Arzneimittelüberwachung ist vielfältig |
Neben unzähligen HPLC-Anlagen lassen ein LC-MS und ein neues Triple-quad GC-MS, hier abgebildet, das Analytiker-Herz von Dr. Uwe Wollein höherschlagen. / Foto: Privat
Deutschlandweit überwachen Untersuchungsstellen die Qualität und Sicherheit von Arzneimitteln. Als Arzneimittelexperten nehmen Apotheker dabei eine zentrale Rolle ein. Dr. Uwe Wollein ist einer von ihnen: Er arbeitet seit 2008 im Bayerischen Landesamt für Gesundheit- und Lebensmittelsicherheit (LGL), der amtlichen Untersuchungsstelle für Bayern.
»Das Sachgebiet Pharmazie untersucht Fertigarzneimittel als sogenannte Planproben, die im Auftrag von Arzneimittelüberwachungsbehörden gezogen werden, genauso wie Verdachtsproben etwa aus Ermittlungsverfahren oder dem Zoll«, erklärt er gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. Die Mitarbeitenden klären auch arzneimittelrechtliche Fragen wie die Abgrenzung von Arzneimitteln zu Nahrungsergänzungsmitteln. Solche »Borderline«-Produkte sind beispielsweise manche Melatonin- oder Vitamin-D-Präparate. Auch Medizinprodukte untersuchen sie.
»Wir sitzen nicht nur hinter dem Schreibtisch und schreiben Gutachten, sondern stehen selbst im Labor«, so Wollein. Neben Identität, Reinheit und Gehalt bestimmen er und seine Kollegen und Kolleginnen auch technologische Parameter wie Freisetzung, Abrieb oder Zerfall. Diese Vielfalt sorgt für einen abwechslungsreichen, aber wenig planbaren Arbeitstag. »Mit Routineverfahren arbeiten wir nie«, schildert Wollein. Denn die jeweilige Analysemethode lehne sich dabei an das individuelle Verfahren der Industrie an, müsse aber zugleich den Vorgaben des Arzneibuchs sowie strengen Qualitätssystem-Regularien entsprechen. Und dann müssen Methoden natürlich auch funktionieren, sagt er mit einem Schmunzeln auf den Lippen. »Gerade in der Analytik müssen wir also ständig reagieren.« Mit der Zeit habe sich jedes Teammitglied spezialisiert und die Kenntnisse etwa zu Proteinanalytik, Phythopharmaka oder Tierarzneimitteln besonders vertieft. Intern teilten sie die Proben daher untereinander auf, berichtet der Apotheker.
Zwischen 600 und 1500 Proben jährlich bewältigen vier Apotheker in dem Team. Dabei werden sie von pharmazeutisch- und chemisch-technischen Assistenten sowie Chemielaboranten unterstützt. »Es ist immens wichtig, dass man sich mit jedem Gerät gut auskennt«, betont Wollein. »Das geht nur, indem man selbst Hand anlegt.« Neben unzähligen HPLC-Anlagen lassen ein LC-MS und eine Triple-quad GC-MS sein Analytiker-Herz höherschlagen.
Das »freie Arbeiten«, das er aus seiner Promotion in pharmazeutischer Chemie im universitären Umfeld kannte, habe er sich sofort abgewöhnt. Stattdessen seien exakte Dokumentation und präzise Arbeit das A und O, denn Wollein vertritt als Beamter den Freistaat Bayern. Bei kriminalistischem Hintergrund gehört es außerdem zu seinen Aufgaben, als Sachverständiger vor Gericht auszusagen. Langweilig werde es ihm also nicht.
Als 2018 Nitrosamin-Verunreinigungen in Sartanen entdeckt wurden, ordneten die Behörden die Untersuchung der Fertigarzneimittel und Wirkstoffe an und schickten das Team im LGL damit auf ein ganz neues Terrain. Schließlich spielte Rückstandsanalytik im Pharmabereich – anders als bei Lebensmitteln – bisher keine Rolle. Um die Spuren im ppm- bis ppb-Bereich nachzuweisen, musste zunächst eine valide Methode entwickelt und etabliert werden.
Das Sachgebiet Pharmazie des LGL wurde führender Teil der »Nitrosamintesting-Group« vom Europäischen Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) und arbeitete dafür eng mit internationalen Mitarbeitern aus ganz Europa und sogar der U.S. Food and Drug Administration (FDA) zusammen – mit Erfolg. »Das war sehr herausfordernd, aber auch spannend, weil wir in eine neue und noch anspruchsvollere Analysentechnik eingestiegen sind«, resümiert der Apotheker.
Er selbst schätzt die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sehr. Auch international stehen die Behörden in einem engem Austausch miteinander.