Arzneimittelmangel – Kommission lädt Kostenträger ein |
Jennifer Evans |
17.05.2024 14:00 Uhr |
Die Produktion von Arzneimitteln findet nicht mehr in Europa statt. Abhängigkeiten und Liederengpässe sind die Folge. Die EU-Kommission wird jetzt aktiv. / Foto: IMAGO/ZUMA Wire
Die europäischen Institutionen arbeiten am Problem des Arzneimittelmangels. Der Europaabgeordnete Peter Liese (EVP) hat sich zu diesem Thema auch intensiv mit ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ausgetauscht, wie er beim heutigen Pressegespräch betonte. Sie habe ihm noch einmal deutlich vor Augen geführt, dass sich die Situation nicht allein dadurch entschärfe, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Rahmenbedingungen für Kinderarzneimittel verbessert habe. Dabei könne man nur von einem Tropfen auf den heißen Stein reden.
Auch Liese ist nach eigenen Angaben der Ansicht, dass Lauterbach derzeit deutlich mehr tun müsse und appellierte an den Minister, mehr zu koordinieren. Damit meint der EU-Politiker, das Gespräch mit der EU-Kommission zu suchen sowie sich mit den Gesundheitsministern der anderen Mitgliedstaaten abzustimmen.
Am kommenden Donnerstag trifft sich in Brüssel ein Expertenkreis der Kommission, um über die Lieferengpässe sowie die Ausschreibungspraktiken von Arzneimitteln zu diskutieren. Aus Deutschland gehören unter anderem Vertreter der Kassen dazu, wie Liese berichtete. »Dass Menschen in der Apotheke immer wieder hören müssen ' Medikament nicht lieferbar' ist ein Skandal für ein reiches Land wie Deutschland und einen reichen Kontinent wie Europa«, wetterte er.
In diesem Zusammenhang stellte er aber auch klar, dass Europa das Problem nicht verursacht habe, sondern es auf nationaler Ebene zu verantworten sei. Eine Lösung müsse aber nun gemeinsam erfolgen. Nur, wenn Europa an einem Strang ziehe und »die richtigen Signale« setze, könne die Industrie wieder zurückkommen und in Europa produzieren. Auch über diesen Aspekt hatte sich Liese mit Overwiening ausgetauscht. Demnach waren sich die beiden einig, dass die Anreize für die Hersteller gleichermaßen aus allen Mitgliedsstaaten kommen müssten, nicht nur aus Deutschland.
Ein weiteres Anliegen von Liese sind die Schwierigkeiten, die infolge der Anforderungen der neuen Medizinprodukteverordnung entstanden sind. Da nun oftmals neue Zertifizierungen nötig sind, es aber insgesamt zu wenige Benannte Stellen gibt, hatte die neue Verordnung neben massiver Bürokratie auch zu erheblichen Engpässen und Versorgungseinschränkungen geführt. Außerdem hatten einige Hersteller ihre Produkte vom Markt genommen.
In den Augen des CDU-Abgeordneten hat die EU bei den Regulierungen über das Ziel hinausgeschossen. Wegen der Dringlichkeit des Themas hat Liese nun selbst einen 40-seitigen Gesetzgebungsvorschlag auf den Tisch gelegt. »Auch wenn wir formal als Parlament kein Initiativrecht haben, so möchte ich mit diesem Schritt den Prozess zur Änderung der Medizinprodukteverordnung beschleunigen«, sagte er.
Im Kern will er, dass die fünfjährige Re-Zertifizierung für Produkte niedriger Risikoklassen ganz entfällt. Für alle anderen Produkte will er den Rhythmus auf zehn Jahre verlängern.