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ARZNEISTOFFE

Artemether/Lumefantrin|Riamet®|22|2001

STOFFGRUPPE
22 Antiparasitäre Mittel
WIRKSTOFF
Artemether/Lumefantrin
FERTIGARZNEIMITTEL
Riamet®
HERSTELLER

Novartis Pharma

MARKTEINFÜHRUNG (D)
06/2001
DARREICHUNGSFORM

20/120 mg Tabletten

ATC-CODE
P01BF01
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Riamet ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen, Kindern und Säuglingen ab einem Körpergewicht von 5 kg mit akuter unkomplizierter Malaria-tropica-Infektion durch Plasmodium falciparum.

Wirkmechanismus

Artemether leitet sich chemisch von Artemisinin ab, einem Inhaltsstoff der Pflanze Artemisia annua, die in China traditionell gegen Malaria eingesetzt wird. Artemisinin-Derivate sind Endoperoxid-Sesquiterpene, die in der Nahrungsvakuole des Parasiten über freie Radikale mit Häm, einem toxischen Abbauprodukt von Hämoglobin, interagieren. Dadurch wird die Umwandlung von Häm in das inerte Malaria-Pigment Hämozoin verhindert. Dies führt sehr schnell zum Absterben des Parasiten, auch bei Chloroquin-resistenten Plasmodien. Auch Lumefantrin, das strukturell dem Halofantrin ähnelt, greift in der Nahrungsvakuole an und verhindert die Polymerisation von Häm. Beide Stoffe hemmen zudem die Nukleinsäure- und Proteinbiosynthese in Plasmodium falciparum. Beide Arzneistoffe wirken synergistisch.

Anwendungsweise und -hinweise

Nach Diagnosestellung nehmen Erwachsene und Kinder mit einem Körpergewicht ab 35 kg vier Tabletten Riamet ein und wiederholen dies nach 8, 24, 36, 48 und 60 Stunden. Kinder und Säuglinge mit einem Körpergewicht von 5 bis 15 kg erhalten eine Tablette, von 15 bis 25 kg zwei Tabletten und von 25 bis unter 35 kg drei Tabletten Riamet in demselben zeitlichen Schema.

 

Die Einnahme sollte mit einer Mahlzeit oder einem milchhaltigen Getränk erfolgen, um die Resorption und die Bioverfügbarkeit der Wirkstoffe zu erhöhen. Für Kinder und Kleinkinder können die Tabletten vor der Einnahme zerstoßen werden.

 

Erbricht der Patient die Tablette innerhalb einer Stunde, sollte die Einnahme wiederholt werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Riamet darf nicht zusammen mit Arzneistoffen angewendet werden, die das QTc-Intervall verlängern, die über CYP2D6 metabolisiert werden oder die starke Induktoren von CYP3A4 sind (siehe auch Kontraindikationen). Nicht empfohlen wird außerdem eine gleichzeitige Anwendung anderer Anti-Malaria-Mittel.

 

Mit Vorsicht sollte eine Anwendung von Riamet zusammen mit Inhibitoren von CYP3A4 erfolgen. Dazu gehört auch Grapefruitsaft, auf den während der Behandlung verzichtet werden sollte.

 

Zusammen mit schwachen oder moderaten Induktoren von CYP3A4 kann es zu verminderten Plasmaspiegeln und damit zu einer verminderten Wirksamkeit von Artemether und Lumefantrin kommen.

 

Da antiretrovirale Arzneimittel auf vielfältige Weise mit CYP-Enzymen interagieren, ist auch hier bei gleichzeitiger Anwendung Vorsicht geboren.

 

Klinische Studien zeigten außerdem, dass Artemisinine ein gewisses Potenzial zur Induktion von CYP3A4 und CYP2C19 und zur Hemmung von CYP2D6 und CYP1A2 haben, sodass auch hier auf Wechselwirkungen geachtet werden sollte.

 

Frauen, die systemische hormonelle Kontrazeptiva anwenden, sollten etwa einen Monat lang zusätzlich eine nicht-hormonelle Methode zur Empfängnisverhütung anwenden.

Nebenwirkungen

Zu den seit der Markteinführung bei Erwachsenen am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen gehören verminderter Appetit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Palpitationen und gastrointestinale Störungen sowie Muskel- und Gelenkschmerzen. Häufig kam es außerdem zu QT-Verlängerungen im EKG, Ausschlag, Juckreiz und Gangstörungen. Die Nebenwirkungsmuster können bei Kleinkindern und Kindern bis zu 12 Jahren von denen bei Erwachsenen abweichen.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Riamet ist kontraindiziert bei Patienten mit schweren Verlaufsformen der Malaria. Es darf ebenfalls nicht angewendet werden bei Patienten, die ein Arzneimittel erhalten, das über CYP2D6 abgebaut wird. Dazu gehören unter anderem Metoprolol, Imipramin oder Amitriptylin. Patienten, die mit starken Induktoren von CYP3A4 – zum Beispiel Rifampicin, Carbamazepin oder Johanniskraut – behandelt werden, dürfen Riamet ebenfalls nicht bekommen. Riamet ist auch kontraindiziert bei Patienten, in deren Familiengeschichte bereits ein plötzlicher Herztod aufgetreten ist, bei denen eine Verlängerung des QTc-Intervalls beobachtet wurde oder die Arzneimittel anwenden, die das QTc-Intervall verlängern können. Zu diesen gehören unter anderem Antiarrhythmika der Klassen IA und III, Neuroleptika und Antidepressiva, aber auch manche Antibiotika wie Makrolide und Fluorchinolone sowie manche Antimykotika, einige nicht sedierende Antihistaminika, Cisaprid und Flecainid. Dasselbe gilt für Patienten mit symptomatischen Herzrhythmusstörungen in der Vorgeschichte, klinisch relevanter Bradykardie oder Herzinsuffizienz mit verringerter linksventrikulärer Auswurffraktion sowie Patienten mit Elektrolytstörungen.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

In Studien war Riamet hochwirksam und gut verträglich. Co-Artemether beseitigte Parasiten und Fieber bei den meisten Patienten innerhalb von 30 bis 72 Stunden und erzielte innerhalb von 28 Tagen Heilungsraten von bis zu 96 Prozent. In vergleichenden Studien konnte Co-Artemether Parasiten und Gametozyten schneller beseitigen und das Fieber rascher senken als beispielsweise Mefloquin, Halofantrin und Pyrimethamin-Sulfadoxin. Die Heilungsraten nach 28 oder 63 (in einer Studie mit Mefloquin-Artesunat) Tagen waren jedoch geringer, was auf eine höhere Zahl an Rückfällen und Neuinfektionen zurückgehen könnte. Möglicherweise könnte eine höhere Dosierung die Heilungsraten verbessern.

Besonderheiten

Riamet ist bei Temperaturen nicht über 30 °C zu lagern.

Riamet ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Artemether

Artemether

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

artemether.wrl

Weitere Hinweise

Frauen, die systemische hormonelle Kontrazeptiva anwenden, sollten etwa einen Monat lang zusätzlich eine nicht-hormonelle Methode zur Empfängnisverhütung anwenden.

 

Im ersten Schwangerschaftsdrittel darf Riamet nicht gegeben werden, wenn eine geeignete Alternative zur Verfügung steht. Im zweiten und dritten Trimenon darf eine Anwendung nur erfolgen, wenn dies zwingend erforderlich ist.

 

Während der Dauer der Anwendung und eine Woche nach der letzten Riamet-Dosis sollten Mütter auf das Stillen möglichst verzichten.

Letzte Aktualisierung: 07.04.2017