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Europäisches Arzneibuch

4. Nachtrag in Kraft

Datum 12.01.2010  14:18 Uhr

Von Karsten Albert / Pünktlich zum Jahreswechsel war es wieder einmal so weit. Das Europäische Arzneibuch, 6. Ausgabe wird um den Nachtrag 6.4 mit sechs neuen Monographien, 40 grundlegend überarbeiteten und zahlreichen korrigierten Vorschriften erweitert.

Der am 1. Januar 2010 in Kraft getretene Nachtrag Ph. Eur. 6.4 ist die deutsche Übersetzung des seit Oktober 2008 verbindlichen »European Pharmacopoeia Supplement 6.4« (1). Die Bundesrepublik Deutschland erfüllt damit ihre Verpflichtung, von der Europäischen Arzneibuch-Kommission beschlossene Texte in geltende Normen zu überführen. Aktuell umfasst das Europäische Arzneibuch das dreibändige Grundwerk Ph. Eur. 6.0 und vier nicht kumulative Nachträge.

 

Neue und gestrichene Monographien

 

Der Nachtrag enthält sechs neue Monographien, darunter eine für einen Impfstoff (Rotavirus-Lebend-Impfstoff, oral) und fünf Prüfvorschriften für Ausgangsstoffe:

 

Mit Wasser hergestellter Baldriantrockenextrakt

Fluvastatin-Natrium

Losartan-Kalium

Ölbaumblättertrockenextrakt

Pfefferminzblättertrockenextrakt

 

Gestrichen wurden die allgemeinen Texte »Bruchfestigkeit von Suppositorien und Vaginalzäpfchen«, »Prüfung der entnehmbaren Masse oder des entnehmbaren Volumens bei halbfesten und flüssigen Zubereitungen« sowie »Schütt- und Stampfvolumen«. Entfallen sind ebenfalls die Einzelmonographien für Acriflaviniummonochlorid, Lindan und Pertussis-Impfstoff.

 

Revidierte Monographien

 

Mit dem Nachtrag Ph. Eur. 6.4 werden zahlreiche bestehende Monographien der Ph. Eur. aktualisiert (2):

 

Chromatographische Trennmethoden (2.2.46): Die allgemeine Methode ist sehr wichtig für die korrekte Auswertung von Chromatogrammen und wurde jetzt, nachdem sie viele Jahre lang gültig war, unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrungen gründlich überarbeitet.

 

Im Zuge der Revision wurde zum Beispiel im Abschnitt »Definitionen« so weit wie möglich die IUPAC-Terminologie übernommen. Zur besseren Beschreibung der »Ausschlusschromatographie« und für das »Dwell-Volumen« bei der Hochdruckflüssigkeitschromatographie mit Gradientenelution wurden zusätzliche Definitionen eingeführt. Bei der Berechnung des »Signal-Rausch-Verhältnisses« hat sich folgende Änderung ergeben: Das Beobachtungsfenster der Grundlinie wurde auf die Strecke verkleinert, die mindestens dem Fünffachen der Breite des zu beurteilenden Peaks in halber Höhe entspricht. Auf diese Weise kann das Kurzzeitrauschen besser gemessen werden.

Im Abschnitt »Systemeignung« wird ausgeführt, dass für die Prüfung auf »Verwandte Substanzen« und bei der »Gehaltsbestimmung« nur der Peak einer zur Quantifizierung herangezogenen Referenzsubstanz den vorgeschriebenen Symmetriefaktor von 0,8 bis 1,5 haben muss. Ausnahmen von dieser Regel werden jeweils in der Einzelmonographie genannt. Außerdem wird klargestellt, dass sich die Forderungen zur Wiederholpräzision nur auf Gehaltsbestimmungen wirksamer Substanzen mit einem Wert von 100 Prozent beziehen. Für die Prüfung »Verwandte Substanzen« entfallen die Forderungen an die Nachweisgrenze, da sie durch Einhaltung der vorgeschriebenen Bestimmungsgrenze schon erfüllt sind.

 

Das Kapitel »Einstellen der Chromatographiebedingungen« wurde besonders im Hinblick auf die Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) erweitert. Die isokratische Elution und die Gradientenelution werden nunmehr getrennt beschrieben. Für die tägliche HPLC-Praxis sehr hilfreich ist eine neu eingeführte Formel, die es bei Verwendung einer Säule mit abweichenden Dimensionen ermöglicht, die Durchflussrate in der erforderlichen Weise anzupassen.

