Auch die Schleimhaut braucht Pflege |
Eine intakte Schleimhaut in Nase, Mund und Rachen hilft, Krankheitserreger abzuwehren. / Foto: Getty Images/
Genauso wie unsere Haut erfüllt auch die Schleimhaut in Nase, Rachenraum und Kehlkopf verschiedene Aufgaben. Eine wesentliche ist die Barrierefunktion gegenüber Krankheitserregern sowie deren Abtransport. Um dies zu gewährleisten, liegt der Schleimhaut ein feuchter Schutzfilm auf, der es zum Beispiel Viren erschwert, die Epithelzellen zu infizieren.
Diese natürliche Filmauflage kann freilich durch so manche Faktoren beeinträchtigt werden. Dazu gehören allen voran Krankheitserreger, darunter auch Allergieauslöser wie Pollen, die in der Schleimhaut für lokale Entzündungsreaktionen sorgen. Aber auch eine Überbeanspruchung durch lautes und häufiges Sprechen sowie verschiedene Medikamente wie Antihistaminika, Antihypertensiva oder Antidepressiva lassen die Mundschleimhaut austrocknen. Das schränkt deren Barrierefunktion ein. Eine ausgetrocknete Schleimhaut ist rau, wund, hypersensibel und fühlt sich deshalb unangenehm an.
Präparate mit Schleimstoff-haltigen Drogen wie Isländisch Moos (zum Beispiel Isla® Halspastillen), Eibisch (zum Beispiel Phytohustil®) oder Primelwurzel (zum Beispiel Ipalat® Halspastillen) befeuchten die Schleimhäute, indem sie den Speichelfluss anregen und mucilaginös wirken. Die in den Schleimstoffen enthaltenen Polysaccharide bilden mit dem Speichel eine Art Schutzfilm, der sich über die Schleimhaut legt. Entzündete Epithelzellen werden so vor weiteren Reizen geschützt. Ein Wirkprinzip, das schon lange bekannt ist und der Apotheker Karl Friedrich Engelhard vor mehr als 150 Jahren zum ersten Mal in einer definierten Arzneiform genutzt haben dürfte: 1868 führte er die Isla Moos Pasta ein, die den gleichen Spezialextrakt enthielt, der auch heute noch den Isla® Halspastillen ihre Konsistenz gibt.
Eine befeuchtende Wirkung versprechen zudem Rachentherapeutika mit Hyaluronsäure (zum Beispiel Isla® med, GeloTonsil®, GeloRevoice®). Eine schleimhautstärkende Wirkung wird auch Ectoin zugeschrieben, einer Substanz, die einst aus Mikroorganismen in der Nähe von Geysiren gewonnen wurde. Es stabilisiert auf physikalischem Wege die Zellmembranen, indem es einen Hydro-Komplex bildet und so die Zellstrukturen vor weiteren Virenattacken schützt (Osmoregulation). In Kombination mit Eibischwurzel-Trockenextrakt und Honig (Naturalis® Mund- und Rachenspray) schützt es das Epithel. Die so mögliche Rehydratisierung und die Abschirmung der peripheren Sensorikrezeptoren führt zu einer signifikanten Symptomlinderung bei einer vorliegenden akuten Pharyngitis.
Das Atemwegsepithel wird durch eine oberflächliche hochvisköse Mukusschicht – auch als Gelphase bezeichnet – und eine direkt den Epithelzellen anliegende wässrige Flüssigkeitsschicht (Solphase) bedeckt, in der die Zilien der Flimmerepithelzellen schlagen. An der Luft-Mukus-Grenze ist die Gelphase von einem Surfactant-Film überzogen, der zu 90 Prozent aus Phospholipiden, zu 10 Prozent aus Proteinen besteht. Unter den Phospholipiden bilden gesättigte und ungesättigte Formen des Phosphatidylcholins (Lecithin) mengenmäßig den größten Anteil.
Surfactant fungiert im Atemwegsepithel quasi als Spülmittel: Es vermindert die Viskosität des Schleims und wandelt die Gelphase in eine Art Schaumteppich um. / Foto: Adobe Stock/Philip Steury
Es stabilisiert diese zweilagigen Schleimschichten und reduziert im Bereich der gesamten respiratorischen Schleimhaut dessen Oberflächenspannung und Viskosität. Surfactant agiert quasi als Spülmittel der Atemwege, was nicht nur die Zilien-Schlagfrequenz erhöht, sondern die gesamte mukoziliäre Clearance verbessert. Partikel, Bakterien und Viren können dadurch leichter abtransportiert werden. Zudem hemmt Surfactant die Zytokin-Freisetzung aus Makrophagen und reguliert den Flüssigkeitseinstrom aus dem Gewebe auf die Luft-Schleim-Grenzfläche der Atemwege. Auch eine direkte regulierende Wirkung bei respiratorischen Virusinfektionen konnte nachgewiesen werden. Dieses natürliche spezifische und unspezifische Abwehr- und Selbstreinigungssystem wird durch jede Beeinträchtigung des Surfactants gestört.
