Arzneimittelsicherheit wird komplexer |
Daniela Hüttemann |
25.09.2025 18:00 Uhr |
Waren sich einig, dass Apotheker eine zentrale Rolle für die Arzneimittelsicherheit spielen: Moderator Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, BAK-Präsident Dr. Armin Hoffmann, Staatssekretär Dr. Georg Kippels, AMK-Vorsitzender Prof. Dr. Martin Schulz und BfArM-Vize Prof. Dr. Werner Knöss. / © PZ/Daniela Hüttemann
Täglich melden Apotheken potenzielle Qualitätsmängel, Nebenwirkungen und Medikationsfehler an die Arzneimittelkommission der Apothekerschaft (AMK), wo die Meldungen gesammelt und bewertet werden – ein unverzichtbarer, mitunter unsichtbarer Beitrag zur Arzneimittel(therapie)sicherheit. Darin waren sich die Diskutanten einer Podiumsdiskussion in der Berliner Charité anlässlich des 50-jährigen Bestehens der AMK einig – und dass es insbesondere den akademischen Beruf des Apothekers beziehungsweise der Apothekerin dafür in Zukunft noch dringender braucht.
Professor Werner Knöss, Vizepräsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), lobte die hohe Qualität der Meldungen, die von der AMK an die Behörde gehen, und das Engagement jeder einzelnen Apotheke dahinter. Mit Blick auf die dynamische Entwicklung im Arzneimittelmarkt müssten alle ihre Kompetenzen zum Wohl der Patienten einbringen.
Viele moderne Arzneimittel werden nicht geschluckt, sondern subkutan injiziert, nannte der AMK-Vorsitzende Professor Martin Schulz ein Beispiel. Die Handhabung sei damit deutlich anspruchsvoller, fehleranfälliger und erklärungsbedürftiger. Die Patienten meinten vielleicht, sie seien gut informiert, doch Studien zeigten immer wieder, dass Arzneimittel wie Inhalatoren von den meisten falsch angewendet oder Angaben im Medikationsplan missverstanden werden.
Dem stimmte Armin Hoffmann, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), zu. Die Komplexität der Arzneimitteltherapie werde weiter zunehmen. Hier brauche es das Wissen der Apothekerinnen und Apotheker, nicht nur in der Pharmakologie, zu Interaktionen und Pharmakokinetik, sondern auch Technologie und Kommunikation. »Wir sind die, die den Patienten in die Augen sehen und herauskitzeln, was er wirklich mit seinen Arzneimitteln macht.« Ärzte gingen meist automatisch davon aus, dass der Patient sie so anwendet, wie er es verordnet hat – dies sei aber meistens nicht der Fall.
Darum sei es auch so wichtig, dass Apotheker die Federführung bei der Erstellung und Pflege von Medikationsplänen haben, denn nur dort liefen sämtliche Verordnungen, OTC-Käufe und eben die tatsächliche Anwendung zusammen, betonte Schulz.
Auch Georg Kippels (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, befürwortet eine rege Nutzung des Medikationsplans, perspektivisch auch in der elektronischen Patientenakte (ePA). Er hofft, dass sich damit in Zukunft besser unnötige Untersuchungen und Therapien sowie Wechselwirkungen und damit gesundheitliche wie finanzielle Schäden verhindern lassen.
Es gehe nicht um Leistungskürzungen im Sinne, dass Patienten eine sinnvolle Therapie vorenthalten werde. Sondern darum, dass nicht jeder im Gesundheitssystem bekommt, was er will, sondern was er tatsächlich braucht. Und das hätten Fachleute zu entscheiden, nicht die Patienten. Er warb dafür, den Medikationsplan und in Zukunft auch die ePA viel stärker zu nutzen. Belastungen durch die GKV könne man hervorragend lösen »durch die verantwortungsvolle und hoch kompetente Betreuung des Medikationsplans durch Apothekerinnen und Apotheker«. Vollständige, aktuelle Daten könnten letztlich über Leben und Tod entscheiden.
Er bat die Apothekerschaft, die Patienten über die Vorteile und Anwendung der ePA aufzuklären, so wie die Apotheken auch während der Pandemie mit den Impfzertifikaten vorangegangen waren. Ihm schien bewusst zu sein, dass die Apotheken dafür eine Vergütung erwarten, auch wenn er sich hierzu nicht weiter äußerte, ebenso wenig, ob sich eine Entlastung der GKV-Finanzen durch den Einsatz der Apotheken in einer fairen Vergütung niederschlagen wird. Er glaubt zumindest, dass eine »voll wirksame ePA einen massiven finanziellen Entlastungseffekt auslösen« kann. Und: »Ich bin fest überzeugt, Apotheker können einen wichtigen Beitrag leisten, dass die ePA noch in dieser Legislatur ins Laufen kommt.«
Ein weiterer wichtiger Punkt war die Versorgungssicherheit. Am Beispiel der Biosimilars ging es darum, nicht weiter die Arzneimittelproduktion in Länder außerhalb der EU zu verlagern. Moderator Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz fragte, ob man nicht Gefahr laufe, diese wichtige, komplexe Industrie durch ähnliche Regelungen wie die Rabattverträge für einfache Generika zu verlieren.
Auch Staatssekretär Kippels sieht die Gefahr der Abhängigkeit. Arzneimittel könnten im Zuge einer hybriden Kriegsführung vorenthalten werden. Eine Rückholung der Generika-Produktion oder Forderungen wie Abschaffung der Rabattverträge scheinen jedoch unrealistisch. Kippels wünschte sich allerdings mehr Bewusstsein bei den Krankenkassen für Versorgungssicherheit und auch Umweltbedingungen. Zu billig eingekaufte Antibiotika könnten sonst am Ende teuer werden.
Zumindest beim Thema Biosimilars scheint noch Bewegung zu sein. Man habe einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf auf dem Tisch, der den Aspekt der Produktionsstätte als relevantes Kriterium für einen Austausch formuliere.