 

Die Erfahrung zeigt, dass die HPLC mit Gradientenelution gegenüber Änderungen der Gerätekonfiguration empfindlicher ist als bei isokratischer Elution. Falls es bei der Anwendung einer Gradientenelution Schwierigkeiten gibt und keine Übereinstimmung mit den Anforderungen der Monographie an die Systemeignung besteht, werden im Abschnitt »Dwell-Volumen« Vorschläge zur Lösung des Problems gemacht.

 

Benzalkoniumchlorid, Benzalkoniumchlorid-Lösung: Die Substanz ist ein Gemisch aus Alkylbenzyldimethylammoniumchloriden, deren Alkylteil hauptsächlich aus C12-, C14- und C16-Ketten besteht. Zur genaueren Definition des Wirkstoffs werden in der revidierten Monographie das Verhältnis der Alkylketten und die mittlere relative Molekülmasse hochdruckflüssigkeitschromatographisch bestimmt. Die mittlere Molekülmasse wird auch zur Berechnung des Gehalts herangezogen. Benzalkoniumchlorid muss aufgrund seiner Hygroskopizität künftig »Dicht verschlossen« gelagert werden.

Wasserfreies Calciumhydrogenphosphat, Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat, Calciumsulfat-Dihydrat, Tricalciumphosphat: Die Salze können als Füllmittel in Tabletten und Kapseln verwendet werden. Um sie für diesen Verwendungszweck besser zu charakterisieren, wurden die Monographien um den Abschnitt »Funktionalitätsbezogene Eigenschaften« mit Angaben zur Partikelgrößenverteilung, zur Schütt- und Stampfdichte und zum Fließverhalten ergänzt.

Carbomere: Die Monographie dieser Verdickungsmittel wurde ebenfalls um die »Funktionalitätsbezogenen Eigenschaften« mit einer Bestimmung der »Scheinbaren Viskosität« erweitert. Der Punkt »Beschriftung«, in dem früher die Deklaration der Viskosität gefordert wurde, ist entfallen.

Leichtes basisches Magnesiumcarbonat, Leichtes und Schweres Magnesiumoxid: Die Substanzen dienen unter anderem als Füllmittel für feste Darreichungsformen zum Einnehmen. Im Abschnitt »Funktionalitätsbezogene Eigenschaften« wurden als relevante Prüfparameter für die Eignung als Füllmittel Bestimmungen der Partikelgrößenverteilung sowie der Schütt- und Stampfdichte aufgenommen. Auf diese Weise lassen sich auch die »leichten« und »schweren« Qualitäten unterscheiden. Wegen der schlechten Fließeigenschaften wurde auf die Prüfung des Fließverhaltens verzichtet.

Wasserfreies Magnesiumcitrat: Das wasserfreie Salz kann herstellungsbedingt oder auf Grund seiner Hygroskopizität geringe Mengen (500 ppm) des in Wasser praktisch unlöslichen Nonahydrats enthalten. Der Gehalt der Verunreinigung wird mit der Prüfung »Aussehen der Lösung« durch Vergleich mit der Referenzsuspension III begrenzt.

Melissenblätter, Orthosiphonblätter, Thymian: Die mikroskopische Identifizierung wird durch Aufnahme der Abbildungen wichtiger anatomischer Merkmale der gepulverten Drogen erleichtert. In der Monographie »Melissenblätter« wurde die bisherige spektralphotometrische Gehaltsbestimmung durch ein HPLC-Verfahren auf die Leitsubstanz Rosmarinsäure ersetzt. Als Mindestgehalt der getrockneten Droge wird 1,0 Prozent gefordert.

Phenytoin: Die 2. Identifikationsreihe mit apothekengerechten Nachweisen wurde aus Gründen des Arbeitsschutzes im Arzneibuch gestrichen. Ein geeignetes Alternativverfahren ohne gefährliche Reagenzien steht im Band 3 des Deutschen Arzneimittel-Codex zur Verfügung. / 

 

Literatur

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European Pharmacopoeia, Supplement 6.4 to the 6th Edition, Council of Europe, Strasbourg, France, 2008.

N.N., Comments concerning some revised/corrected texts published in supplement 6.4, Pharmeuropa 20 (2008) 616-619.

 

Kontakt:

Dr. Karsten Albert

Höhenstraße 25

61476 Kronberg

albert.kronberg(at)t-online.de

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