Apotheker unterstützen Bedürftige |
Daniela Hüttemann |
04.06.2024 07:00 Uhr |
Das decke sich mit einer wissenschaftlichen Studie, die das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Ende 2022 zum Gesundheitszustand von Obdach- und Wohnungslosen für vier deutsche Metropolregionen im »Deutschen Ärzteblatt« veröffentlicht hatte. Es konnte klar gezeigt werden, dass diese Menschen häufiger unter Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen leiden als die Allgemeinbevölkerung.
Morbidität und Mortalität liegen bei Obdachlosen deutlich höher – und auch die psychischen Erkrankungen. Nach der UKE-Studie hatten 23 Prozent bereits eine entsprechende Diagnose, bei weiteren 70 Prozent fanden sich Hinweise auf eine bislang nicht erkannte psychiatrische Störung.
Ob sie der Grund für Suchtprobleme und den sozialen Abstieg sind oder umgekehrt die prekären Lebensumstände psychische Erkrankungen verursachen, lässt sich nicht immer eindeutig sagen. Sie können sich auf jeden Fall gegenseitig bedingen und verstärken. Eine psychische Erkrankung erschwert es noch dazu häufig, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder auch seine Arzneimittel korrekt und regelmäßig anzuwenden.
Antonie Wagner hilft hier beim Lagermanagement in der Ambulanz der Berliner Stadtmission. / Foto: Apotheker ohne Grenzen
Diese Ergebnisse können die AoG-Aktiven aus ihrer Erfahrung bestätigen. »Es mangelt an fachärztlichen, psychotherapeutischen, psychiatrischen und suchtmedizinischen Versorgungsmöglichkeiten«, so Schulze. Die Betroffenen zögerten Behandlungen oft lang hinaus, ob aus Scham, Angst vor den Kosten oder Unwissenheit, an wen sie sich wenden können. »Das macht die Akutversorgung, die dann oft im Krankenhaus stattfindet, noch teurer«, so Schulze. Oft würden die Menschen nicht ganz ausgeheilt entlassen und hätten dann auf der Straße oder in Notunterkünften keine Chance auf eine ruhige und vollständige Genesung.
Ein Problem sei auch, wenn die Patienten im Krankenhaus auf teure Medikamente eingestellt werden, die sie ambulant nur schwer oder gar nicht bekommen. Und Präventions- und Pflegemaßnahmen sowie eine Palliativversorgung sei bei Obdachlosen und Menschen ohne Krankenversicherung nahezu unmöglich.
Antonie Wagner hat auch ausgewertet, wie sich das AoG-Budget auf die verschiedenen Arzneimittelgruppen beim Berliner Projekt verteilt. Dabei wurden 40 Prozent der finanziellen Mittel für Medikamente zur parasitären Behandlung (Scabies und Pedikulose) verwendet. Diese Erkrankungen seien bei Obdachlosen nicht nur häufig, sondern die Mittel zum Teil auch verhältnismäßig teuer. 14 Prozent des Budgets ging für Analgetika und Antiphlogistika drauf, die zwar pro Packung nicht teuer sind, aber mengenmäßig viel benötigt werden. Für weitere 14 Prozent wurden Antibiotika eingekauft (Amoxicillin, Penicillin V, Doxycyclin und Clindamycin). »Wir gewährleisten hier eine kontinuierliche Versorgung mit hochwertigen, leitliniengerechten Arzneimitteln«, betonte Wagner.