Ausdauersport auf Eliteniveau erhöht Risiko drastisch |
Annette Rößler |
07.07.2025 16:20 Uhr |
Rudern ist ein Kraft-Ausdauersport, der den gesamten Körper trainiert – und bei gutem Wasser aus Sicht von Ruderern der beste Sport der Welt. / © Adobe Stock/Erickson Stock
Regelmäßige sportliche Betätigung, insbesondere Ausdauertraining, senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und hat darüber hinaus noch zahlreiche andere Vorteile. Diese Aussage trifft auf die allermeisten Menschen voll und ganz zu. Aus Studienergebnissen, die jetzt im »European Heart Journal« erschienen sind, lässt sich aber für ehemalige Elite-Athleten in bestimmten Sportarten eine Einschränkung von dieser Grundregel ableiten. Denn die Studie belegt ein drastisch erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern bei ehemaligen Top-Ausdauersportlern.
Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste Herzrhythmusstörung und die Prävalenz nimmt mit steigendem Alter zu. Laut Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sind etwa 2 Prozent der Bevölkerung von VHF betroffen; von den über 65-Jährigen sind es etwa 8 Prozent. Langfristig erhöht VHF das Risiko für Herzinsuffizienz und Schlaganfälle.
Zu den bekannten Risikofaktoren für VHF zählen etwa starker oder häufiger Alkoholkonsum, Rauchen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, deutliches Übergewicht und Schlafapnoe – also größtenteils Verhaltensweisen beziehungsweise Faktoren, die man eher nicht mit Leistungssportlern assoziiert. Da frühere Untersuchungen allerdings ein erhöhtes Risiko für VHF bei (ehemaligen) Ausdauersportlern gezeigt hatten, untersuchte ein Team um Dr. Darragh Flannery von der University of Melbourne in Australien den Zusammenhang nun erneut.
Sie rekrutierten 121 ehemalige Leistungsruderer im Alter zwischen 45 und 80 Jahren (median 62 Jahre), die mindestens zehn Jahre lang auf internationalem Spitzenniveau gerudert waren, und verglichen diese mit insgesamt 11.495 gematchten Kontrollpersonen ohne Leistungssport-Karriere aus der UK Biobank. Dabei stellten sie fest, dass bei 26 der ehemaligen Ruderer (21,5 Prozent) ein VHF vorlag, aber nur bei 364 Kontrollen (3,2 Prozent). Vier Jahre später hatten sechs weitere Ruderer ein VHF entwickelt (6,3 Prozent), gegenüber 252 Kontrollen (2,3 Prozent).
Diese Risikoerhöhung war offenbar vor allem auf ein verstärktes Remodelling am Herzen zurückzuführen, das die Autoren ebenfalls belegen konnten, und weniger auf genetische Faktoren: VHF-Risikogene wurden bei den Ruderern insgesamt nur selten gefunden (2,7 Prozent) und waren bei denjenigen mit VHF nicht häufiger als bei denjenigen ohne VHF. Trotz eines vergleichbaren kardiovaskulären Risikoprofils hatten anteilig bereits mehr ehemalige Athleten als Kontrollen einen Schlaganfall erlitten, nämlich 3,3 versus 1,1 Prozent.
»Als klinisch tätiger Arzt hat es mich nicht erstaunt, dass Ruderer häufiger Vorhofflimmern entwickeln«, kommentierte Seniorautor Professor Dr. André La Gerche die Ergebnisse gegenüber der Nachrichtenseite »Medscape«. Überrascht sei er aber über die Größe des Unterschieds gewesen, so der Kardiologe weiter. Weitere Lehren aus der Studie seien, dass das Risiko noch Jahre nach dem Ende der Sportlerkarriere erhöht bleibe und dass dies nicht bloß auf genetische Faktoren zurückzuführen sei.
Angesichts dieser Ergebnisse sollten Kardiologen häufiger auch Masters-Ruderer auf VHF screenen, so Dr. Jeffrey Hsu, ein Kardiologe an der University of California in Los Angeles, der nicht an der Studie beteiligt war. Masters-Ruderer sind Menschen ab einem Alter von 27 Jahren, die den Rudersport ausüben. Wie in anderen Sportarten auch, gibt es beim Rudern Wettkämpfe speziell für ältere Teilnehmende, sogenannte Masters-Regatten.