Assistierte Telemedizin regional erproben |
Apothekenteams sollen Patienten künftig dabei unterstützen dürfen, beispielsweise Videosprechstunden wahrzunehmen. Die Pläne sind jedoch umstritten. / Foto: Adobe Stock/Agenturfotografin
Am 30. August stimmte das Bundeskabinett dem Entwurf des »Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens« (Digital-Gesetz) zu. Rechtzeitig vor der Plenarsitzung des Bundesrats am 20. Oktober hat sich der Gesundheitsausschuss der Länderkammer in der vergangenen Woche zum Gesetzentwurf geäußert. Die Stellungnahme liegt der PZ vor. Demnach tragen die Länder grundsätzlich die Pläne mit, sehen aber bei einigen Themen Änderungs- und Ergänzungsbedarf.
Mit dem Gesetz sollen elektronische Verordnungen ab 1. Januar 2024 Pflicht werden. Ab Januar 2025 sollen Versicherte eine elektronische Patientenakte (EPA) erhalten, sofern sie nicht ausdrücklich widersprochen haben. Geplant ist zudem, dass Apotheken künftig assistierte Telemedizin anbieten dürfen. Konkret sollen die Teams in den Offizinen die Möglichkeit haben, Patienten zu ambulanten telemedizinischen Leistungen zu beraten. Sie sollen sie zudem vor Ort anleiten können, wenn sie diese in Anspruch nehmen möchten. Weiterhin sollen sie anlässlich einer telemedizinischen Leistung, beispielsweise einer Videosprechstunde, einfache medizinische Routineaufgaben zur Unterstützung durchführen dürfen. Während Ärzteverbände assistierte Telemedizin in Apotheken ablehnen, begrüßt die ABDA diese Möglichkeit. Zugleich hat die Bundesvereinigung den Gesetzgeber aufgefordert, die finanziellen, räumlichen und technischen Voraussetzungen für die neue Leistung konkreter zu benennen.
Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats betont in seiner Stellungnahme nun, dass die Einbindung von Apotheken in telemedizinische Versorgungsprozesse – vor allem im ländlichen Raum – grundsätzlich ein niedrigschwelliger Versorgungsansatz sein kann. Die Behandlungshoheit obliege aber weiterhin der versorgenden Ärztin beziehungsweise dem versorgenden Arzt. Zudem empfiehlt der Gesundheitsausschuss, zunächst in einzelnen Regionen zu erproben, welche Leistungen sich für eine derartige Versorgungsform eigneten. Dafür kämen beispielsweise ländliche oder strukturschwache Regionen infrage. Der Ausschuss dringt dabei darauf zu klären, »welche Aufgaben an das Personal in Apotheken im Rahmen der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten überhaupt delegiert werden können«, heißt es.
Dass gesetzlich Versicherte ab Januar 2025 automatisch eine EPA erhalten sollen, sofern sie nicht ausdrücklich widersprochen haben (Opt-out-Regelung), begrüßt der Gesundheitsausschuss des Bundesrats. Dieser »Systemwechsel« werde »den lange vorbereiteten Durchbruch für eine digitale Versorgung bringen«, heißt es in der Stellungnahme. Der Ausschuss äußert sich auch zum digitalen Medikationsplan, der als erste EPA-Anwendung zum Einsatz kommen soll. So fordert er, gesetzlich zu klären, »ob der Vollständigkeit des Medikationsplans Vorrang vor dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Versicherten eingeräumt werden soll«. Zum einen empfiehlt der Ausschuss, Versicherte über mögliche stigmatisierende oder diskriminierende Folgen einer Speicherung und Übertragung von Gesundheitsdaten aufzuklären, die sie durch den Gebrauch des Widerspruchsrechts vermeiden könnten. Zum anderen könne auch die Speicherung bestimmter Medikamente im Medikationsplan möglicherweise zu Stigmatisierung oder Diskriminierung führen.
Generell sorgt sich der Ausschuss, dass die Einführung der Opt-out-basierten EPA womöglich nicht ausreichend fachlich und kommunikativ begleitet wird. So fordert er eine »intensive kommunikative Begleitung durch das Bundesministerium für Gesundheit beziehungsweise die Digitalagentur/Gematik«. Diese sollten flankierend zur vorgesehenen Informationspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) allgemein, niedrigschwellig und leicht verständlich über die grundsätzliche Funktionsweise und Sicherheit, Nutzen und Vorteile von Gesundheitsdaten sowie den Gebrauch von Basisfunktionen und analoge Alternativen aufklären. Darüber hinaus fordert der Gesundheitsausschuss, dass der Widerspruch gegen das Opt-out niedrigschwelliger möglich sein sollte. Weiterhin dringt der Ausschuss darauf, die verpflichtenden Regelungen für die Opt-out-Lösung der EPA auch in der privaten Krankenversicherung zu verankern.