre Prophylaxe die Neutropenierate, Krankenhauseinweisungen und Häufigkeit einer Dosisreduktion der Chemotherapie deutlich besser verringerte als die CSF-Gabe nach Auftreten einer Neutropenie. / 

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