| Cornelia Dölger |
| 29.12.2025 13:00 Uhr |
Die Apotheke vor Ort werde in Deutschland vor allem als »Vertriebsstelle und Kostenfaktor« gesehen, meint der niederländische Arzt und Gesundheitsunternehmer Rob Neeter. / © imago images/Reiner Zensen
Bei LinkedIn äußerte Neeter unlängst sein Unverständnis darüber, »dass in Deutschland der Wert der Apotheke vor Ort für die Gesundheitsversorgung nicht verstanden wird«. Vielmehr werde die Offizin als »Vertriebsstelle und Kostenfaktor« gesehen, so Neeter in seinem Beitrag. Dies verstelle den Blick darauf, dass ein Medikament »die günstigste Form der Krankheitsbekämpfung und der sekundären/tertiären Prävention« sei. Grundlage sei selbstredend die richtige Einnahme – und diese sei »überhaupt nicht selbstverständlich«, so der Co-Gründer von Careanimations, einem Unternehmen, das Patientinnen und Patienten digital über die richtige Medikamenteneinnahme aufklären soll. Per App soll die Beratung in Apotheken unterstützt werden.
Neeter bemängelt in seinem Beitrag vor allem eine zu geringe Gesundheitskompetenz, etwa beim Verständnis von Packungsbeilagen. Dafür zieht er Studien heran, nach denen bis zu 75 Prozent aller in Deutschland geborenen Erwachsenen die Informationen nicht richtig verstehen. »Damit ist die Situation in Deutschland eine der schlechtesten in Europa.« Bis zu 50 Prozent aller verschriebenen Medikamente in Deutschland würden mithin nicht richtig angewandt, kritisiert Neeter – mit hohen Folgekosten für das Gesundheitssystem.
Und die Lösung? Sieht Neeter klar in der Apotheke. »Der einzige, aber auch wirklich einzige Gesundheitsfachmann, der hier wirklich etwas verbessern kann, ist die Apotheke vor Ort«, schreibt er. »Die haben alles im Haus. Sie brauchen nur ein bisschen mehr Zeit und die dafür notwendige Vergütung.«
Diejenigen, die dies nicht erkennen würden, ließen »die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit ungenutzt, die Gesundheitsversorgung inhaltlich zu verbessern und kosteneffizienter zu gestalten«. Zur Apothekenreform schreibt Neeter: »Die Behörden sind blind oder verrückt oder sie haben einfach ein falsches Bild.«
Neeters Statement bekommt bei LinkedIn viel Zustimmung. Der Kern des Problems sei, dass die Apotheken in Deutschland so vergütet und organisiert würden, dass sie »zwangsläufig als Vertriebskanal« wahrgenommen würden, schreibt ein Kommentator. Er kritisiert weiter: »So lange Beratung, klinische Verantwortung und Versorgungsleistung vollständig im Packungspreis versteckt bleiben, ist es aus Sicht von Politik und GKV ›nur Logistik und die kann man billiger machen‹«. Sein Fazit: »Das ist kein Missverständnis, das ist ein Systemfehler.« Es müsse endlich anerkannt werden, wo die »eigentliche Wertschöpfung liegt«.