Aufhebung des Lieferkettengesetzes gefordert |
Die große Koalition aus Union und SPD brachte das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz im Frühjahr 2021 in den Bundestag ein. Anfang 2023 trat es in Kraft. Nun will die Union das Gesetz, an dem sie selbst beteiligt war, wieder aufheben. / © IMAGO/ANP
Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (LkSG) für Unternehmen ab einer Größe von 3000 Mitarbeitern, seit dem 1. Januar 2024 für Betriebe mit mindestens 1000 Mitarbeitern. Es verpflichtet die Unternehmen, bestimmte Sorgfaltspflichten zu beachten, die sich auf die gesamte Lieferkette erstrecken. Ziel ist es, Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung vorzubeugen oder sie zu verringern.
Im Oktober hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits beantragt, das LkSG wieder abzuschaffen, war damit aber bei einer namentlichen Abstimmung im Bundestag gescheitert.
Nach dem Platzen der Ampelkoalition wagte die Unionsfraktion am Mittwoch erneut einen Vorstoß. In ihrem Gesetzentwurf zur Aufhebung des LkSG bezeichnet sie zwar den Schutz von Menschenrechten und Umwelt als »zentrales Anliegen der Bundesrepublik Deutschland« und von deutschen Unternehmen. Schon bald nach Inkrafttreten des LkSG habe sich aber gezeigt, dass das Gesetz insbesondere im Hinblick auf umfangreiche jährliche Berichtspflichten überprüft werden müsse.
Zugleich hätten verschiedene Krisen den Druck auf internationale Lieferketten erheblich erhöht und dadurch entsprechende Wirtschaftsbeziehungen erheblich erschwert, führt die Unionsfraktion aus. Sie kritisiert die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), die weit über deutsche Vorgaben hinausgehe. »Es macht keinen Sinn, an den teilweise deutlich unterschiedlich geregelten Verpflichtungen aus dem deutschen LkSG festzuhalten und gleichzeitig von den Unternehmen zu erwarten, dass sie sich auf das Inkrafttreten der europäischen Lieferkettenrichtlinie vorbereiten«, heißt es. Diese »vermeidbare Mehrbelastung« habe einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen in der Europäischen Union zur Folge. Aus diesem Grund fordert die Unionsfraktion, das LkSG mit sofortiger Wirkung außer Kraft zu setzen.
Der FDP ist das LkSG schon länger ein Dorn im Auge. Die Parteispitze hatte im Frühjahr bereits versucht, das EU-Lieferkettengesetz zu verhindern, das schließlich doch beschlossen wurde.
Am Mittwoch legte die FDP-Bundestagsfraktion einen Gesetzentwurf zur »Freiheit von Lieferkettenbürokratie und zur Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes« (Lieferkettenbürokratiefreiheitsgesetz) vor.
Die Liberalen kritisieren darin vor allem, dass der Gesetzgeber mit dem LkSG einen bürokratischen Ansatz gewählt habe, um die deutschen Unternehmen dazu zu verpflichten, ihre globalen Lieferketten genauer zu kontrollieren. Daher habe sich das Gesetz, das im Frühjahr 2021 die damalige große Koalition aus Union und SPD in den Bundestag eingebracht und das der Bundestag am 11. Juni 2021 verabschiedet hatte, nicht bewährt. Aus Sicht der Liberalen bewirkt »die teure Lieferkettenbürokratie« einen »Kollateralschaden für die Menschenrechte«, da »gerade die ärmsten Länder aufgrund hoher Bürokratiekosten aus den Lieferketten deutscher Unternehmen gedrängt« würden.
Weit über den direkten Adressatenkreis des Gesetzes hinaus habe sich das LkSG als großes zusätzliches Handelshemmnis erwiesen. Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter rund 2.400 auslandsaktiven Betrieben habe bereits 2023 gezeigt, dass die bürokratischen Belastungen des Gesetzes einen weitaus größeren Umfang angenommen haben, als ursprünglich von der damaligen Bundesregierung erwartet.
Die Liberalen gehen davon aus, dass mit der Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gesetzes auf Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten seit 1. Januar 2024 auch die Bürokratiebelastung deutlich angewachsen sei. Wenn sich Unternehmen aus Sorge vor Bußgeldern aus den Ländern zurückzögen, die von Investitionen aus Deutschland am meisten profitieren würden, sei niemandem geholfen. Es müsse dann davon ausgegangen werden, dass die Marktlücke vielfach von jenen Staaten gefüllt werde, die sich nicht an hohe Standards gebunden fühlten – mit entsprechend negativen Folgen für Menschenrechte, Arbeitsstandards und Umweltschutz, führen die Liberalen weiter aus.
Die Unterzeichner fordern daher, das Gesetz mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Damit könnten die schätzungsweise 2217 betroffenen Unternehmen mit mindestens 1000 Mitarbeitern Kosten in Höhe von rund 43,5 Millionen Euro einsparen, wodurch deren Produktivität erhöht werde. Auch die öffentlichen Haushalte würden entlastet, da der Bund die Einhaltung der Berichtspflichten nicht mehr kontrollieren müsse, argumentieren die FDP-Abgeordneten.