Bis heute ist es nicht gelungen, Surfactant synthetisch herzustellen. Eine Option der Stabilisierung des Surfactants und damit zur Schleimhautpflege bietet dagegen die inhalative Substitution durch Phospholipid-Liposome, also Vesikel des Phosphatidylcholins als in sich abgeschlossene Lipidmembran-Lamellen. Für Augen, Nase, Mundhöhle und Atemwege stehen unterschiedliche Applikationsformen zur Verfügung.
Dabei gehen die Effekte dieser Liposomen-Pflege über die Linderung der Heiserkeit bei professionellen Vielrednern und Sängern und eine Symptombesserung bei Asthmatikern sowie COPD-Patienten hinaus. Bei allergischer Rhinopathie konnten Liposom-haltige Nasensprays (wie Liponasal®) eine ebenso signifikante Reduktion des Rhinoconjunktivalen Scores und Lebensqualitätsverbesserung erreichen wie die Leitlinien-empfohlene Kombinationstherapie topischer Antihistaminika und Glucocorticoide, und das bei sehr guter Verträglichkeit.
Beim primären Sjögren-Syndrom wurde nicht nur die Sicca-Symptomatik in Mund und Rachen, im Nasen- und konjunktivalen Bereich deutlich reduziert, auch der Surrogatparameter für Autoimmunerkrankungen, die Interleukin-6-Konzentration, ließ sich signifikant senken.
Studiengesicherte Ergebnisse liegen für Phospholipid-Liposomen-haltige Nasensprays weiter vor zu therapieresistenten Krankheitsbildern wie Rhinitis sicca und chronischer Sinusitis. Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren häufig quälende Geruchs- und Geschmacksstörungen ließen sich mit liposomalen Sprays lindern. Sogar die sinunasalen Symptome bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden konnten mit dem zusätzlichen Einsatz liposomaler Sprays besser reduziert werden als unter alleiniger immunmodulierender Therapie. Phospholipid-Liposomen-Inhalationen (wie Lipoaerosol®, Liposaliva®) konnten bei tracheotomierten Patienten die funktionelle Integrität des Tracheobronchialsystems aufrechterhalten und eine starke Reduktion des IL-6-Wertes im Sekret induzieren.
Auch zur Wirksamkeit bei Covid-19 und anderen Atemwegsvirusinfektionen liegen Ergebnisse aus In-vitro- und In-vivo-Studien vor. Phospholipide scheinen bevorzugt an den am Nasendach gelegenen Riechrezeptoren anzudocken, über welche Viren wie SARS-CoV-2 Anosmie auslösen. Damit könnten diese blockiert und Riechstörungen – zumindest teilweise – verhindert werden. Positive Praxiserfahrungen gibt es bei der Behandlung Post-Covid-19-bedingter Riechstörungen mit solchen Liposomen-Präparaten.
Auch Sicca-Patienten, deren trockene Augen aufgrund einer Meibomdrüsen-Dysfunktion bestehen, profitieren von einem Tänenersatzmittel mit Lipidzusatz. Phospholipide können nicht nur getropft, sondern auch aufgesprüht werden. Und zwar mit Sprays, in denen die Phospholipide in Liposomen verpackt vorliegen (wie Polyeye® Comfort, Tears Again®, Ocuvers® Spray, Liponit® Augenspray). Sie werden auf das geschlossene Augenlid gesprüht. Die Liposomen wandern über die Lidränder nach und nach ins Auge und werden in den Lipidfilm der Tränenflüssigkeit integriert, was zu einem normalen Verdunstungsschutz führen soll.
Gurgeln mit iso- oder hypertonen Salzlösungen, Salbeitee oder Hyaluronsäure (wie Gelotonsil® Gurgelgel) gehört bei Halsschmerzen und Schluckbeschwerden zu einem überaus beliebten Hausmittel. Auch bei Pilzinfektionen sind Mundspüllösungen ein guter Tipp. Weil die Wirkstoffe beim Gurgeln direkt in Kontakt mit der entzündeten hinteren Rachenschleimhaut gelangen, werden »die Spülungen mit Musik« als wohltuend und schmerzlindernd empfunden. Mit Lutschtabletten oder Bonbons erreicht man dagegen die entzündeten Areale nur weniger gut.
Bei Kehlkopfentzündungen kann das Gurgeln jedoch nicht viel ausrichten. Für Gurgellösungen ist gewissermaßen im Rachen Schluss: Da sich beim Schlucken oder Gurgeln der Kehlkopfdeckel über den Kehlkopf legt, damit nichts in die Luftröhre gelangt, erreicht die Gurgellösung den entzündeten Bereich nicht.